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Februar 2021
19. Februar 2021
Rifamycin - neue Indikation für ein altes Antibiotikum
Sechs Jahrzehnte sind seit der Entdeckung von Rifamycin SV und anderen Rifamycinen vergangen. Seit einigen Monaten ist es erstmals in Tablettenform zur Behandlung der Reisediarrhö zugelassen (Dosierung: zweimal 400 mg täglich). Der Handelsname ist RELAFALK. Da es kaum aus dem Magendarmtrakt resorbiert wird, kann es nicht für systemische Infektionen eingesetzt werden. In einer aktuellen Publikation finden sich detaillierte Angaben zur Pharmakokinetik von Rifamycin bei gesunden Probanden.1 Aufgrund der besonderen galenischen Verarbeitung wird das Antibiotikum erst im Kolon freigesetzt und erreicht keine systemisch wirksamen Konzentrationen. In prospektiven Studien war es besser wirksam als Placebo und etwa gleich wirksam wie Ciprofloxacin. Falls innerhalb von drei Tagen keine Besserung eintritt, muss von einem komplizierten Verlauf ausgegangen werden. Weitergehende medizinische Maßnahmen sind dann notwendig.
17. Februar 2021
Baloxavir – eine neue Therapieoption bei Influenza
Zur Prophylaxe und Therapie der Influenza werden heute überwiegend Neuraminidase-Inhibitoren eingesetzt. Seit kurzem ist Baloxavirmarboxil (XOFLUZA) als eine Alternative mit einem anderen Wirkmechanismus verfügbar. Baloxavir hemmt Influenzaviren durch Inhibition der Endonukleaseaktivität der viralen Polymerase. Der Wirkstoff wird nur langsam mit einer Halbwertzeit von etwa 80 Stunden eliminiert, eine einzige Dosis ist daher ausreichend. In Placebo-kontrollierten Studien konnte eine Verkürzung der Krankheitsdauer von etwa 24 Stunden nachgewiesen werden. Eine Einzeldosis war ebenso wirksam, wie eine fünftägige Behandlung mit Oseltamivir (TAMIFLU), wenn die Behandlung innerhalb von 48 Stunden nach Beginn der Grippesymptome begonnen wurde. Baloxavir ist gut verträglich. Die Ausbreitung resistenter Influenzaviren könnte den Nutzen des neuen Arzneimittels einschränken. Eine entsprechende Überwachung erscheint geboten.
1. EMA 22. Januar 2021: XOFLUZA EPAR Product Information. PDF_Datei
15. Februar 2021
COVID-19-Impfstoffe (Übersicht in Heft 1, 2021)
Innerhalb eines Jahres wurden mehrere Impfstoffe gegen COVID-19 entwickelt. Da bereits Erfahrungen aus den beiden früheren Coronavirus-Epidemien vorlagen, konnten die Impfstoffe in sehr kurzer Zeit entwickelt werden. Alle bisher vorliegenden Daten zeigen eine hohe Schutzwirkung der ersten Impfstoffe. Unerwünschte Wirkungen sind überwiegend leicht bis mittelschwer und rasch reversibel. Personen, die zuvor eine schwerwiegende allergische Reaktion auf Impfstoffe, Arzneimittel oder Lebensmittel gehabt haben, dürfen nicht geimpft werden.
Den Übersichtsartikel zu diesem Thema lesen Sie in Heft 1, 2021 der Zeitschrift für Infektionstherapie
Die in dem Beitrag zitierte Literatur finden Sie hier.
11. Februar 2021
WHO publiziert Definitionen für XDR-TB und Prä-XDR-TB
Die Weltgesundheitsorganisation hat ihre Definition für die extensiv resistente Tuberkulose (XDR-TB) aktualisiert. Demnach handelt es sich um eine Tuberkulose, hervorgerufen durch Stämme von Mycobacterium tuberculosis, die sich resistent gegenüber Isoniazid und Rifampicin und zusätzlich einem Fluorchinolon (Levofloxacin / Moxifloxacin), sowie entweder Bedaquilin oder Linezolid (oder beiden) verhalten.
Bisher wurden in dieser Definition anstatt der beiden zuletzt genannten Wirkstoffe die älteren Antituberkulotika Amikacin, Capreomycin und Kanamycin genannt. Die WHO definiert erstmals eine Prä-XDR-TB. Bei dieser Form der Tuberkulose sind die Erreger gegenüber Isoniazid, Rifampicin und einem Fluorchinolon resistent.
Anlass für die neuen Definitionen ist die zunehmende Resistenz der Mykobakterien auch gegen neuere Wirkstoffe.
10. Februar 2021
Neu verfügbar: CovMT, ein „mutation tracker“ für SARS-CoV-2
In den vergangenen Monaten wurde zunehmend deutlich, dass eine Genomanalyse von SARS-CoV-2 essentiell ist, um das Infektionsgeschehen in der aktuellen Pandemie realistisch beurteilen zu können. Einige wenige Varianten des Virus mit mehreren Mutations-bedingten Veränderungen im Spikeprotein stehen im Fokus der öffentlichen Diskussion, darüber hinaus gibt es aber zahlreiche weitere mutierte Viren. Die Wissenschaftsinitiative GISAID stellt Gensequenzen von Influenza- und SARS-CoV-2 zur Verfügung.
Auf dieser Basis wurde nun ein „Mutation Tracker“ entwickelt, der die Mutationen von mehr als 450.000 Isolaten in Gruppen zusammenfasst und täglich aktualisiert wird. Unter anderem wird eine Liste der 10 wesentlichen Mutationen im Bereich der Rezeptorbindungsdomäne zusammengestellt. Das System wurde in einem kurzen Beitrag im Lancet beschrieben.1
Hier geht’s zur Internetseite des „Mutation Tracker (CovMT)“
6. Februar 2021
EMA startet „Rolling Review“-Verfahren für COVID-19-Impfstoff von Novavax
Bisher haben die zwei mRNA-Impfstoffe von BioNTech / Pfizer und Moderna, sowie ein Vektor-Impfstoff von AstraZeneca, die bedingte Zulassung zur Prophylaxe von COVID-19 in der Europäischen Union erhalten. Bei den Impfstoffen handelt es ich um relativ neue Konzepte der Impfstoffherstellung. Ein klassischer Weg besteht darin, Subunit-Vakzinen zu produzieren, in denen ein Protein des Erregers zusammen mit einem Adjuvanz verwendet wird. Die Vakzine von Novavax (NVX-CoV2373) wurde nach diesem Verfahren entwickelt. Das präfusionsstabilisierte Spike-Protein des SARS-CoV-2 wird mit einem Saponin-basiertem Adjuvanz kombiniert. Präklinische und frühe klinische Studien zeigten eine zufriedenstellende immunologische Reaktion.1
Vor dem Hintergrund der ersten Ergebnisse einer Wirksamkeitsstudie mit etwa 15.000 Teilnehmern in Großbritannien hat die EMA am 3. Februar ein „Rolling Review“-Verfahren für den Impfstoff gestartet.2 Der Hersteller hatte Ende Januar mitgeteilt, dass die Wirksamkeit des Impfstoffs bei 90% liege. Allerdings betrug die Wirksamkeit in einer kleineren Studie mit etwa 4.400 Personen in Südafrika, die überwiegend mit der Virusvariante B.1.351 infiziert waren, nur bei etwa 50%.
2. EMA starts rolling review of Novavax’s COVID-19 vaccine (NVX-CoV2373) News 03/02/2021
5. Februar 2021
Panton-Valentin-Leukozidin (PVL) in Staphylococcus aureus
Furunkel, Karbunkel und Abszesse sind typische Haut- und Weichteilinfektionen durch Staphylococcus aureus. Ein häufig von S. aureus gebildetes Toxin ist das 1932 erstmals beschriebene Panton-Valentin-Leukozidin (PVL). Infektionen mit PVL-positiven MRSA werden seit 2002 auch in Deutschland regelmäßig bundesweit beobachtet. Besondere Beachtung fand PVL, nachdem es in Methicillin-resistenten S. aureus (MRSA) Stämmen nachgewiesen wurde, die häufig auch als Community-acquired (c)MRSA bezeichnet werden. Bei einer neueren Untersuchung von S. aureus-Isolaten von mehr als 1.000 Patienten mit tiefen Haut- und Weichteilinfektionen, die sich zwischen 2007 und 2017 in Berlin ambulant bei Hausarzt, Kinderarzt, Chirurg oder Dermatologe vorstellten, war etwa jedes zweite Isolat PVL-positiv.1 Ergibt sich klinisch der Verdacht auf einen PVL-positiven S. aureus, sollte dies dem mikrobiologischen Labor explizit mitgeteilt werden, damit dann ggf. gezielt molekularbiologische Untersuchungen durchgeführt werden.
Den ausführlichen Beitrag zu Panton-Valentin-Leukozidin (PVL) in Staphylococcus aureus lesen Sie hier in der Reihe Aktuelle Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie.
2. Februar 2021
EMA startet Zulassungsverfahren für monoklonale Antikörper
Casirivimab (REGN10933) und Imdevimab (REGN10987) sind zwei monoklonale Antikörper, die vom US-amerikanischen Hersteller Regeneron in Kooperation mit Hoffman-La Roche zur Vorbeugung und Behandlung der COVID-19 entwickelt wurden. Die beiden neutralisierenden Antikörper sind gegen das Spike-Protein des SARS-CoV-2 gerichtet. Eine kombinierte Gabe ist notwendig, um die Entwicklung resistenter Virusmutanten zu verhindern. Am 1. Februar startete das Komitee für humanmedizinische Arzneimittel bei der EMA ein „rolling review“ Verfahren für das Kombinationspräparat REGN-COV2.1 Das Arzneimittel war bereits Anfang Oktober 2020 bekannt geworden, als der damalige Präsident der USA mit dem „Antikörper-Cocktail“ behandelt worden war.
Anlass für den Beginn des EMA-Verfahrens waren Ergebnisse einer laufenden Studie, in der über einen positiven Effekt auf die Viruskonzentration im Blut von ambulant behandelten COVID-19-Patienten berichtet wurde. Ein Teil der Daten wurde bereits publiziert.2 Die Patienten waren 44 Jahre alt und der Symptombeginn lag drei Tage zurück (Medianwerte), bei zwei Drittel der Teilnehmer bestand ein Risikofaktor für einen möglichen schweren Verlauf. Die Wirkung wurde in sechs unterschiedlichen Patientengruppen analysiert: die Teilnehmer hatten zu Beginn der Studie bereits Antikörper im Blut oder nicht und sie erhielten entweder eine Dosis von 2,4 g oder 8,0 g oder Placebo. Da das Ergebnis von nur etwa 30 Patienten in den einzelnen Gruppen ausgewertet wurde, ist die Aussagekraft der laufenden Studie derzeit noch limitiert.2
Januar 2021
22. Januar 2021
Ivermectin bei COVID-19?
Ivermectin wirkt antiparasitär und wird seit Jahren als Arzneimittel bei Wurmerkrankungen oder Skabies therapeutisch verwendet. Bereits im April 2020 publizierten australische Wissenschaftler ihre Beobachtung, dass der Wirkstoff in Zellkulturexperimenten die Vermehrung von SARS-CoV-2 hemmt.1 Die IC50 lag bei 2 µM, das entspricht 1,75 mg pro Liter. Dies hat vor allem in Südamerika zu einer häufigen Verwendung des Ivermectins bei COVID-19-Patienten geführt. In Fallberichten und einigen retrospektiven Studien mit kleinen Patientengruppen wird über eine deutliche Reduktion der Sterblichkeit von COVID-19-Patienten berichtet. Umfangreiche prospektive Studien werden zurzeit durchgeführt, Daten sind aber noch nicht verfügbar.
Wie sind die Berichte über eine Wirksamkeit von Ivermectin bei Coronavirusinfektionen einzuschätzen? Ein Blick auf die Pharmakokinetik der Substanz macht skeptisch: die maximalen Plasmakonzentrationen nach Einnahme des Arzneimittels in der empfohlenen Dosierung von 0,2 mg/kg Körpergewicht liegen bei 0,05 mg pro Liter, also deutlich niedriger als die in-vitro zur Virusinhibition notwendigen Konzentrationen.2,3
Um nicht die gleichen Fehler zu wiederholen, die bereits zuvor mit einem anderen antiparasitären Wirkstoff gemacht wurden – gemeint ist Chloroquin – müssen unbedingt die Ergebnisse aus randomisierten prospektiven Studien abgewartet werden. Da Ivermectin auch unerwünschte Wirkungen haben kann, zu Interaktionen mit anderen Arzneistoffen führt und im Tierexperiment teratogen wirkt, muss vor einer unkritischen weit verbreiteten Verwendung gewarnt werden.4
3. Jermain B, Hanafin PO, Cao Y, Lifschitz A, Lanusse C, Rao GG. Development of a Minimal Physiologically-Based Pharmacokinetic Model to Simulate Lung Exposure in Humans Following Oral Administration of Ivermectin for COVID-19 Drug Repurposing. J Pharm Sci. 2020 Dec;109(12):3574-3578
4. STROMECTOL® (Ivermectin) Full Prescribing Information.
21. Januar 2021
COVID-19 Pneumonie – wie häufig sind bakterielle Superinfektionen?
Bakterielle Superinfektionen sind eine gefürchtete Komplikation bei Patienten mit einer Viruspneumonie. In den Leitlinien wird eine empirische Behandlung mit Antibiotika empfohlen, obwohl belastbare Daten fehlen. In Chicago, USA, wurden Proben der bronchoalveolären Lavage (BAL) von Patienten untersucht, die wegen einer SARS-CoV-2-Pneumonie beatmet worden waren und später entlassen werden konnten. Von 162 der 179 Patienten war wenigstens eine Probe nach der Intubation gewonnen worden, ganz überwiegend innerhalb von 48 Stunden. Eine bakterielle Superinfektion konnte nur bei etwa jedem fünften Patienten nachgewiesen werden. Die häufigsten Erreger waren S. pneumoniae und S. aureus (Methicillin-sensibel), also Bakterien, die durch Antibiotika mit schmalem Spektrum erfasst werden. Bei 72 Patienten (44%) kam es im Laufe der Beatmung zu einer beatmungsassoziierten Pneumonie (VAP), nur bei 15 wurde ein multiresistenter Keim nachgewiesen. Insgesamt konnte durch die BAL-Diagnostik der Antibiotikaeinsatz deutlich reduziert werden, insbesondere konnte die Therapie mit Breitspektrumantibiotika vermieden werden.
