Pseudomonas aeruginosa ist der humanmedizinisch wichtigste Vertreter der Gattung Pseudomonas. Es handelt sich dabei um ca. 2-4 mm lange, nicht-sporenbildende gramnegative Stäbchen mit polarer
Begeißelung. Pseudomonas aeruginosa lässt sich auf einfachen Nährmedien leicht kultivieren. Auf festen Nährmedien zeigen sich meist flache, große graue, häufig schleimig wachsende Kolonien, deren
Oberfläche oft einen metallischen Glanz aufweist.
Als Kohlenstoffquelle dienen Pseudomonas aeruginosa organische Verbindungen, für deren Verwertung molekularer Sauerstoff als Elektronenakzeptor benötigt wird. Die Bakterienart zählt demnach zu den
obligaten Aerobiern. Die optimale Vermehrungstemperatur liegt bei 36°C. Wachstum ist auch bei 41°C, nicht aber bei 4°C möglich. In flüssigen Nährmedien wächst der Keim unter Bildung einer sogenannten
Kahmhaut vorwiegend an der Oberfläche.
Die meisten Stämme bilden unter geeigneten Bedingungen Pigmente. Die wichtigsten Farbstoffe sind die gelblich-grünen Pyoverdine (Fluoreszeine) und die bläulich-grünen Pyocyanine. Aufgrund der
Pigmentbildung wurde Pseudomonas aeruginosa früher als Bakterium des blaugrünen Eiters (Bacterium pyocyaneum) bezeichnet. Die Bezeichnung aeruginosa leitet sich von dem lateinischen Wort aerugo
(Grünspan) ab.
Pseudomonas aeruginosa ist aufgrund seiner hohen Widerstandsfähigkeit und geringen Nährstoffansprüche in der Umwelt weit verbreitet. Dort ist er vor allem an feuchten Standorten, z. B. im Boden- und
Oberflächenwasser, auf Pflanzen und Früchten sowie im Dickdarm von gesunden Menschen zu finden. Als Nasskeim kann er zudem viele Bereiche und Produkte im häuslichen Umfeld kontaminieren. Hierzu
zählen der Sanitärbereich, Putzutensilien, Medikamente, Kosmetika sowie Flüssigkeiten zum Aufbewahren von Kontaktlinsen. Er kann aber auch in trockenem Milieu längere Zeit überleben. Im Krankenhaus
stellen neben dem Sanitärbereich, kontaminierte Infusionslösungen und Blutkonserven, vor allem Beatmungs- und Inhalationsgeräte, Luftbefeuchter sowie Dialyseeinrichtungen und –flüssigkeiten wichtige
extrakorporale Erregerreservoire dar. Die hohe Widerstandsfähigkeit von Pseudomonas aeruginosa bedingt auch, dass einige Desinfektionsmittel keine ausreichende Wirksamkeit besitzen.
Im Krankenhaus steigt die Zahl der Patienten, die mit Pseudomonas aeruginosa kolonisiert werden, mit der Dauer des Aufenthaltes an. Die Besiedlung erfolgt dabei bevorzugt an feuchten Hautstellen. Bei
Intensivpatienten wird zudem oft der obere Respirationstrakt kolonisiert.
Die Mechanismen der Pathogenität sind sehr komplex. Virulenzfaktoren sind die Fimbrien, die eine Adhäsion an die Zelloberflächen vermitteln, sowie verschiedene Enzyme und Exotoxine, die das Bakterium
produziert. Elastase und Proteasen erleichtern die Invasion, wobei sie von den Hämolysinen (vor allem Phospholipase C) unterstützt werden, die eine Membranschädigung bei den Gewebszellen verursachen.
Von Exotoxin A, dem wahrscheinlich wichtigsten Virulenzfaktor, und Exoenzym S ist bekannt, dass sie die Proteinbiosynthese negativ beeinflussen.
Pseudomonas aeruginosa gehört zu den häufigsten Erregern von nosokomialen Infektionen. Nach den Angaben des Krankenhaus-Infektions-Surveillance-Systems (KISS) werden in Deutschland ca. 10% aller
Krankenhausinfektionen durch Pseudomonas aeruginosa verursacht. Meist handelt es sich dabei um Pneumonien, Haut- und Wundinfektionen sowie Infektionen des Urogenitaltraktes. Bei der Sepsis beträgt
der Anteil, der durch Pseudomonas aeruginosa verursacht wird, ca. 3%. Die Pseudomonas-Sepsis ist mit der höchsten Letalität unter allen Sepsisformen belastet. Weitere Krankheitsbilder sind Ecthyma
gangraenosum, Meningitis, Augeninfektionen und Otitis.