20. Januar 2021
SARS-CoV-2 – Varianten mit zahlreichen Mutationen verbreiten sich rasch
Coronaviren mutieren seltener als die meisten anderen RNA-Viren, da sie einige Replikationsfehler reparieren können. Trotzdem sind zahlreiche Mutationen auch bei SARS-CoV-2 im Laufe der vergangenen Monate bekannt geworden. Eine bereits seit März 2020 bekannte Mutation des SARS-CoV-2 betrifft das Spike-Protein, sie wird mit D614G bezeichnet. Das Protein besteht aus mehr als 1200 Aminosäuren, die Aminosäure in Position 614, eine Asparaginsäure, wurde durch Glycin ersetzt. Die Mutation bewirkte eine festere Bindung an den ACE-2-Rezeptor, die mutierten Viren wurden rasch dominant und breiteten sich global aus.
Die jetzt besonders im Fokus der fachlichen und öffentlichen Diskussion stehende Variante B.1.1.7. wurde erstmals im September 2020 in England entdeckt.1,2 Sie enthält zusätzlich mehr als ein Dutzend weitere Mutationen im Genom des Virus, die meisten betreffen die Aminosäuresequenz im Spike-Protein. Der Verlust der Aminosäuren Histidin (H) und Valin (V) in Position 69 und 70 in der B.1.1.7-Variante soll für die erhöhte Übertragbarkeit verantwortlich sein. Der Aminosäureaustausch N501Y (Tyrosin für Asparagin) verändert die Konformation an der Rezeptorbindungsstelle. Die Veränderungen in den Positionen 501 und 614 tauchen – neben anderen - auch in der Variante aus Südafrika auf (B.1.351), die seit Oktober bekannt ist (Tabelle).
Tabelle:
Veränderungen im Spike-Protein des SARS-CoV-2
Mutation (Protein-veränderung) |
Variante B.1.1.7. (England) |
Variante B.1.351 (Südafrika) |
del69-70HV |
X |
|
del144Y |
X |
|
K417N |
|
X |
E484K |
|
X |
N501Y |
X |
X |
A570D |
X |
|
D614G |
X |
X |
P681H |
X |
|
A701V |
|
X |
T761I |
X |
|
S982A |
X |
|
D1118H |
X |
|
In der Standard-PCR-Testung z. B. mit dem ThermoFisher TaqPath COVID-19 Assay, wird das veränderte Gen für das Spike-Protein nicht erkannt (SGTF, S-gene target failure), während zwei andere Genabschnitte nachgewiesen werden. Entsprechende Testergebnisse nahmen in England rascher zu als nicht-SGTF und dienten als Marker, um die schnellere Ausbreitung der Variante zu verfolgen.1
Seit einigen Wochen wird B.1.1.7 auch in mehr als 30 anderen Ländern nachgewiesen. In den USA waren am 13. Januar nur 76 Fälle bekannt, trotzdem wird damit gerechnet, dass B.1.1.7 aufgrund der effektiveren Verbreitung bereits im März die vorherrschende Virusvariante sein wird.2
Laut Robert Koch-Institut ist die Dynamik der Verbreitung beider Varianten (B.1.1.7 und B.1.351) in einigen Staaten besorgniserregend. „Zwar ist noch unklar, wie sich diese neuen Varianten auf die Situation in Deutschland auswirken werden, aber es besteht die Möglichkeit einer weiteren Verschärfung der Lage.“3
Da die verfügbaren Impfstoffe offenbar auch vor diesen Varianten schützen, ist neben den hygienischen Maßnahmen und Kontaktbeschränkungen ein möglichst rasches Fortschreiten der Impfungen geboten.
1. Lauring AS, Hockcroft EB. Genetic variants of SARS-CoV-2 – what do they mean?
JAMA (published online, January 6, 2021)
11. Januar 2021
Wie häufig sind schwere allergische Reaktionen auf den BioNTech-Impfstoff? Eine detaillierte Fallanalyse.
Seit Mitte Dezember ist COMIRNATY, der Impfstoff von BioNTech/Pfizer, als erster COVID-19-Impfstoff in den USA zugelassen. Einige Tage später, am 23. Dezember 2020, waren bereits 1.893.360 Dosen verabreicht worden. Eine anaphylaktische Reaktion trat nach ersten Erfahrungen bei 11 von einer Million geimpften Personen auf. In einer Mitteilung der CDC (Centers for Disease Control) werden die Fälle detailliert gelistet. Im Median vergingen 13 Minuten zwischen der Impfung und dem Auftreten von Symptomen (Zeitspanne: 2 bis 150 Minuten), in sechs Fällen traten die Symptome nach mehr als 15 Minuten auf. Bis auf zwei Patientinnen wurden alle mit Adrenalin behandelt. Bei den Betroffenen waren häufig allergische Reaktionen auf andere Arzneimittel oder Nahrungsmittel bekannt. Bei schweren allergischen Reaktionen in der Anamnese sollte keine Impfung erfolgen. Wenn dies beachtet wird, sollten anaphylaktische Reaktionen im Zusammenhang mit der Impfung noch seltener sein.
8. Januar 2021
Kühlung der COVID-19-Impfstoffe
Fünf Impfstoffe gegen COVID-19 sind in der Entwicklung weit fortgeschritten. Die beiden Impfstoffe von BioNTech und Moderna sind bereits zugelassen. Es handelt sich um Nukleosid-modifizierte mRNA-Impfstoffe, in denen 1-Methylpseudouridin als Base verwendet wird.
Der Curevac-Impfstoff enthält nach Auskunft des Herstellers „natürliche, unmodifizierte“, aber „gezielt optimierte mRNA“. Bei allen kodiert die mRNA für das virale Spike-Protein in der Präfusionskonformation.
Die beiden Vektor-Impfstoffe von AstraZeneca und Janssen bestehen aus der Nukleinsäure mit der genetischen Information für das Spike-Protein, die an Trägerviruspartikel gekoppelt ist; dabei kommen Adenoviren zur Anwendung.
Die noch nicht zugelassenen Impfstoffe werden bei der EMA im Rolling Review-Verfahren bearbeitet. Die Zubereitungen unterscheiden sich unter anderem in den Anforderungen an eine Kühlung (Tabelle).
Impfstoff
|
Hersteller, Partner |
Kühlung |
BNT 162b2 COMIRNATY (am 21.12. 2020 in Europa zugelassen) |
BioNTech / Pfizer |
Kühlschrank (5 Tage) längere Lagerung bei -70º C |
mRNA-1273
(am 6. 1. 2021 in Europa zugelassen) |
Moderna / NIAID / BARDA* |
Kühlschrank (1 Monat) Lagerung bei -20º C (6 Monate) |
CVnCoV |
Curevac / Bayer
|
Kühlschrank (3 Monate) |
ChAdOx1 (=AZD1222)
|
AstraZeneca / University of Oxford, BARDA |
Kühlschrank (6 Monate) |
JNJ-78436735 (Ad26.COV2.S) |
Janssen, Johnson & Johnson |
Kühlschrank (3 Monate) Lagerung bei - 20º C (2 Jahre) |
*NIAID (National Institute of Allergy and Infectious Diseases)
BARDA (Biomedical Advanced Research and Development Authority)
8. Januar 2020
COVID-19: Therapie des Donald Trump
Anfang Oktober 2020 erkrankte der (noch-) Präsident der USA, Donald Trump, an COVID-19. Wie allgemein bekannt ist, überstand er die Infektion relativ rasch. Während seines kurzen Aufenthalts am Walter Reed Militärkrankenhaus erhielt er eine Reihe von Arzneimitteln. Da er nicht an einer randomisierten Studie teilnahm, ist schwer abzuschätzen, welches Medikament zur raschen Genesung beigetragen hat. War es Remdesivir, Dexamethason oder die monoklonale Antikörper-Kombination von Regeneron? (Infektio Aktuell, 3. Oktober 2020).
In Frage kämen auch Zink, Vitamin D, Famotidin, Melatonin oder Aspirin, denn auch diese Arzneimittel stehen auf seiner Medikationsliste. Oder war es insgesamt die wohl einzigartige Kombination, die von dem verantwortlichen Arzt, Dr. Sean Conley, zusammengestellt wurde. Die „Kasuistik“ belegt, wie wichtig kontrollierte Studien sind, um Aussagen zur Wirksamkeit von Arzneimitteln machen zu können. Das Jahr 2020 hat unmissverständlich klar gemacht, welch hohen Stellenwert prospektive randomisierte klinische Studien in diesem Zusammenhang haben.
October 2, 2020 Memorandum of the President´s Physician. www.whitehouse.gov
5. Januar 2021
Impfstoffentwicklung im Rekordtempo
Innerhalb eines Jahres konnten mehrere COVID-19-Impfstoffe entwickelt werden. Nie zuvor sind Impfstoffe in derart kurzer Zeit verfügbar geworden. Schon beim Start der Impfprogramme wurden daher Bedenken hinsichtlich der Verträglichkeit und Unbedenklichkeit der Präparate geäußert, denn Sicherheitsaspekte seien aufgrund der kurzen Zeit nicht ausreichend berücksichtigt worden. Diese Bedenken sind nicht gerechtfertigt, denn beim Umfang der klinischen Prüfung wurden keine Abstriche gemacht.1
Wie die Abbildung zeigt, gibt es für die einzigartig rasche Entwicklung der Impfstoffe mehrere Gründe: Erstens gab es bereits Kenntnisse zu Coronaviren und Vorarbeiten zu möglichen Vakzinen aus der Zeit der SARS- und MERS-Epidemien. Zweitens wurden die Phasen der klinischen Studien und die behördliche Prüfung überlappend („rolling review“) durchgeführt. Bei diesem Verfahren werden bereits vor Beendigung der zulassungsrelevanten klinischen Studien die vorhandenen Daten ausgewertet, wodurch die mögliche Zulassung eines Impfstoffs beschleunigt werden kann. Schließlich hat die Impfstoffproduktion bereits vor Erteilung der Zulassung begonnen. Die klinische Prüfung hatte dagegen das übliche Sicherheitsniveau; die Anzahl der Teilnehmer in den Placebo-kontrollierten Studien lag bei mehreren 10.000 Personen. Die Ergebnisse wurden nicht nur den Behörden übermittelt, sondern auch in qualitativ hochwertigen Veröffentlichungen publiziert.
1. Krammer F. SARS-CoV-2 vaccines in development. Nature. 2020 Oct;586(7830):516-527
Abbildung: Impfstoffentwicklung im Rekordtempo
Dezember 2020
31. Dezember 2020
Guten Rutsch ins Neue Jahr 2021!
Über die wichtigsten Entwicklungen im Bereich der antiinfektiven Therapie haben wir Sie an dieser Stelle, sowie im Newsletter und in den gedruckten Ausgaben der Zeitschrift für Infektionstherapie im auslaufenden Jahr informiert. Das werden wir auch im kommenden Jahr fortsetzen und aktuell und fokussiert berichten.
Herausgeber und Redaktion der Zeitschrift für Infektionstherapie wünschen allen Lesern und Abonnenten der Zeitschrift einen guten Start in ein gesundes, erfolgreiches und glückliches Neues Jahr 2021!
31. Dezember 2020
Wirksamkeit und Verträglichkeit des Moderna-Impfstoffs
Detaillierte Daten über einen weiteren COVID-19-Impfstoff wurden im NEJM publiziert.1 Der Impfstoff mRNA-1273 der Firma Moderna ist sehr ähnlich konzipiert, wie die Vakzine von BioNTech / Pfizer. Die Menge an mRNA pro Dosis ist jedoch höher (100 vs 30 µg) und die Lipidnanopartikel sind etwas anders zusammengesetzt. Unterschiede gibt es auch bei der Lagerung. Der Moderna-Impfstoff wird bei minus 20 Grad Celsius gelagert und kann nach dem Auftauen bei Kühlschranktemperatur einen Monat lang aufbewahrt werden.2 Beide Impfstoffe besitzen eine identische, unerwartet hohe Schutzwirkung von ca. 95% und verursachen ähnliche unerwünschte Wirkungen. Ob es Unterschiede bei allergischen Reaktionen und anderen sehr seltenen Nebenwirkungen gibt, kann zurzeit noch nicht beurteilt werden.3
1. Baden LRet al., COVE Study Group. Efficacy and Safety of the mRNA-1273 SARS-CoV-2 Vaccine. N Engl J Med. 2020 Dec 30. Epub ahead of print, Free full text
2. FDA Briefing Document, Moderna COVID-19 Vaccine, December 17, 2020 PDF Datei
3. Castells MC, Phillips EJ. Maintaining Safety with SARS-CoV-2 Vaccines. N Engl J Med. 2020 Dec 30. Epub ahead of print, Free Full Text
21. Dezember 2020
Mitteilung der EMA / CHMP:
BioNTech / Pfizer-Impfstoff vom CHMP zur Zulassung in der Europäischen Union empfohlen
Das Komitee für Humanarzneimittel der EMA (CHMP) hat heute den COVID-19-Impfstoff COMIRNATY (BNT162b2) zur Zulassung empfohlen.1 Mit etwas Verzögerung wird die COVID-19-Vakzine damit auch in der europäischen Union zur Verfügung stehen. Die wichtigsten Daten, aus denen die hohe Schutzwirkung nach zwei Injektionen ersichtlich ist, wurden unlängst im NEJM publiziert.1
Unter insgesamt 43.548 Teilnehmern erkrankten in der Verumgruppe deutlich weniger Teilnehmer als in der Placebogruppe. Nicht untersucht wurde die Frage, ob die Impfung auch vor einer asymptomatischen Infektion schützt und ob die Impfung eine Übertragung des Erregers auf andere Personen verhindert. Aus den Zahlen lässt sich eine hohe Schutzwirkung von 95% ableiten.
|
BNT162b2
|
Placebo |
COVID-19 (asymptomatisch) |
? |
? |
COVID-19 (symptomatisch) |
8 |
162 |
COVID-19 (schwerer Verlauf) |
1 |
9 |
Die Studienteilnehmer waren zwischen 16 und 91 Jahre alt (Median: 52 Jahre), jeder dritte war übergewichtig mit einem BMI ≥30. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen waren vorübergehende, leichte bis moderate Schmerzen an der Injektionsstelle, sowie Schwächegefühl und Kopfschmerzen. Offenbar waren die unerwünschten Ereignisse nicht immer Impfstoff-bedingt: Kopfschmerzen traten in der Placebogruppe nach der 1. Injektion bei 34% der unter 55-jährigen auf (42% in der Impfstoffgruppe).2
Der Impfstoff ist wirksam und gut verträglich, das hat die umfassende klinische Prüfung und sorgfältige Bewertung der Behörde ergeben. Er ist kontraindiziert bei Personen, die zuvor schwere allergische Reaktionen (Anaphylaxie) auf Impfstoffe, Arzneimittel oder Nahrungsmittel erlitten haben. Treten nach der ersten Impfung allergische Reaktionen auf, darf die zweite Injektion nicht verabreicht werden.
Die relevanten Informationen zur Wirksamkeit und Sicherheit über den Impfstoff Comirnaty wurden in der Product Information / Summary of Product Characteristics zusammengefasst.3
1. CHMP Summary of positive opinion for Comirnaty. December 21, 2020
2. Polack FP et al. Safety and Efficacy of the BNT162b2 mRNA Covid-19 Vaccine. N Engl J Med. 2020 Dec 10 Epub ahead of print.
16. Dezember 2020
Rekonvaleszentenplasma bei Patienten mit COVID-19 nicht wirksam
Rekonvaleszentenplasma, also Blutplasma von Patienten, die eine Infektion mit SARS-CoV-2 überstanden haben, ist in mehreren Studien als mögliches Therapeutikum bei COVID-19 untersucht worden. Theoretisch sollten die Antikörper genesener Personen auch bei anderen Patienten im Sinne einer passiven Immunisierung wirksam sein, einige kleinere nicht kontrollierte Studien scheinen das zu bestätigen.
In der Leitlinie zur intensivmedizinischen Therapie wird jedoch Rekonvaleszentenplasma nicht zum Einsatz außerhalb klinischer Studien empfohlen.1 Die Ergebnisse einer aktuellen Publikation bestätigen die Zurückhaltung. Mehr als 200 Patienten mit Hypoxämie erhielten im Mittel acht Tage nach Symptombeginn die Plasmazubereitung mit einem medianen Titer von 1:3200 SARS-CoV-2-Antikörpern. Am Tag 30 der Studie „PlasmAr“ war im Vergleich zu einer Placebogruppe kein Unterschied in der klinischen Symptomatik zu erkennen. Etwa 11% der Teilnehmer waren in beiden Gruppen verstorben.2
2. Simonovich VA et al. A Randomized Trial of Convalescent Plasma in Covid-19 Severe Pneumonia. N Engl J Med. 2020 Nov 24. Epub ahead of print.
16. Dezember 2020
Neue Ausgabe der Zeitschrift für Infektionstherapie
Heft 6, 2020 der Zeitschrift für Infektionstherapie ist jetzt im Archiv verfügbar (PDF mit Kennwort für Abonnenten) oder im ePaper-Bereich.
Leitartikel: Therapie der chronischen Hepatitis C
Im Leitartikel wird die Therapie der Hepatitis C aktuell und ausführlich dargestellt. Die chronische Hepatitis C kann mit den heute verfügbaren Kombinationspräparaten innerhalb von acht bis zwölf Wochen geheilt werden. Hemmstoffe der Polymerase oder Protease des Hepatitis C-Virus wurden in den beiden pangenotypisch wirksamen Arzneimitteln EPCLUSA (Sofosbuvir, Velpatasvir) und MAVIRET (Glecaprevir, Pibrentasvir) mit einem Inhibitor des NS5A-Proteins kombiniert. Das bei Infektionen mit den Genotypen 1 und 4 indizierte ZEPATIER besteht aus Grazoprevir und Elbasvir. VOSEVI enthält zusätzlich zu den beiden EPCLUSA-Inhaltsstoffen noch den Protease-Inhibitor Voxilaprevir. Es wirkt ebenfalls gegen alle Genotypen und kann eingesetzt werden, wenn eine vorangegangene Behandlung nicht erfolgreich war.
In der Rubrik „Neueinführungen / Kurzbeschreibungen“ finden Sie in diesem Heft den Beitrag über ein Arzneimittel zur spezifischen Therapie der Hepatitis D (Bulevirtid, HEPCLUSA). Es handelt sich um ein Polypeptid, das die Aufnahme des Hepatitis-D-Virus in die Leberzellen blockiert. Den vollständigen Beitrag lesen Sie hier.
In der Reihe „Aktuelle Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie“ finden Sie den zweiten Beitrag mit dem Titel „Sepsis und intestinales Mikrobiom“. Nach dem Aufenthalt auf einer Intensivstation besteht eine fortdauernde Störung des intestinalen Mikrobioms (Pathobiom). Zusammen mit einer „western diet“ resultiert eine verminderte Produktion von kurzkettigen Fettsäuren (SCFA). Damit verbunden ist nicht nur die Störung der Darmbarriere, sondern auch eine Fehlregulation des Blutdrucks durch erhöhte Reninspiegel sowie inflammatorische Prozesse, mit gesteuert durch die fehlende Aktivierung der Histon-Acetyltransferase und der fehlenden Inhibition der Histon-Deacetylase (Epigenetik). Den vollständigen Beitrag lesen Sie hier.
11. Dezember 2020
Fostemsavir – ein neuer Wirkstoff zur Therapie von Patienten mit multiresistenter HIV-Infektion
Das Komitee für Humanarzneimittel der EMA hat die Zulassung von Fostemsavir (Rukobia®) zur Therapie von Patienten mit einer mehrfach resistenten HIV-1-Infektion empfohlen.1 Es handelt sich um ein Prodrug des „Attachmentinhibitors“ Temsavir, die Dosierung beträgt zweimal täglich 600 mg oral. Die Substanz bindet reversibel an das HIV-Glykoprotein gp120. Es verhindert dessen Konformationsänderung und als Konsequenz auch das Andocken des Virus an die Zelle. Damit unterscheidet es sich von dem Antikörper Ibalizumab, der an den CD4-Rezeptor bindet.2 In der Phase-3-Studie BRIGHTE erhielten vorbehandelte Patienten mit Therapieversagen (>400 Kopien pro ml Blut) den neuen Wirkstoff. Bei Beginn der Studie war bei den 272 Teilnehmern noch ein anderes HIV-Medikament wirksam. Nach 48 Wochen konnte ein Rückgang der Viruslast auf Werte von <40 Kopien pro ml bei 54% der Patienten festgestellt werden. Bei 20 von 47 Patienten bei denen die Behandlung nicht wirksam war (43%), konnten Veränderungen im viralen gp120 nachgewiesen werden.
Gastrointestinale Störungen, wie Übelkeit und Diarrhö, traten gelegentlich als unerwünschte Wirkungen auf.3
1. EMA/CHMP. Rukobia (Fostemsavir). Summary of Opinion (initial authorisation). December 10, 2020
4. Dezember 2020
Impfungen im Alter – nicht nur Influenza!
Impfungen gehören zum festen Bestandteil des Konzeptes eines gesunden Alterns. Alle Personen im Alter über 60 Jahren sollten vier Impfungen in festgelegten Zeitabständen gegenüber folgenden Erregern bzw. Infektionen erhalten: Influenza-Viren, Pneumokokken, Diphtherie, Tetanus und Pertussis sowie Herpes zoster. Gegen Influenza sollte ein Vierfach-Impfstoff möglichst nicht vor November jeden Jahres appliziert werden. Einen Übersichtsartikel zu diesem Thema lesen Sie im Heft 6, 2018 dieser Zeitschrift. Die PDF-Datei ist jetzt frei verfügbar.
Weiterhin finden Sie in dem Heft einen Beitrag zu der Zostervakzine SHINGRIX, eine Subunit-Vakzine zur Prophylaxe des Herpes zoster. Sie enthält das rekombinante Antigen E, ein wesentliches Glykoprotein des Virus und ein speziell entwickeltes Adjuvans. Die Wirksamkeit des Impfstoffes liegt in allen Altersgruppen bei über 90%. Lokale Reaktionen an der Injektionsstelle kommen häufig vor, darüber hinaus auch vorübergehende systemische Reaktionen, wie Müdigkeit, Kopfschmerzen und Muskelschmerzen. Im Vergleich zu der bisher verfügbaren Lebendvakzine hält der Impfschutz länger an.
Der Beitrag zur „Aktuellen Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie“ widmet sich der Frage „Blutkulturen – wie wird eine Kontamination definiert?“ In bis zu 50% aller Blutkulturen werden Keime nachgewiesen, deren Bedeutung für den Patienten unklar oder zweifelhaft ist. Häufig handelt es sich um den Nachweis Koagulase-negativer Staphylokokken, Bacillus spp., Corynebacterium spp., Propionibacterium spp. oder um Micrococcus spp. Die Differenzierung zwischen Kontamination und Erreger ist für die klinische Entscheidung bedeutsam, da einige der Bakterienarten besonders bei Patienten mit Gelenkprothesen, Herzklappenersatz, Herzschritt-machern und anderen Fremdkörpern Ursache von Infektionen sein können. Faktoren, welche den Anteil kontaminierter Blutkulturen beeinflussen können, werden in diesem Beitrag diskutiert.
November 2020
27. November 2020
ChAdOx1-Impfstoff von AstraZeneca / University of Oxford: niedrigere Dosis mit besserer Wirksamkeit
AstraZeneca berichtet über die Schutzwirkung der COVID-19-Vakzine ChAdOx1 (= AZD1222), die in Kooperation mit der University of Oxford entwickelt wurde.1 Die Vektor-Vakzine wird aus einem nicht vermehrungsfähigen Schimpansen-Adenovirus hergestellt, welches das Gen für das Spikeprotein von SARS-CoV-2 enthält. Einige Tage zuvor waren Daten über die Immunogenität und Verträglichkeit des Impfstoffs im Lancet veröffentlicht worden.2
Die aktuelle Zwischenauswertung beruht auf der Analyse von 131 COVID-19 Fällen. Im Abstand von vier Wochen wurden an insgesamt mehr als 11.000 Teilnehmer zwei Injektionen verabreicht, um die Schutzwirkung zu untersuchen; die Kontrollgruppe erhielt einen Meningokokken-Impfstoff. Bei 2.741 Probanden, die bei der ersten Impfung versehentlich nur die Hälfte der vorgesehenen Dosis erhalten hatten, lag die Schutzwirkung bei 90% im Vergleich zu 62% bei 8.895 Teilnehmern, die eine volle Dosis von 5 x 1010 Viruspartikeln erhielten. Über den Grund für diesen Unterschied wird spekuliert. Möglicherweise gibt es bei einer vollen ersten Dosis eine ausgeprägte Immunreaktion auch gegen Bestandteile des Adenovirus, wodurch die immunologische Reaktion gegen das Coronavirusprotein abgeschwächt wurde.
Es war offenbar eine Panne, weshalb ein Teil der Studienteilnehmer nur eine halbe erste Dosis bekam. Möglicherweise handelte es sich um einen Verpackungsfehler, der für den Zufallsbefund sorgte. Der Hersteller erwägt nun eine neue Studie, um das überraschend gute Resultat zu überprüfen, da die Anzahl der Teilnehmer relativ klein war.
27. November 2020
COVID-19 - sieben Antigentests im direkten Vergleich
Antigentests ermöglichen einen raschen Nachweis des SARS-CoV-2. Während der zeitaufwändige PCR-Test eine entsprechende Laborausrüstung und geschultes Personal voraussetzt, lassen sich Antigentest rasch und vergleichsweise einfach durchführen. Das Ergebnis liegt nach weniger als 30 Minuten vor. Zahlreiche Hersteller haben in den vergangenen Monaten solche Tests entwickelt. Eine umfangreiche Liste der Tests mit Herstellerangaben zur Sensitivität und Spezifität wurde vom BfArM veröffentlicht und regelmäßig aktualisiert.1 Eine Gruppe von sieben Tests, die bereits seit einigen Monaten verfügbar sind, wurde in einer Studie vergleichend untersucht. Die Ergebnisse sind als Preprint-Manuskript verfügbar.2 Mit Ausnahme eines Tests detektieren alle Tests Konzentrationen von 5 bis 25 ng/ml des Virusproteins, wie sie in der ersten Woche einer symptomatischen Erkrankung vorkommen. Bei den untersuchten Produkten lag die Spezifität bei fünf Tests zwischen 98,5 bis 100%, bei zwei Tests war das Ergebnis etwas niedriger (88,2 und 94,8%). Da es sich um frühe Chargen der Produkte handelt, kann eine Verbesserung erwartet werden. Ein Einsatz der Tests kann vor allem in Arztpraxen, Kliniken und Pflegeheimen sinnvoll sein.
27. November 2020
RKI: sehr geringe Zahl von Influenzafällen im November
Die Aktivität der akuten Atemwegserkrankungen (ARE-Raten) in der Bevölkerung ist in der Woche vom 14. bis 20. November laut Influenza-Wochenbericht des Robert Koch-Instituts im Vergleich zur Vorwoche leicht gestiegen. Im ambulanten Bereich wurde insgesamt eine ähnliche Anzahl von Arztbesuchen wegen akuter Atemwegserkrankungen registriert, die Werte befinden sich insgesamt im Bereich früherer Jahre.
Im Nationalen Referenzzentrum (NRZ) für Influenzaviren wurden im gleichen Zeitraum in insgesamt 23 (32 %) der 73 eingesandten Sentinelproben respiratorische Viren identifiziert, darunter 21 (29 %) Proben mit Rhinoviren und zwei (3 %) Proben mit SARS-CoV-2. Influenzaviren wurden nicht nachgewiesen. Für die 47. Meldewoche (MW) 2020 wurden nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) bislang 21 labordiagnostisch bestätigte Influenzafälle an das Robert Koch-Institut übermittelt (Datenstand: 24.11. 2020).
Im europäischen Netzwerk wurden in keiner von 979 Sentinelproben Influenzaviren detektiert (46. KW).
Arbeitsgemeinschaft Influenza, Robert Koch-Institut,
Influenza-Wochenbericht, Kalenderwoche 47
14. November
Baloxavir – ein neuer Wirkstoff gegen Influenza reduziert die Krankheitsdauer
Baloxavir (XOFLUZA) ist ein neuartiges Virustatikum zur Therapie und Postexpositionsprophylaxe der Influenza. In den USA und anderen Ländern ist das Arzneimittel bereits seit 2018 verfügbar. Das CHMP der EMA hat nun Baloxavir zur Zulassung empfohlen, die wahrscheinlich Anfang 2021 erfolgen wird.1 Die Substanz hemmt die Endonuklease-aktivität der viralen RNA-Polymerase und hat damit einen anderen Wirkmechanismus als die seit Jahrzehnten verwendeten Neuraminidaseinhibitoren.