Pseudomonas aeruginosa-Infektionen kommen hauptsächlich bei Patienten mit Abwehrschwäche vor. Die meisten Fälle finden sich daher im Intensivpflegebereich, auf Verbrennungsstationen und auf
hämatologisch-onkologischen Stationen. Drogensüchtige stellen ebenfalls eine Risikogruppe dar. Außerhalb des Krankenhauses spielt Pseudomonas aeruginosa als Erreger nur bei Patienten mit zystischer
Fibrose, Bronchiektasen und urologischen Infektionen eine größere Rolle.
Die mikrobiologische Diagnostik umfasst die Isolierung des Erregers aus entsprechenden Untersuchungsmaterialien und die biochemische Identifizierung.
Pseudomonas aeruginosa ist von Natur aus gegen viele Antibiotika resistent. Von den in Deutschland verfügbaren Betalaktam-Antibiotika sind nur die Acylureidopenicilline [Piperacillin (PIPRIL) ±
Betalaktamase-Inhibitor], Aztreonam (AZACTAM) sowie bestimmte Cephalosporine [Ceftazidim (FORTUM), Cefepim (MAXIPIME)] und Carbapeneme [Imipenem (ZIENAM u.a.), Meropenem (MERONEM)] ausreichend
wirksam. Eine gute Aktivität zeigen zudem die Aminoglykoside [Amikacin (BIKLIN), Gentamicin (REFOBACIN u.a.), Netilmicin (CERTOMYCIN), Tobramycin (GERNEBCIN)] sowie Fluorchinolone [(Ciprofloxacin
(CIPROBAY u.a.), Levofloxacin (TAVANIC)].
Nach den Angaben der Resistenzstudie der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie aus dem Jahr 2004 waren jeweils >90% der Stämme sensibel für Meropenem und Tobramycin. Bei Amikacin, Cefepim,
Ceftazidim, Ciprofloxacin sowie Piperacillin/Tazobactam (TAZOBAC) variierte der Anteil sensibler Stämme zwischen 75% und 80%. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Isolate von Patienten auf
Allgemeinstationen meist deutlich häufiger gegen Antibiotika sensibel waren als solche auf Intensivstationen.
Die kalkulierte Therapie von Infektionen, bei denen Pseudomonas aeruginosa als Erreger vermutet wird, muss sich an der lokalen Resistenzsituation orientieren. Für die Behandlung lebensbedrohlicher Infektionen kommen Piperacillin/Tazobactam, Ceftazidim, Cefepim, Imipenem oder Meropenem, gewöhnlich in Kombination mit einem Pseudomonas-wirksamen Aminoglykosid oder Fluorchinolon, in Betracht. Bei weniger schweren Infektionen kann auch die Monotherapie mit einem Betalaktam-Antibiotikum oder Ciprofloxacin erfolgreich sein, wenn durch adäquate Dosierung die Entwicklung einer resistenten Subpopulation verhindert wird. Die Therapie von Pseudomonas-Infektionen bei Patienten mit zystischer Fibrose richtet sich nach dem Antibiogramm. Ggf. kommen hier auch Makrolide aufgrund ihrer immunmodulatorischen Eigenschaften für die Behandlung in Frage. Für die Therapie der Otitis externa maligna wird initial Piperacillin (tgl. 12 bis 20 g) in Kombination mit Tobramycin (tgl. 0,24 g) für vier Wochen und anschließend Ciprofloxacin oral (tgl. 1 bis 1,5 g) über mehrere Monate empfohlen.
Ergänzung 2017
Die WHO hat Ende Februar 2017 eine Liste von bakteriellen Krankheitserregern publiziert, die aufgrund ihrer Antibiotikaresistenz eine Bedrohung darstellen. Die Dringlichkeit des Bedarfs für neue Antibiotika zur Therapie von Infektionen durch Carbapenem-resistente Pseudomonas aeruginosa wird auf dieser Liste als "kritisch" eingestuft.
WHO, 27. Februar 2017; www.who.int