In einer Doppelblindstudie wurde Baloxavir mit Oseltamivir und Placebo verglichen. Die Behandlung begann innerhalb von 48 Stunden nach Auftreten der typischen Influenza-Symptome. Die Viruslast wurde durch eine Einmaldosis von 40 mg Baloxavir - bzw. 80 mg bei Patienten mit einem Körpergewicht von mehr als 80 kg - innerhalb von einem Tag deutlicher gesenkt als durch Oseltamivir, das zweimal täglich in einer Dosis von 75 mg über 5 Tage gegeben wurde. Die Zeitdauer bis zum Ende der Symptome wurde von 80 Stunden (Placebo) auf 54 Stunden (Baloxavir) reduziert.2
Ein höheres Lebensalter ist einer von mehreren Risikofaktoren für einen schweren Verlauf einer Influenza. Auch bei Patienten mit mindestens einem Risikofaktor konnte in einer weiteren, ähnlich konzipierten Doppelblindstudie die Wirksamkeit und gute Verträglichkeit von Baloxavir gezeigt werden. Die Zeitdauer bis zum Ende der Symptomatik lag bei 102 Stunden (Placebo), 81 Stunden (Oseltamivir) und 73 Stunden (Baloxavir).3 Da es Hinweise auf mögliche Resistenzen der Viren gegen Baloxavir und andere Influenzamittel gibt, sollten die Veränderungen in der Empfindlichkeit epidemiologisch überwacht werden.
1. XOFLUZA (Baloxavirmarboxil) Opinion CHMP / EMA, November 13, 2020
14. November 2020
COVID-19: Bamlanivimab (LY-CoV555) erhält Notfall-zulassung in USA
Am 21. September 2020 berichteten wir an dieser Stelle über die Wirkung des monoklonalen Antikörpers LY-CoV555 (Bamlanivimab) bei Patienten mit COVID-19. Am 9. November teilte die FDA mit, dass eine Notfallzulassung (EUA, emergency use authorization) für das Präparat der Firma Eli Lilly erteilt wurde.1 Bei Patienten mit einer leichten oder mittelschweren Symptomatik, aber Risikofaktoren für ein Fortschreiten der Infektion, konnte die Notwendigkeit für eine stationäre Behandlung reduziert werden. In der Placebogruppe war bei etwa 10% eine Krankenhausbehandlung notwendig, unter den Antikörper-behandelten Studienteilnehmern wurden nur 3% stationär aufgenommen. In einem „Fact Sheet“ werden die Eigenschaften des Arzneimittels zusammengefasst.2
2. Fact Sheet for Health Care Providers. Emergency Use Authorization (EUA) of Bamlanivimab
10. November 2020
Impfstoff von BioNTech / Pfizer zeigt hohe Schutz-wirkung
Zahlreiche COVID-19-Impfstoffe befinden sich in der Entwicklung. Die mRNA-Vakzine des Mainzer Unternehmens BioNTech (BNT162b2) wird in Zusammenarbeit mit Pfizer in einer Placebo-kontrollierten Phase-3-Studie geprüft. Daten zur Immunogenität und Verträglichkeit der Zubereitung bei Probanden wurden zuvor im New England Journal of Medicine publiziert.1 Eine Zwischenauswertung der Phase-3-Studie auf der Basis von 94 bestätigten COVID-19-Fällen zeigte ein vielversprechendes Resultat: der Impfstoff ist zu mehr als 90% wirksam. Bisher wurden 43.538 Patienten randomisiert, die meisten haben bereits zwei Impfdosen erhalten. Die Studie mit BNT162b2 wird fortgesetzt bis insgesamt 164 Fälle vorliegen, damit eine fundierte statistische Auswertung erfolgen kann. Schwerwiegende unerwünschte Wirkungen traten bisher nicht auf.2
1. Walsh EE et al.. Safety and Immunogenicity of Two RNA-Based Covid-19 Vaccine Candidates. N Engl J Med. 2020 Oct 14. Epub ahead of print.
2. Pressemitteilung von Pfizer und BioNTech, November 9, 2020
10. November 2020
Immunogenität und Verträglichkeit des Curevac-Impfstoffes (CVnCoV)
Ein ähnlicher, ebenfalls mRNA-basierter Impfstoff wurde von Curevac, Tübingen, entwickelt. Die RNA kodiert für ein virales spike-Protein, das eine immunologische Reaktion hervorruft. Nachdem die Immunogenität der Lipid-nanopartikel-Zubereitung im Tierexperiment nachgewiesen wurde, stehen jetzt auch Daten von gesunden Freiwilligen im Alter von 18 bis 60 Jahren zur Verfügung, die mit zwei Dosen des Impfstoffs im Abstand von vier Wochen behandelt wurden. In der Vorabveröffentlichung (preprint) wird eine gute Immunogenität und Verträglichkeit von CVnCoV beschrieben. In der nun folgenden Phase 2b/3-Studie soll die Schutzwirkung der mRNA-Vakzine in einer Dosierung von 12 µg untersucht werden.
9. November 2020
Nasenspray verhindert SARS-CoV-2-Ausbreitung im Tierexperiment
Maßgeschneiderte Peptide können die Fusion von Viren mit einer Wirtszelle verhindern. Das Prinzip ist im Rahmen der HIV-Therapie bekannt geworden. Der Fusionsinhibitor Enfuvirtid wird seit fast 20 Jahren zur antiretroviralen Therapie eingesetzt.
Wissenschaftler der Columbia University, New York, berichten aktuell über ein Experiment mit Frettchen, bei denen ein für diesen Zweck entwickeltes Lipopeptid nach intranasaler Applikation die Ausbreitung der SARS-CoV-2-Infektion bei allen behandelten Tieren verhinderte. Die Placebo-behandelten Kontrollen erkrankten dagegen innerhalb von 24 Stunden an der Coronavirusinfektion. Das Peptid aus 36 Aminosäuren entspricht einem hochkonservierten Sequenzmotiv am Carboxyterminus im Spikeprotein des Virus (Heptad-Wiederholung, HRC). Versuche in Zellkulturen hatten gezeigt, dass der Effekt durch Dimerisierung und Kopplung mit Cholesterol gesteigert werden kann. Wenn sich die Ergebnisse beim Menschen bestätigen lassen, könnte es ein Nasenspray geben, das einmal täglich angewandt wird und so die Ausbreitung des SARS-CoV-2 stoppt. Diese Hoffnung drücken die Autoren in ihrer Arbeit aus, die bei der Zeitschrift Science zur Publikation eingereicht wurde.
9. November 2020
Rote-Hand-Brief (29. Oktober 2020):
Fluorchinolone und das Risiko einer Herzklappen-regurgitation bzw. -insuffizienz
„Um sicherheitsrelevante Informationen zu einem Arzneimittel umgehend an Ärzte und Apotheker weiterzugeben, werden sogenannte Rote-Hand-Briefe verschickt.“ (BfArM). Ende Oktober wurde in einem Rote-Hand-Brief auf eine Assoziation zwischen einer Fluorchinolontherapie und einer Aorten- oder Mitralklappeninsuffizienz hingewiesen. Hintergrund ist eine epidemiologische Arbeit aus dem Jahr 2019, die nicht isoliert betrachtet werden sollte. Am 19. September hatten wir an dieser Stelle über zwei neue Studien berichtet, die – im Gegensatz zu früheren Veröffentlichungen - keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen einer Therapie mit Fluorchinolonen und Aortenaneurysmen ermitteln konnten. Die Datenlage ist also nach wie vor unklar. Zu diesem Fazit kommen auch die Autoren der Arbeit, auf die sich der Rote-Hand-Brief bezieht („Future studies are urgently required to confirm or refute these findings“).
Als mögliche Erklärung für eine Fluorchinolon-bedingte Schädigung der Aorta – für die Aneurysmen ebenso wie für die Klappenveränderungen - werden Veränderungen des Kollagenstoffwechsels in diesen Geweben angeführt. Der Rote-Hand-Brief verweist daher auf eine „Laborstudie“. Demnach führt „Ciprofloxacin zu einem Kollagenabbau in Myofibroblastzellen der Aorta“, die von Patienten mit Aortaschäden stammen.2 Für eine richtige Einordnung der in-vitro-Befunde müssen die Konzentrationen betrachtet werden. Die Effekte wurden bei 83 und 165 mg Ciprofloxacin pro Liter Medium beobachtet, eine Konzentration von 33 mg/l (100 µmol) hatte keinen Einfluss auf die untersuchten Vorgänge. Nach Einnahme einer Tablette mit 500 mg Ciprofloxacin liegen die Maximalkonzentrationen bei weniger als 5 mg/l. Diese „Laborstudie“ ist daher nicht repräsentativ für die reale Wellt außerhalb des Labors. Rote-Hand-Briefe sollten wissenschaftlich fundiert sein, sonst werden sie nicht die gewünschte Wirkung haben.
Oktober 2020
23. Oktober 2020
Hepatitis C: Dreifachkombination bei vorbehandelten Patienten
Die einmal tägliche Gabe von zwei antiviral wirksamen Substanzen für acht bis zwölf Wochen ist heute die Standardtherapie der chronischen Hepatitis C. Die pangenotypisch wirksamen Kombinationspräparate EPCLUSA (Sofosbuvir plus Velpatasvir) und MAVIRET (Glecaprevir plus Pibrentasvir) wurden 2019 am häufigsten angewandt.1
Davor waren andere Medikamente üblich, die häufiger nicht zu einer anhaltenden viralen Unterdrückung (SVR) führten. Patienten, die in den vergangenen Jahren bereits erfolglos behandelt wurden, können mit der Dreifachkombination VOSEVI (Sofosbuvir plus Velpatasvir plus Voxilaprevir) behandelt werden. Eine aktuelle Publikation über 110 Patienten des Deutschen Hepatitis C-Registers (DHC-R) bestätigen die positiven Erfahrungen aus entsprechenden Zulassungsstudien.2 Die SVR nach zwölf Wochen lag bei 92%. Die meisten Patienten hatten eine Infektion mit Genotyp 1 des Virus, bei 34 handelte es sich um eine Infektion mit Genotyp 3 und bei vier Patienten war es Genotyp 4. Bemerkenswert ist, dass in 30 Fällen eine Zirrhose vorlag, 10 dieser Patienten hatten anamnestisch eine Dekompensation erlitten. Die Verträglichkeit war gut. Im Vergleich zu der Zweierkombination ohne Proteaseinhibitor müssen vermehrt Interaktionen mit anderen Arzneistoffen beachtet werden.
1. Lohse AW, Huber S. Magen-Darm-Mittel und Lebertherapeutika. in: Arzneiverordnungs-Report 2020. U Schwabe, W.-D. Ludwig (Hrsg.), Springer 2020, S. 615-642
23. Oktober 2020
Wirksamkeit von Lopinavir plus Interferon bei MERS
Lopinavir hemmt die Protease des HI-Virus und wird zur antiretroviralen Therapie angewandt. Da die Substanz in vitro auch Coronaviren hemmt und gegen die Erreger von MERS (middle east respiratory syndrome) und COVID-19 eine schwache Aktivität aufweist, sind klinische Studien mit dem Wirkstoff gerechtfertigt. Die bisherigen Ergebnisse konnten allerdings einen therapeutischen Nutzen von Lopinavir bei COVID-19 nicht belegen.1
Bei Patienten mit MERS erwies sich eine Kombination aus Lopinavir plus Interferon als lebensrettend.2 Die Sterblichkeit war von 44% auf 28% reduziert, der Effekt war noch deutlicher bei Patienten, die innerhalb von sieben Tagen nach Krankheitsbeginn die Medikamente erhalten hatten. Da die Doppelblindstudie aufgrund des deutlichen Resultats vorzeitig beendet wurde, liegt dem Ergebnis nur eine limitierte Anzahl von insgesamt 95 Patienten zugrunde. Es bleibt unklar, welcher Teil der Kombination für den Effekt ausschlaggebend war und welche Bedeutung dieses Ergebnis für die Behandlung von COVID-19 hat. Ein frühzeitiger Behandlungsbeginn scheint aber bei diesen akuten Virusinfektionen ein wichtiger Faktor für einen Therapieerfolg zu sein.
19. Oktober 2020
Einmal pro Monat ist ausreichend - Cabotegravir plus Rilpivirin zur antiretroviralen Injektionstherapie!
Eine Tablette am Tag – das ist zurzeit die einfachste Art der Therapie bei HIV-Infektion! Insgesamt elf Kombinationspräparate mit zwei oder drei Inhaltsstoffen stehen dafür zur Verfügung (s. Tabelle). Offenbar besteht ein Bedarf für noch einfachere Regime. Vom CHMP, dem zuständigen Komitee der EMA, wurden jetzt zwei neue Arzneimittel zur Zulassung empfohlen.1,2 VOCABRIA (Cabotegravir) und REKAMBYS (Rilpivirin) werden zusammen einmal pro Monat intramuskulär injiziert, die Wirkung hält über mindestens vier Wochen an. Patienten, die bereits antiretroviral behandelt werden und bei denen die virale Vermehrung nachweislich auf weniger als 50 Kopien pro Milliliter Blut unterdrückt ist, kommen für die neue Therapie in Frage. Klinische Studien zeigen die Nichtunterlegenheit im Vergleich zur üblichen oralen Behandlung.3 Anamnestisch soll keine Resistenz gegen nicht-nukleosidische Hemmstoffe der reversen Transkriptase (NNRTI) oder Integrase-Inhibitoren (INI) vorliegen. Vorübergehende Schmerzen an der Injektionsstelle treten sehr häufig auf, Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwächegefühl und andere sind kaum häufiger als bei oraler Behandlung.
1. EMA / CHMP, 15 October 2020. Summary of opinion (initial authorisation) VOCABRIA (Cabotegravir)
2. EMA / CHMP, 15 October 2020. Summary of opinion (initial authorisation) REKAMBYS (Rilpivirin)
16. Oktober 2020
Neue Ausgabe der Zeitschrift für Infektionstherapie
Heft 5, 2020 der Zeitschrift für Infektionstherapie ist jetzt im Archiv verfügbar (PDF mit Kennwort für Abonnenten).
Leitartikel: Entscheidungszeitpunkte einer rationalen Antibiotikatherapie
Eine rationale Antibiotika-Therapie ist essenziell, um die Resistenzentwicklung von wichtigen Erregern und unerwünschte Wirkungen durch die eingesetzten Arzneimittel zu vermeiden. Jeder Antibiotika-verordnende Arzt muss die Verantwortung für die zuvor genannten Auswirkungen einer antibiotischen Behandlung übernehmen und versuchen, diese durch kenntnisreichen Gebrauch zu vermeiden. Hilfreich hierbei könnten dabei praktische Überlegungen zu vier Entscheidungszeitpunkten einer rationalen Antibiotika-Therapie sein, die kürzlich von Infektiologen der Johns Hopkins Universität in Baltimore, USA, publiziert wurden. Diese Überlegungen werden im Leitartikel ausführlich dargestellt.
In der Rubrik „Neueinführungen / Kurzbeschreibungen“ finden Sie in diesem Heft den Beitrag über das Antibiotikum Lefamulin (XENLETA). Das erste Antibiotikum aus der Gruppe der Pleuromutiline in der Humanmedizin erfasst neben klinisch relevanten Erregern im grampositiven Bereich auch atypische Pneumonie-Erreger durch Hemmung der Proteinsynthese. Es wird zweimal täglich oral oder intravenös verabreicht. Bei Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie war Lefamulin im Vergleich zu Moxifloxacin hinsichtlich des Therapieerfolgs nicht unterlegen. Es kann angewandt werden, wenn die sonst üblichen Antibiotika nicht geeignet sind. Den vollständigen Beitrag lesen Sie hier.
In der Reihe „Aktuelle Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie“ finden Sie einen Beitrag mit dem Titel „Sepsis und intestinales Mikrobiom“. In den vergangenen Jahren ist der Rolle des Darms im Rahmen einer Sepsis als „Motor“ des Erkrankungsverlaufs vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt worden. Bei einer Minderperfusion des Darms führt die Produktion des hypoxia-inducible factor (HIF)-2α zu einer Auflockerung des Darmepithels (tight junctions). Diese Hyperpermeabilität tritt schon zu einem frühen Zeitpunkt auf, es kommt zu einer Verminderung der Mukusschicht im Darm sowie zu einer Umwandlung des intestinalen Mikrobioms in ein „Pathobiom“. Den vollständigen Beitrag lesen Sie hier.
5. Oktober 2020
Nobelpreis für die Entdeckung des Hepatitis C Virus
Der diesjährige Nobelpreis für Medizin wird an Harvey Alter, Michael Houghton und Charles Rice verliehen - also an drei Wissenschaftler, die wesentlich an der Entdeckung des Hepatitis C Virus beteiligt waren. Es war ein langer Weg bis zum Nachweis des Virus als Krankheitserreger. Die wegweisenden Arbeiten liegen mehrere Jahrzehnte zurück, doch sie stellen die Voraussetzung für die Entwicklung spezifisch wirksamer Arzneistoffe dar, die erst im vergangenen Jahrzehnt verfügbar wurden.
Heute ist die Heilung einer chronischen Hepatitis C mit diesen oral wirksamen Arzneimitteln innerhalb weniger Wochen bei guter Verträglichkeit möglich. Eine Übersicht über die derzeit verfügbaren antiviralen Wirkstoffe bei Hepatitis C und ihre möglichen Kombinationen finden Sie in der Tabelle und Zusammenfassungen der pharmakolo-gischen Eigenschaften in der Rubrik „Neueinführungen / Kurzbeschreibungen.
3. Oktober 2020
Monokolonale Antikörper zur Behandlung des US-Präsidenten
Laut Mitteilung des behandelnden Arztes Dr. Sean P. Conley vom 2. Oktober 2020 erhielt Donald Trump eine Dosis von acht Gramm einer Antikörperzubereitung der Firma Regeneron als Infusion. Es handelt sich um eine Kombination der beiden monoklonalen Antikörper REGN10933 und REGN10987. Sie binden in nicht-kompetitiver Weise an den virusbindenden Bereich des viralen spike-Proteins und verhindern die Fusion mit den Zellen im Respiationstrakt des Menschen.1
Erst drei Tage zuvor hatte Regeneron Pharmaceuticals Inc. in einer Pressemitteilung bekannt gemacht, dass das Präparat REGN-COV2 in der Lage sei, den Krankheitsverlauf einer SARS-CoV-2-Infektion zu verkürzen. Bei seronegativen Patienten betrug die Zeit bis zur Besserung der Symptomatik sechs bzw. acht Tage nach Behandlung mit der niedrigen bzw. hohen Dosierung von 2,4 g oder 8 g. In der Vergleichsgruppe mit Placebobehandlung lag diese Zeitspanne im Median bei 13 Tagen.1
Die Eigenschaften der neutralisierenden Antikörper wurden in zwei Beiträgen im Journal Science beschrieben. Dabei stand vor allem die Möglichkeit der Resistenzentwicklung im Fokus. Da das Virus durch Mutation dem Angriff durch einen Antikörper entgehen könnte, wurden zwei Antikörper mit ähnlichem Angriffspunkt in der Zubereitung kombiniert. In der Kombination wurde in vitro keine Resistenz beobachtet.2,3
September 2020
28. September 2020
Randomisierte Studien zeigen keine Wirksamkeit von Azithromycin bei COVID-19
In einer prospektiven Studie wurde in Brasilien die Wirksamkeit von Azithromycin bei Patienten mit COVID-19 untersucht.1 Alle 397 Patienten erhielten im Krankenhaus die Standardbehandlung, wozu zum Zeitpunkt der Studie auch Hydroxychloroquin gehörte, 214 von ihnen bekamen jedoch für zehn Tage zusätzlich das Makrolidantibiotikum in einer Dosierung von 500 mg täglich. Bei der Auswertung nach 15 und 29 Tagen war kein therapeutischer Nutzen durch Azithromycin erkennbar. Auch die Häufigkeit von kardiovaskulären oder anderen Nebenwirkungen war in beiden Gruppen nicht unterschiedlich. Damit wurde das Ergebnis einer früheren, ähnlich konzipierten Studie bestätigt.2,3
Warum führt die in vitro nachweisbare hohe antivirale Aktivität des Azithromycins nicht zu einem therapeutischen Erfolg? Der Wirkstoff ist - ähnlich wie Hydroxychloroquin – basisch, hat ein hohes Verteilungsvolumen und reichert sich intrazellulär an. Bei den Prognosen zur möglichen therapeutischen Wirksamkeit bei COVID-19 wurde für die beiden Substanzen meist die in vitro untersuchte Konzentration mit den Gewebekonzentrationen in der Lunge in Beziehung gesetzt. Auch in vitro findet jedoch eine intrazelluläre Anreicherung statt. Die Konzentration in den Zellen sollte für die Berechnungen benutzt werden und nicht die zum Zellkulturmedium zugesetzte Konzentration. Alternativ könnte diese extrazelluläre Konzentration mit der Konzentration im Blut des Patienten verglichen werden. Auf dieses Problem wurde bereits vor einigen Wochen von klinischen Pharmakologen hingewiesen (siehe Beitrag zum Hydroxychloroquin bei Infektio Aktuell am 2. Juli 2020).
2. Oldenburg CE, Doan T. Azithromycin for severe COVID-19. Lancet. 2020 Sep 4:S0140-6736(20)31863-8. doi: 10.1016/S0140-6736(20)31863-8 Epub ahead of print
3. Cavalcanti AB et al. Hydroxychloroquine with or without Azithromycin in Mild-to-Moderate Covid-19. N Engl J Med. 2020 Jul 23 Epub ahead of print
26. September 2020
Azithromycin und kardiovaskuläre Nebenwirkungen – weitere Studie mit unklaren Ergebnissen
Makrolide sollen nicht bei Patienten mit Risikofaktoren für ventrikuläre Arrhythmien verordnet werden. Über die mögliche Assoziation zwischen Arrhythmien und einer Therapie mit Azithromycin wurde erstmals 2012 berichtet (siehe Heft 4, 2012). In den folgenden Jahren bestätigten drei Untersuchungen die Assoziation, drei andere fanden keinen Zusammenhang. In einer weiteren retrospektiven Studie sollte die mögliche Assoziation nochmals überprüft werden. Insgesamt wurden mehr als sieben Millionen ambulante Antibiotikabehandlungen analysiert, gut 20 % der Patienten wurden mit Azithromycin behandelt, die anderen mit Amoxicillin. Eine Behandlung mit Azithromycin war assoziiert (1) mit einer signifikanten Erhöhung kardiovaskulärer Todesfälle, (2) die Assoziation mit einem plötzlichen Herztod war jedoch nicht signifikant, und (3) eine signifikante Zunahme der Todesfälle durch nicht-kardiovaskuläre Ursachen wurde berechnet. Da eine mögliche plausible Erklärung für die zuletzt genannte Assoziation fehlt, sollten auch diese Ergebnisse mit Zurückhaltung betrachtet werden. Die Möglichkeit unbekannter Störfaktoren, die zu einer Verzerrung des Resultates geführt haben, muss in Betracht gezogen werden.
Zaroff JG et al. Association of Azithromycin Use With Cardiovascular Mortality. JAMA Netw Open. 2020 Jun 1;3(6):e208199 FREE FULL TEXT
21. September 2020
Behandlung der COVID-19 mit einem monoklonalen Antikörper
In der BLAZE-1-Studie wird die Wirksamkeit und Verträglichkeit eines monoklonalen Antikörpers bei COVID-19-Patienten im Vergleich zu Placebo untersucht. Der von Lilly und AbCellera entwickelte neutralisierende IgG1-Antikörper LY-CoV555 richtet sich gegen das Spike-Protein von SARS-CoV-2 und verhindert die Fusion mit der Wirtszelle. In einer Zwischenauswertung der noch laufenden Phase-2-Studie zeigten sich positive Effekte bei Patienten mit leichten oder mittelschweren Symptomen.1 Der Anteil an Patienten, die stationär behandelt werden mussten, war niedriger als in der Placebogruppe (1,7% bzw. 6%). In der mittleren Dosierung (2.800 mg) konnte auch ein Einfluss auf die Viruslast im Blut festgestellt werden, mit der niedrigeren und der höheren Dosierung von 700 mg bzw. 7000 mg war dieser Effekt nicht nachweisbar. Dadurch wird die Bedeutung des Resultats reduziert. Die Verträglichkeit war gut. Insgesamt sollen etwa 800 Patienten an der Studie teilnehmen. Man wird die endgültigen Resultate abwarten müssen, bevor eine eindeutige Aussage gemacht werden kann. Dieser und andere monoklonale Antikörper könnten jedoch einen wesentlichen Einfluss auf den Verlauf der Pandemie haben. Sowohl prophylaktische als auch therapeutische Verwendungen erscheinen möglich.2
19. September 2020
Fluorchinolone und Aortenschäden – neue Studien finden keinen Zusammenhang
Im Oktober 2018 informierte ein Rote-Hand-Brief über das mögliche Risiko für Aneurysmen und Dissektionen der Aorta bei einer Therapie mit Fluorchinolonen (s. Infektio aktuell, 26. Oktober 2018). Hintergrund waren die Ergebnisse von retrospektiven Studien aus Kanada, Schweden und Taiwan. Zwei neue retrospektive Studien lassen Zweifel an einem kausalen Zusammenhang aufkommen.1 In Taiwan wurde die gleiche Datenbasis für die Berechnungen wie zuvor benutzt, nun wurden jedoch zum Vergleich Daten von Patienten herangezogen, die mit Amoxicillin / Clavulansäure oder anderen Antibiotika behandelt wurden. Es gab keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko durch Fluorchinolone.2 Die zweite Studie aus den USA kam zu dem Ergebnis, dass das Risiko zwar erhöht war bei Patienten mit Pneumonie, jedoch nicht bei Patienten mit einer Harnwegsinfektion. Da Aortenveränderungen auch als Folge einer bakteriellen Infektion bekannt sind, führten wahrscheinlich Störfaktoren zu diesem unerwarteten Ergebnis.3 Fluorchinolone sollten unter Berücksichtigung der bekannten Risiken und Nebenwirkungen wohl überlegt angewandt werden. Aortenschäden gehören jedoch nicht zu den eindeutig nachgewiesenen Nebenwirkungen.
1: DeGette RL, Grant RW, Mph MD. Observational Study Design Challenges-The Case of Fluoroquinolones and Aortic Disease. JAMA Intern Med. 2020 Sep 8. Epub ahead of print.
7. September 2020
WHO empfiehlt Glukokortikoide bei schwerem Verlauf der COVID-19
Die WHO hat Empfehlungen für die Therapie von COVID-19 Patienten mit ARDS (acute respiratory distress syndrome) ausgesprochen.1 Die Gabe von Dexamethason (6 mg) oder Hydrocortison (50 mg) ist in diesen Fällen indiziert, sie kann die Letalität beim schweren Verlauf der Erkrankung senken. Bei Patienten ohne schweren Verlauf sollen Glukokortikoide nicht angewandt werden. Grundlage dieser Empfehlungen sind die bereits seit Juni bekannten Resultate der RECOVERY-Studie (s. Beitrag vom 17. Juni) in der eine Reduktion der Letalität um etwa ein Drittel durch Behandlung mit Dexamethason erreicht werden konnte und Daten aus sechs weiteren klinischen Studien.2,3
1. WHO, 2. September 2020, Corticosteroids for COVID-19 (Living Guidance) PDF-Datei
5. September 2020
Tocilizumab bei Patienten mit COVID-Pneumonie
Tocilizumab verbesserte im Vergleich zu Placebo nicht die Überlebenschance von Patienten mit einer COVID-Pneumonie, führte aber doch zu einer verkürzten Dauer der stationären Behandlung. Weitere Studien sind notwendig, um die Befunde genauer zu untersuchen. Gibt es vielleicht doch definierte Patientengruppen, die von der Infusion des gegen IL-6 gerichteten Antikörpers profitieren könnten? Oder existieren bestimmte Konstellationen, in denen Tocilizumab als ein Bestandteil einer Medikamentenkombination vorteilhaft sein könnte? Das primäre Ziel der COVACTA-Studie wurde jedoch nicht erreicht, insofern sind die Ergebnisse enttäuschend.
4. September 2020
Harnwegsinfektionen beim Mann
Harnwegsinfektionen beim Mann sind in der Regel als kompliziert einzustufen. Sie treten erst im höheren Lebensalter auf, häufig ist eine Obstruktion durch Hyperplasie der Prostata vorhanden. Angesichts der Zunahme resistenter Erreger – meist handelt es sich um E. coli – wird die Therapie zunehmend problematisch. Häufig sind die isolierten Erreger resistent gegen Fluorchinolone, wie Ciprofloxacin und Levofloxacin, und auch die Aktivität der ß-Laktamantibiotika geht zurück. Nicht selten werden ESBL-bildende Enterobacteriaceae nachgewiesen. Kombinationen aus einem Cephalosporin und einem ß-Laktamaseinhibitor [Ceftolozan plus Tazobactam oder Ceftazidim plus Avibactam] erwiesen sie sich als wirksam und gut verträglich. Sie stellen Alternativen dar, die bei schwerwiegenden fiebrigen Infektionen der Harnwege in Betracht gezogen werden können. Da sie nicht für die ambulante Therapie infrage kommen, bleibt die Therapie der komplizierten Harnwegsinfektionen beim Mann weiterhin ein zunehmendes Problem.
Einen Übersichtsartikel zu diesem Thema lesen Sie im Heft 5, 2018 dieser Zeitschrift. Die PDF-Datei ist jetzt frei im Archiv verfügbar.
Weiterhin finden Sie in dem Heft:
Eine detaillierte Beschreibung des antiretroviralen Wirkstoffs Bictegravir (BIKTARVY) finden Sie unter „Neueinführungen / Kurzbeschreibungen“. Das neue Arzneimittel hemmt die Integrase des HI-Virus. Es ist in Form eines Kombinationspräparates zur einmal täglichen Einnahme zusammen mit den Nukleosid-Derivaten Emtricitabin (200 mg) und Tenofoviralafenamid (25 mg) unter dem Namen BIKTARVY im Handel, das pro Tablette 50 mg Bictegravir enthält.
Der Beitrag zur Aktuellen Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie widmet sich neuen mikrobiologischen Methoden. Letztendlich stellt sich bei der Beurteilung neuer diagnostischer Methoden die Frage, inwieweit die Behandlung der Patienten durch den Einsatz der Verfahren verändert wird und welchen Einfluss diese Zeitverkürzung auf Letalität oder Liegezeit haben wird.
4. September 2020
Integraseinhibitoren zur antiretroviralen Therapie
Die Integrase ist ein Schlüsselenzym im Replikationszyklus des HI-Virus. Sie katalysiert den Einbau viraler DNA in die Wirts-DNA. Ihre Funktion kann in vier Schritte unterteilt werden - als Angriffspunkt von Arzneistoffen ist bisher nur einer dieser Schritte, der Strangtransfer, bedeutsam. Seit gut zehn Jahren steht mit Raltegravir der erste Strangtransfer-Inhibitor (INSTI) zur Verfügung, später kamen Elvitegravir, Dolutegravir und Bictegravir hinzu.
In einer aktuellen Übersichtsarbeit werden die Daten zur Wirksamkeit und Verträglichkeit der Integraseinhibitoren zusammengefasst. Dabei wird auch der noch nicht zugelassene neue Integraseinhibitor Cabotegravir berücksichtigt, der demnächst zur Injektion mit lang anhaltender Wirksamkeit verfügbar sein wird.
August 2020
8. August 2020
Heft 4, 2020 der Zeitschrift für Infektionstherapie ist jetzt im Archiv verfügbar (PDF mit Kennwort für Abonnenten).
Eine aktuelle Bestandsaufnahme der Therapie der COVID-19 erfolgt im Leitartikel. Der klinische Verlauf einer COVID-19 ist sehr variabel. Von asymptomatisch bis hin zur schweren Viruspneumonie mit Zeichen der Hyper-inflammation und Multiorganversagen. Remdesivir (VEKLURY) ist das erste antivirale Arzneimittel, das aufgrund seiner Wirksamkeit in prospektiven klinischen Studien zur Therapie von SARS-CoV-2-infizierten Patienten zugelassen wurde. Allerdings war das Nukleotidanalogon bei leichten Verläufen nicht wirksam, ebenso bei Schwerst-kranken, die mechanisch beatmet werden mussten. In der hyperinflammatorischen Phase der Erkrankung ist Dexamethason offenbar eher geeignet. Die Ereignisse der vergangenen Monate machen deutlich, wie wichtig die sorgfältige klinische Prüfung von Arzneimitteln ist.
Frei verfügbar ist in diesem Heft der Beitrag über den neuen ß-Laktamaseinhibitor Relebactam in Kombination mit Imipenem (RECARBRIO) in der Rubrik „Neueinführungen / Kurzbeschreibungen“. Imipenem wird seit mehr als drei Jahrzehnten zur Behandlung bakterieller Infektionen angewandt. Durch Kombination mit dem neu entwickelten ß-Laktamaseinhibitor Relebactam werden zusätzlich Erreger erfasst, die durch ß-Laktamasebildung resistent geworden sind. Die bisherigen klinischen Erfahrungen mit dem neuen Arzneimittel - insbesondere bei Infektionen durch Carbapenem-resistente Bakterien - sind noch sehr begrenzt. Der Trend zu neuen ß-Laktamaseinhibitoren setzt sich mit dieser Neueinführung fort, weitere Hemmstoffe der bakteriellen Resistenzenzyme sind in der Entwicklung.
In der Reihe „Aktuelle Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie“ finden Sie einen Beitrag mit dem Titel „Bakteriostase – Bakterizidie: Klinische Bedeutung“. Entscheidend für den Einsatz einer antimikrobiell wirksamen Substanz ist in Abhängigkeit von der Indikation letztendlich die klinische Erfolgsrate. Bakteriostatisch wirkende antimikrobielle Wirkstoffe können theoretisch durch die Suppression von Virulenzfaktoren Vorteile bieten oder zumindest der Therapie mit bakteriziden Substanzen ebenbürtig sein. Wesentlich sind daher die Ergebnisse klinischer Studien.
Juli 2020
24. Juli 2020
Studie aus Thüringen zeigt: Antikörpertests müssen mit Vorsicht interpretiert werden!
Ein COVID-19-Ausbruch in der kleinen Gemeinde Neustadt-am-Rennsteig in Thüringen konnte Ende März 2020 durch eine strikte Quarantäne gestoppt werden. PCR-Tests wurden bei fast allen Einwohnern des Dorfes durchgeführt, 49 von 865 waren positiv. Ein Team von Wissenschaftlern untersuchte im Mai die Serokonversionsrate der Einwohner. Wegen der bekannten methodischen Probleme wurden sechs verschiedene Tests - zwei ELISA- und vier CLIA/CMIA-Tests - angewandt. Das Ergebnis wurde nur dann als „positiv“ bewertet, wenn mindestens zwei Tests positiv waren. Mehr als 70% der Gemeindemitglieder nahmen teil, ein PCR-Test war zum Zeitpunkt der serologischen Untersuchung bei allen negativ. Von den 620 untersuchten Personen waren Antikörper nur bei 52 (8,4%) sicher nachweisbar, davon hatten 20 zuvor einen positiven PCR-Test gehabt. Andererseits gelang der Antikörpernachweis nur bei etwa der Hälfte der 38 Teilnehmer mit einer zuvor erlittenen SARS-CoV-2 Infektion. Diese Ergebnisse waren unerwartet, ein rascher Abfall der Antikörpertiter nach der SARS-CoV-2-Infektion könnte die Ursache sein.
23. Juli 2020
Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 – weitere aktuelle Studien
Vor kurzem wurden Daten über die Wirkungen und Nebenwirkungen des Impfstoffes mRNA-1273 der Firma Moderna publiziert (s. Beitrag vom 17. Juli). Nun gibt es weitere aktuelle Veröffentlichungen über drei Vakzinen, die eine Immunantwort gegen SARS-CoV-2 induzieren. Die Ergebnisse belegen für alle Kandidaten, dass eine Fortsetzung der klinischen Entwicklung im Rahmen von Phase 3 Studien gerechtfertigt ist. Dabei soll sich zeigen, ob die Vakzinen prophylaktisch wirksam sind und vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 schützen.
1. Der Impfstoff der Firma BioNTech (BNT162b1) enthält – ähnlich wie der Moderna Impfstoff - ebenfalls messenger RNA mit modifizierten Nukleosiden in Lipidnanopartikeln. Die Sequenz kodiert für die Rezeptorbindungsdomäne (RBD) des viralen Spikeproteins. Jeweils 12 Teilnehmer erhielten 1 µg, 10 µg, 30 µg, 50 µg oder 60 µg der Nukleinsäure. Immunologische Reaktionen und unerwünschte Wirkungen, wie Kopfschmerzen, Fatigue, Myalgien und Arthralgien traten dosisabhängig auf. Die Reaktionen konnten mit Paracetamol abgeschwächt werden. Nach drei Wochen erhielten die Probanden eine zweite Injektion, die eine verstärkte Wirkung hervorrief. Die höchste Dosis wurde aus Verträglichkeits-gründen nur einmal verabreicht. Bemerkenswert sind hohe Titer neutralisierender Antikörper und der Nachweis virusspezifischer CD4+- und CD8+-Zellen mit der Produktion von IFN- γ. Bereits die niedrigste Dosis von 1 µg verursachte bei zweimaliger Verabreichung RBD-bindende IgG-Antikörper mit Titern, die höher waren, als die im Serum von Rekonvaleszenten.
2. Im Lancet erschienen zwei Arbeiten zu Vektor-basierten Impfstoffen.1 Der in Oxford entwickelte Kandidat ChAdOx1 nCoV-19 wurde 543 Freiwilligen injiziert, die Reaktionen wurden mit denen einer Meningitis-Vakzine verglichen.2 Alle erhielten die gleiche Dosis (5 x 1010 Viruspartikel), zehn Teilnehmer bekamen nach vier Wochen eine zweite Injektion. Die lokalen und systemischen Reaktionen entsprachen den Nebenwirkungen, die auch bei den mRNA-Impfstoffen auftraten. Eine prophylaktische Gabe von Paracetamol verbesserte die Verträglichkeit. Schwerwiegende Reaktionen wurden auch mit dieser Zubereitung nicht registriert. Ein Anstieg von spezifischen, gegen das Spikeprotein gerichteten T-Zellen, war bereits nach sieben Tagen nachweisbar und hielt bis zum Tag 56 an. Dieser Effekt wurde durch die zweite Injektion nicht verstärkt. Die Bildung von IgG-Antikörpern nahm bis zum Tag 28 zu, ein booster-Effekt war nach der zweiten Injektion erkennbar.
In China wurde bei CanSino Biologics ein Vektorimpfstoff mit einem nicht-replikationsfähigen Adenovirus (Ad5) entwickelt, der gegen das Spikeprotein des SARS-CoV-2 gerichtet ist. Die Zubereitung wurde einmalig in zwei Dosierungen (5x1010 oder 1x1011 Viruspartikel) intramuskulär verabreicht und mit Placebo verglichen.3 Bei gleicher Immunogenität war die niedrigere Dosis deutlich besser verträglich. Fieber trat nur bei 16% der Probanden auf, mit der höheren Dosis waren es doppelt so viele. In der Placebogruppe hatten 10% der Teilnehmer Fieber. Bindende Antikörper wurden bei fast allen nachgewiesen, neutralisierende bei etwa der Hälfte. Spezifische T-Zellen waren bei etwa 90% der Probanden unabhängig von der Dosierung nachweisbar.
Da die Methoden für die immunologischen Untersuchungen in den Studien nicht einheitlich und die Ergebnisse störanfällig waren, ist ein direkter Vergleich der Ergebnisse nicht möglich. Eine bessere Standardisierung und Vereinheitlichung der Methoden erscheint dringend erforderlich.
17. Juli 2020
mRNA-Impfstoff gegen SARS-CoV-2 – erwünschte und unerwünschte Wirkungen
Über eine dosis- und zeitabhängige Stimulation des Immunsystems nach Injektion eines Impfstoffkandidaten gegen SARS-CoV-2 berichtet ein Team von Wissenschaftlern im New England Journal of Medicine.1,2 Der Impfstoff mRNA-1273 kodiert für das Spikeprotein S-2P von SARS-CoV-2. Jeweils 15 Probanden erhielten 25, 100 oder 250 µg in einer Lipidnanopartikel-Zubereitung als zweimalige Injektion in den M. deltoideus im Abstand von 28 Tagen. Innerhalb von zwei Wochen waren bindende Antikörper nachweisbar, nach der zweiten Injektion auch neutralisierende Antikörper. Die Titer waren nach der zweiten Injektion ähnlich hoch wie im Serum von COVID-19 Rekonvaleszenten. Schwerwiegende unerwünschte Wirkungen traten nach der höchsten Dosierung auf. Lokale Reaktionen, aber auch systemische Reaktionen, wie Kopfschmerzen und Fieber, Fatigue, Muskel- und Gelenkschmerzen waren vor allem nach der zweiten Injektion sehr häufig und traten dosisabhängig auf. In zukünftigen Studien soll vorzugsweise die 100 µg Dosierung eingesetzt werden. Phase 3-Studien müssen nun zeigen, ob die Aktivierung des Immunsystems vor einer Infektion schützt und ob die Nebenwirkungen für eine breite Anwendung akzeptabel sind.
17. Juli 2020
Impfstoffe für COVID-19
Seit Beginn der COVID-19 Pandemie wird intensiv nach einem Impfstoff gesucht, Mitte Mai startete die US-Regierung die „Operation Warp Speed“, um bis zum Jahresende 300 Millionen Dosen eines Impfstoffs in den Handel zu bringen. Von mehr als 100 möglichen Kandidaten waren zu diesem Zeitpunkt noch 14 in der engeren Auswahl. Die Tabelle gibt einen Überblick über fünf Impfstoffe, die sich zurzeit in den Phasen 1 und 2 der klinischen Prüfung befinden. Es handelt sich um zwei mRNA-Impfstoffe und drei Vektor-basierte Vakzinen. Da die Ribonukleinsäure instabil ist, müssen spezielle Verfahren angewandt werden, um das genetische Material in die Wirtszelle zu transportieren. Durch chemische Stabilisierung und die Verpackung in Nanopartikel kann die Aufnahme der RNA in die Zellen erleichtert werden.
Impfstoff
|
Hersteller, Kooperations-partner |
Beschreibung |
mRNA-1273 |
Moderna / NIAID / BARDA |
mRNA, Lipid-nanopartikel, kodiert für das Spike-Protein |
BNT 162 |
BioNTech / Pfizer / Fosun Pharma |
mRNA, vier mRNA-Formate, Lipid-Nanopartikel, kodieren für das Spikeprotein und die Rezeptor-bindungsdomäne |
rVSV |
MSD, IAVI
|
Vektor-Vakzine, rekombinantes vesikuläres Stomatitisvirus (rVSV), antigenes Ziel ist das Spikeprotein |
Ad26.COV2-S |
Johnson & Johnson, Janssen |
Vektor-Vakzine, replikationsdefektes Adenovirus Typ 26, mit dem Gen für das Spikeprotein |
ChAdOx1
(=AZD1222)
|
AstraZeneca / Jenner Institut der Universität Oxford, BARDA |
Vektor-Vakzine, abgeschwächtes Adenovirus aus Chimpansen, mit dem Gen für das Spikeprotein |
NIAID: National Institute of Allergy and Infectious Diseases
BARDA: Biomedical Advanced Research and Development Authority
IAVI: International AIDS Vaccine Initiative
11. Juli 2020
Antibiotika in der Zahnmedizin
(Heft 4, 2018 jetzt frei verfügbar)
Zahnärztliche Eingriffe werden in der Mundhöhle und damit grundsätzlich in einem bakteriell kontaminierten Bereich vorgenommen. Die Furcht vor einer lokalen oder disseminierten Infektion über eine Bakteriämie ist daher nicht unbegründet; insbesondere bei sogenannten Hochrisikopatienten mit schlechter oraler Hygiene, voran gegangener oder existierender Periodontitis, bei Rauchern und auch bei Grunderkrankungen mit Infektabwehrproblemen muss mit einer erhöhten Infektionsgefahr gerechnet werden. In einer aktuellen Studie aus Helsinki wurde die Bakteriämie nach Zahnextraktion bei Risikopatienten untersucht. Im Gegensatz zu Amoxicilin oder Ampiciliin erwies sich Clindamycin als unwirksam. Damit konnten frühere Befunde aus ähnlich konzpierten Studien bestätigt werden.
Einen Übersichtsartikel zu diesem Thema lesen Sie im Heft 4, 2018 dieser Zeitschrift. Die PDF-Datei ist jetzt frei im Archiv verfügbar.
Weiterhin finden Sie in dem Heft:
Eine detaillierte Beschreibung des Virustatikums Letermovir (PREVYMIS) finden Sie unter „Neueinführungen / Kurzbeschreibungen“. Das neue Arzneimittel wirkt gegen Zytomegalie-Viren (CMV), es hemmt die virale Terminase des Virus. Durch den neuartigen Wirkmechanismus unterscheidet es sich grundsätzlich von anderen verfügbaren Arzneimitteln, die bei CMV-Infektionen gegeben werden können. Angesichts der Resistenzsituation ist es sicherlich als Fortschritt anzusehen, dass nun mehrere Virustatika aus verschiedenen Wirkstoffgruppen für diese Indikationen zur Verfügung stehen.
Der Beitrag zur Aktuellen Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie widmet sich der Mikrobiologischen Diagnostik von C. difficile-Infektionen (CDI).
Epidemiologische Daten verschiedener Studien deuten seit dem Jahr 2000 auf eine Zunahme der Inzidenz von C. difficile – Infektionen hin, wobei ein Teil des Anstiegs auf das zunehmende Bewusstsein der Differentialdiagnose CDI beim Auftreten von Diarrhöen zurückzuführen ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass erst im Lauf dieser Jahre Testsysteme entwickelt wurden, die zeitnah Ergebnisse liefern konnten.
2. Juli 2020
Warum ist Hydroxychloroquin bei COVID-19 nicht wirksam?
In Zellkulturexperimenten mit SARS-CoV-2 zeigte Hydroxychloroquin (HCQ) eine ähnlich hohe in vitro Aktivität gegen das Virus wie Remdesivir. Trotzdem verliefen alle klinischen Studien enttäuschend. Es wurde zunächst berechnet, dass deutlich höhere Konzentrationen im Lungengewebe erzielt werden können, als in vitro für eine Inhibition notwendig ist.1 Dies stellen klinische Pharmakologen der FDA in einer aktuellen Publikation in Frage. Sie verweisen darauf, dass auch in-vitro eine erhebliche intrazelluläre Anreicherung stattfindet. Wenn zur Berechnung die Konzentration benutzt wird, die der Zellkultur zugegeben wird – also die extrazelluläre – muss auch bei den Konzentrationen in der Lunge die extrazelluläre Konzentration eingesetzt werden. Sie gehen davon aus, dass dies der Plasmakonzentration entspricht und berechneten die Quotienten neu. Die Ergebnisse zeigen, dass keine ausreichenden Konzentrationen erwartet werden können.2 Bei Patienten aus der RECOVERY-Studie wurden Serumkonzentrationen von HCQ im Bereich von 0,4 bis 0,6 mg/l bestimmt - Konzentrationen, die kaum höher sind als die EC50 (ca. 0,2 mg/l) in Zellkulturen.3 Da sich die Dosierung aus toxikologischen Gründen nicht weiter erhöhen lässt, sind die „Malariamittel“ trotz ihrer antiviralen und antiinflammatorischen Wirkungen offensichtlich ungeeignet zur Prophylaxe oder Therapie der COVID-19.
2. Juli 2020
Zytokinsturm bei COVID-19?
Interferone, Interleukine, Tumornekrosefaktoren, Chemokine und andere Mediatoren werden vom Immunsystem im Rahmen der Immunabwehr freigesetzt. Die Abgrenzung der komplexen normalen von einer übermäßigen pathologischen Reaktion ist schwierig. Eine erhöhte Zytokinproduktion wird oft als „Zytokinsturm“ bezeichnet, wofür es aber keine exakte Definition gibt. Intensivmediziner aus San Francisco weisen in einem Kommentar darauf hin, dass die Zytokinkonzentrationen bei den COVID-19 Patienten niedriger sind als bei anderen Patienten mit ARDS (acute respiratory distress syndrome). Die Bezeichnung „Zytokinsturm“ ist daher bei Patienten mit einem schweren Verlauf der COVID-19 nicht sinnvoll.
Juni 2020
26. Juni 2020
Tocilizumab bei schwerem Verlauf von COVID-19 Pneumonien
Die sehr schweren Verläufe der COVID-19 sind durch eine übermäßige Reaktion des Immunsystems gekennzeichnet. Durch die erhöhte Produktion zahlreicher Zytokine kommt es zu einer Verschlechterung der klinischen Symptomatik bis hin zum Lungenversagen und Multiorganversagen. Dabei spielt das Interleukin-6 (IL-6) eine Schlüsselrolle. Der monoklonale Antikörper Tocilizumab (RoActembra®) blockiert sowohl den löslichen als auch membrangebundenen IL-6-Rezeptor und unterdrückt dadurch die Entzündungskaskade. Tocilizumab ist in der EU zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis zugelassen und wird nun in prospektiven Placebo-kontrollierten Studien bei COVID-19 Patienten geprüft. Bisher liegen nur Daten aus retrospektiven Studien vor. Aktuelle Ergebnisse einer umfangreichen retrospektiven Analyse aus Italien sind vielversprechend.1 Bei intravenöser oder subkutaner Injektion des Arzneimittels konnten die Risiken für einen tödlichen Verlauf und die Notwendigkeit für eine Beatmung von Patienten mit schwerer COVID-19 Pneumonie signifikant reduziert werden. Da die Studie aufgrund des retrospektiven Designs Limitierungen aufweist, müssen die Ergebnisse der prospektiven Studien abgewartet werden, bevor eindeutige Empfehlungen gemacht werden können.2
26. Juni 2020
COVID-19: EMA empfiehlt Zulassung von Remdesivir für Patienten mit Pneumonie und Hypoxie
Die europäische Zulassungsbehörde EMA empfiehlt das Nukleotid-Analogon Remdesivir (VEKLURY) zur Zulassung für Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren zur intravenösen Behandlung einer COVID-19 Pneumonie mit Hypoxie. Initial wird eine Dosis von 200 mg infundiert, dann täglich 100 mg für vier bis maximal neun Tage. Bereits in der kommenden Woche soll in einem Eilverfahren der Vorgang formal von der Europäischen Kommission abgeschlossen werden.1 Die Zulassung stützt sich im Wesentlichen auf die Placebo-kontrollierte ACTT-1 Studie des US-amerikanischen Instituts NIAID (National Institute of Allergy and Infectious Diseases) bei mehr als 1.000 stationär behandelten Patienten. Bei Gabe des Arzneimittels über 10 Tage besserte sich der klinische Zustand der Patienten im Mittel etwa vier Tage rascher als mit der Placebozubereitung (11 Tage vs. 15 Tage). Der Unterschied war noch etwas größer bei Patienten mit schwerem Verlauf (12 Tage vs. 18 Tage). Bei leichtem oder mittelschwerem Krankheitsverlauf war dagegen kein Unterschied erkennbar (5 Tage in beiden Gruppen). Patienten mit einer extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) oder mechanischen Beatmung profitierten ebenfalls nicht von den Remdesivir-Infusionen. Eine endgültige Analyse der Daten steht noch aus.2
1. First COVID-19 treatment recommended for
EU authorisation. EMA, 25 June 2020
17. Juni 2020
COVID-19: Dexamethason ist bei beatmeten Patienten wirksam
In der RECOVERY-Studie (Randomized evaluation of COVID-19 Therapy) werden in sechs verschiedenen Studienarmen die Wirkungen von Arzneimitteln bei COVID-19 untersucht. Die Sterberate in der als Vergleich herangezogenen Gruppe mit Standardbehandlung war abhängig vom Ausmaß der Lungenfunktionseinschränkung. Innerhalb von 28 Tagen verstarben 41% der Patienten, die beatmet wurden. Die Rate war mit 25% niedriger bei denen, die nur Sauerstoff benötigten und mit 13% am niedrigsten, wenn keine Unterstützung der Atemfunktion notwendig war. Unter den mehr als 2000 Patienten, die mit Dexamethason in niedriger Dosierung von täglich 6 mg behandelt wurden, zeigte sich ein unterschiedliches Therapieergebnis in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung: die Sterberate konnte um ein Drittel bei den beatmeten Patienten reduziert werden (rate ratio: 0,65), bei denen, die nur Sauerstoff erhielten, fiel der Effekt geringer aus (rate ratio: 0,80) und bei denen, die keine Unterstützung der Atemfunktion benötigten, war kein signifikanter Unterschied feststellbar.1 Die Daten zeigen, wie differenziert die therapeutischen Möglichkeiten betrachtet werden müssen. Sie stehen auch im Gegensatz zu den Erfahrungen bei SARS, wonach zunächst ein Einsatz von Glukokortikoiden auch bei COVID-19 grundsätzlich nicht empfohlen wurde, da die Therapie zu einer verlängerten Virusausscheidung führen könnte.2
17. Juni 2020
Heft 3, 2020 der Zeitschrift für Infektionstherapie ist jetzt im Archiv verfügbar (PDF mit Kennwort für Abonnenten).
Die Feuerwehr hat mit Wasser schon manch einen Brand gelöscht – Bakterien verwenden es, um sich gegen die Bedrohung durch Penicilline und andere Antibiotika zu wehren. Als Werkzeug zur Hydrolyse benutzen sie ß-Laktamasen, eine fast unübersehbare Vielfalt dieser Enzyme ist inzwischen entdeckt worden. Ihr Substratprofil ist sehr unterschiedlich, nicht nur Penicilline, auch Cephalosporine und selbst Carbapeneme werden mit Hilfe der ß-Laktamasen durch Wasser inaktiviert. Heute sind diverse Inhibitoren bekannt, die den weit verbreiteten Resistenzmechanismus ausschalten und die Aktivität der Antibiotika wieder herstellen. Einen Überblick über die ß-Laktamasen und ihre Inhibitoren gibt der Leitartikel im neuen Heft der Zeitschrift für Infektionstherapie (PDF-Datei für Abonnenten mit Passwort verfügbar).
Frei verfügbar ist in diesem Heft der Beitrag über das neue, ß-laktamasefeste Cephalosporin Cefiderocol (FETCROJA) in der Rubrik „Neueinführungen / Kurzbeschreibungen“. Es wird nach Komplexbildung mit Eisenionen aktiv durch die äußere Membran gramnegativer Bakterien aufgenommen. Auch gegen Carbapenem-resistente Bakterien besteht eine hohe in vitro-Aktivität. Die bisher vorliegenden klinischen Studien zeigten im Vergleich zu Imipenem / Cilastatin eine mindestens gleich gute Wirksamkeit bei komplizierten Harnwegsinfektionen, einschließlich Pyelonephritis. Bei Patienten mit nosokomialer Pneumonie war es ähnlich wirksam wie Meropenem. Die Verträglichkeit ist gut. Das neue Antibiotikum stellt eine begrüßenswerte Erweiterung der therapeutischen Möglichkeiten bei schwerkranken Patienten mit Infektionen durch multiresistente Erreger dar.
In der Reihe „Aktuelle Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie“ finden Sie einen Beitrag mit dem Titel „Bakteriostase – Bakterizidie: Theorie und Experiment“. Die Begriffe bakteriostatisch und bakterizid leiten sich nicht aus Daten klinischer Studien ab, sondern beruhen auf In-vitro-Untersuchungen mit arbiträr festgelegten Parametern. Sind bakteriostatische Antibiotika den bakteriziden Substanzen unterlegen? Zumindest die experimentellen Daten zeigen, dass bakteriostatisch wirkende Antibiotika sehr wohl zu einer Reduktion der bakteriellen Population führen und darüber hinaus zumindest teilweise die Produktion und Freisetzung von Virulenzfaktoren inhibieren.
16. Juni 2020
FDA widerruft die Notfallzulassung für (Hydroxy)-Chloroquin
Eine Notfallzulassung (emergency use authorization) ist per Definition eine Ausnahmeregelung - die FDA hat in der Vergangenheit nur selten zu dieser Maßnahme gegriffen. Nun widerruft die amerikanische Behörde die Notfallzulassung von (Hydroxy)-Chloroquin für die Therapie von COVID-19 Patienten. Es sei „unwahrscheinlich, dass diese Arzneimittel bei der SARS-CoV-2-Infektion wirksam sind“. Anhaltende Berichte über schwerwiegende kardiale Nebenwirkungen der Medikamente weisen darüber hinaus auf Risiken hin, die mit den Malariamitteln verbunden seien. Die aktuelle Bewertung ergebe keinen Nutzen, der größer sei als die möglichen Risiken. Die Notfallzulassung war am 28. März erlassen worden.
Die Maßnahme weist erneut darauf hin, wie wichtig eine sorgfältige klinische Prüfung von Arzneimitteln ist. Eine rasche Übertragung von in-vitro Daten auf die klinische Anwendung führte schon häufiger auf Irrwege.
FDA, US Food and Drug Administration. HCQ and CQ revocation letter. June 15, 2020 (PDF-Datei)
5. Juni 2020
Publikation zu Hydroxychloroquin zurückgezogen
Mit einer kurzen Mitteilung im Lancet informieren am 4. Juni Mandeep R Mehra von der Harvard Medical School, Boston, und andere Autoren über die Rücknahme ihrer Lancet-Publikation vom 22. Mai 2020. Die dort ausgewerteten Daten von mehr als 96.000 Patienten waren von Surgisphere, einer von dem US-Chirurgen Sapan Desai 2008 gegründeten Firma, zur Verfügung gestellt worden. Die Analyse sollte nun von unabhängigen Dritten überprüft werden, was jedoch aus verschiedenen Gründen nicht möglich war.
Wohl nie zuvor hatte eine Therapiestudie so rasche und weitreichende Konsequenzen gehabt, wie die Arbeit von Mehra und Kollegen. In ihrer multinationalen Registerstudie wurde die Therapie von stationär behandelten COVID-19 Patienten mit (Hydroxy-)Chloroquin ausgewertet. Bei fehlender therapeutischer Wirksamkeit fanden die Autoren ein deutlich gestiegenes Risiko für ventrikuläre Arrhythmien und ein erhöhtes Mortalitätsrisiko. In der Kontrollgruppe mit mehr als 81.000 Patienten verstarben 9,3% der Patienten, bei einer Behandlung mit Hydroxychloroquin plus Makrolid lag die Mortalität bei 23,8% (6221 Patienten). In drei weiteren Gruppen mit (Hydroxy-)Chloroquintherapie zeigten sich ähnliche Resultate. Die Daten wurden von anderen Wissenschaftlern bereits früh nach der Publikation als unplausibel und zweifelhaft eingestuft.
Trotzdem hatte die Publikation weitreichende Konsequenzen. Wenige Tage nach der Veröffentlichung unterbrach die WHO den Hydroxychloroquin-Arm der Solidarity-Studie, auch in Deutschland und mehreren europäischen Ländern wurden Studien mit den Malariamitteln unterbrochen. Nun bestehen auch bei den Autoren erhebliche Zweifel an der Wahrhaftigkeit der Publikation. Die WHO hat inzwischen den Stop des Hydroxychloroquin-Arms wieder aufgehoben.
Da offenbar grundsätzliche Bedenken hinsichtlich der Validität der Daten von Surgisphere bestehen und eine Überprüfung der Rohdaten nicht möglich ist, haben die Autoren eine weitere Publikation, die im New England Journal of Medicine bereits Anfang Mai erschien zurückgezogen. In dieser Arbeit wurde ein möglicher Zusammenhang zwischen COVID-19 und der Therapie mit ACE-Inhibitoren und Sartanen anhand von Surgisphere-Daten analysiert.
4. Juni 2020
COVID-19: Prophylaxe mit Hydroxychloroquin ohne erkennbare Wirkung
Die Ergebnisse aus klinischen Studien mit (Hydroxy-)Chloroquin bei Patienten mit fortgeschrittener COVID-19 sind bisher enttäuschend. Die beschriebene hohe In vitro-Aktivität in SARS-CoV-2 infizierten Zellkulturen lässt sich therapeutisch nicht umsetzen. Zudem wurde von der EMA und anderen Institutionen vor den kardiotoxischen Risiken der Wirkstoffe gewarnt.1 Möglicherweise ist die Erkrankung bereits zu weit fortgeschritten, wenn Patienten stationär behandelt werden müssen. Optimisten vermuteten, dass die antivirale Wirkung bei Patienten besser erkennbar wäre, wenn der Wirkstoff frühzeitig genommen wird. Nun wurde erstmals eine Placebo-kontrollierte Doppelblindstudie publiziert, die eine prophylaktische Verwendung von Hydroxychloroquin bei insgesamt 821 asymptomatischen Personen untersuchte, die in engem Kontakt mit COVID-19-Patienten standen. Innerhalb von vier Tagen nach dem Kontakt im Haushalt oder beruflichen Umfeld wurde das Arzneimittel an die Teilnehmer per Kurier verschickt. Initial bekamen die Teilnehmer 800 mg und bereits sechs bis acht Stunden später weitere 600 mg, anschließend täglich 600 mg. Die Inzidenz neuer COVID-19-Erkrankungen war in den beiden Gruppen nicht signifikant unterschiedlich: 11,8% mit Hydroxychloroquin und 14,3% in der Placebogruppe (95KI: -7,0 bis 2,2; p=0,35). Die Studie hat gewisse Schwächen, die Autoren bezeichnen das Studiendesign als „pragmatisch“. Die Teilnehmer wurden über soziale Netzwerke rekrutiert. Die Diagnosen waren nicht medizinisch bestätigt, ein Labornachweis des Virus konnte wegen des Mangels an Testmöglichkeiten in den USA in dieser Studie nur bei einigen Patienten gemacht werden. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden erfreulicherweise nicht beobachtet, gastrointestinale Beschwerden, wie Übelkeit, Erbrechen oder Diarrhö, waren jedoch deutlich häufiger in der Verum- als in der Placebogruppe.2
2. Juni 2020
Aktuelle Mitteilungen der EMA / CHMP
1. Lefamulin – das erste Pleuromutilin 70 Jahre nach der Entdeckung
Lefamulin (XENLETA) ist das erste Antibiotikum aus der Gruppe der Pleuromutiline, das zur systemischen Anwendung beim Menschen in den Handel kommt. Damit sind sieben Jahrzehnte vergangen zwischen der Erstbeschreibung dieser Antibiotikaklasse und der ersten humantherapeutischen Verwendung. Ende Mai empfahl das EMA-Komitee für Humanarzneimittel (CHMP) die Zulassung des Präparates für die Behandlung der „ambulant erworbenen Pneumonie bei erwachsenen Patienten, wenn die sonst üblichen Antibiotika nicht geeignet sind“. Es wird in etwa zwei Monaten zur Injektion und auch in Tablettenform zur oralen Therapie zur Verfügung stehen. Lefamulin hemmt die bakterielle Proteinbiosynthese und wirkt vor allem im grampositiven Bereich des Spektrums. In zwei umfangreichen klinischen Studien erwies es sich bei täglicher Dosierung von zweimal 600 mg als ebenso wirksam wie einmal täglich verabreichtes Moxifloxacin (400 mg) bei Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie. Diarrhöen und andere gastrointestinale Nebenwirkungen waren die häufigsten Nebenwirkungen.
1. CHMP / EMA, Lefamulin (XENLETA) Summary of opinion (initial authorisation), 28. May 2020
2. Bulevirtid – ein Peptid-Virustatikum zur Therapie der Hepatitis D
Das Hepatitis D-Virus (HDV) kommt nur bei Patienten mit einer Hepatitis B vor – es ist für seine Vermehrung auf das Hepatitis B-Virus (HBV) angewiesen. Die Erkrankung ist in Deutschland selten. Trotz mäßiger Wirksamkeit wird die chronische Infektion bisher mit Peginterferon behandelt, Nukleos(t)id-Analoga sind unwirksam. Bulevirtid (= Myrcludex B, HEPCLUDEX) – ein Wirkstoff mit Peptidstruktur - bindet an den Gallensäuretransporter NTCP (sodium taurocholate co-transporting polypeptide) und blockiert dadurch den Eintritt der Viren in die Hepatozyten. Bei täglicher subkutaner Injektion von 2 mg Bulevirtid sinkt die Konzentration der HDV RNA und die ALT-Werte normalisieren sich. Zusammen mit Peginterferon besteht eine synergistische Wirkung. Bei einigen Patienten kam es auch zu einer HBsAg Serokonversion. Das CHMP hat Bulevirtid Ende Mai zur Zulassung empfohlen.
3. Zabdeno / Mvabea - ein Ebola-Impfstoff mit zwei Komponenten
Das CHMP empfiehlt die Zulassung eines neuartigen Impfregimes gegen Ebola Fieber. Die Vakzination besteht aus zwei Komponenten. Zunächst wird ZABDENO (Ad26.ZEBOV) injiziert, ein Ad26-Vektorimpfstoff, der das Glykoprotein des Zaire-Ebolavirus kodiert. Acht Wochen später wird der Impfstoff MVABEA (MVA-BN-Filo) als booster-Injektion verabreicht, der Glykoproteine verschiedener Ebolavirus-Varianten beinhaltet. In klinischen Studien wurde bei Erwachsenen und Kindern gezeigt, dass eine Immunantwort gegen Ebolaviren induziert wird und dass der Impfstoff sicher ist. Nebenwirkungen treten in Form von lokalen und allgemeinen Reaktionen, wie Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen, auf. Die genaue Schutzwirkung beim Menschen wurde nicht untersucht, sondern aus Tierexperimenten extrapoliert.
Mai 2020
30. Mai 2020
Demnächst: zwei neue Optionen für die antiretrovirale Therapie
1. Temsavir blockt gp-120 und hemmt den Eintritt von HIV
Der Eintritt des HI-Virus in menschliche Zellen ist ein komplexer Vorgang. Zunächst bindet der Erreger mit seinem Glykoprotein gp-120 an CD4-Rezeptoren. Die dadurch ausgelöste Konformationsänderung des gp-120 erleichtert die Bindung an einen Korezeptor, entweder CCR5 oder CXCR4. Eine anschließende weitere Anpassung der Proteinstruktur ermöglicht das Eindringen des Fusionspeptids in die Zellmembran der Wirtszelle und schließlich die Fusion der Membranen. Temsavir und sein Prodrug Fostemsavir sind die ersten Substanzen aus einer neuen Gruppe von antiretroviralen Wirkstoffen, die direkt an gp-120 auf der Virusoberfläche binden und den Konformationswechsel verhindern (Attachment-Inhibitoren). Dieser neuartige Wirkmechanismus ermöglicht die Therapie von Patienten, bei denen andere antivirale Mittel aufgrund von Resistenzentwicklungen nicht mehr wirksam sind. In einer Phase-III-Studie erwies sich Fostemsavir als geeignet zur Behandlung von Patienten mit einer Multiresistenz der HI-Viren. Die Studie wurde Ende März veröffentlicht, bereits vor einigen Monaten wurde ein Zulassungsantrag bei der EMA gestellt.1,2
2. ViiV Healthcare Pressemitteilung, 10. Januar 2020
2. Cabotegravir – eine Injektion pro Monat ist ausreichend
Nach der chemischen Struktur handelt es sich bei dem neuen Cabotegravir um einen engen Verwandten von Dolutegravir. Das pharmakokinetische Verhalten der beiden Integraseinhibitoren unterscheidet sich jedoch deutlich. Cabotegravir wird mit einer Halbwertzeit von etwa 40 Tagen eliminiert. Das ermöglicht ein langes Dosierungsintervall. In zwei klinischen Studien - ATLAS und FLAIR - wurde ein Kombinationspräparat aus Cabotegravir und Rilpivirin einmal pro Monat injiziert und mit der Wirkung einer einmal täglichen Einnahme einer Dreierkombination verglichen. In beiden Studien waren die Patienten zunächst einige Monate mit einer Standardtherapie behandelt worden. Unter diesen Bedingungen erwies sich die monatliche Injektion der Zweierkombination nach 48 Wochen als nicht unterlegen. Trotz einer hohen Rate von lokalen Injektionsreaktionen (>80%), die als leicht bis moderat eingestuft wurden und innerhalb von drei Tagen wieder abgeklungen waren, bevorzugte eine große Mehrheit der Studienteilnehmer die neue Therapieoption.1,2 Weitere Erfahrungen sind notwendig, um den Stellenwert dieser neuen Injektionstherapie genauer abschätzen zu können. Trotz umfangreicher klinischer Prüfung ist das Kombinations-präparat derzeit noch nicht im Handel. Die US-amerikanische FDA versagte dem neuen Arzneimittel im Dezember 2019 die Zulassung mit dem Hinweis auf Herstellungs- und Kontrollprobleme. In Kanada wurde die Kombination unter dem Namen CABENUVA im März 2020 zugelassen.3
3. ViiV Healthcare, Pressemitteilung 20. März 2020
12. Mai 2020
Rote-Hand-Brief
Brivudin – neue Warnhinweise zur Vermeidung lebens-bedrohlicher Interaktionen
Brivudin (ZOSTEX u.a.) wird bei Herpes zoster angewandt. Die gleichzeitige Gabe von Fluorouracil-haltigen Arzneimitteln ist laut Fachinformation strikt kontraindiziert. Ein Mindestabstand von vier Wochen muss bei der Behandlung mit Fluorouracil-haltigen Arzneimitteln eingehalten werden, da das Virustatikum den Abbau des Zytostatikums nachhaltig hemmt (s. Beitrag im Heft 4, 2010 dieser Zeitschrift).
In einem Rote-Hand-Brief wird auf diese lang bekannte, lebensbedrohliche Interaktion erneut aufmerksam gemacht. Mehrere neue Vorsichtsmaßnahmen werden ergriffen. Unter anderem wird die Beschriftung des Umkartons überarbeitet, um noch stärker auf die Einhaltung des 4-Wochen-Intervalls zwischen der Behandlung mit Brivudin und Fluoropyrimidinen hinzuweisen.
7. Mai 2020
Remdesivir – die FDA erteilt Notfallgenehmigung, die EMA überprüft die Datenlage
Die bisher vorliegenden Ergebnisse mehrerer klinischer Studien zur Behandlung der COVID-19 mit Remdesivir waren für die FDA ausreichend, für das Nukleotidanalogon eine Notfallgenehmigung zu erteilen. Die emergency use authorisation (EUA) gilt für Patienten mit einem schweren Verlauf der Erkrankung, der durch eine Sauerstoffsättigung von ≤94% oder die Notwendigkeit der Beatmung oder der extrakorporalen Membranoxygenierung definiert ist. Leber- und Nierenfunktion müssen vor Beginn der Therapie kontrolliert werden, da sich an diesen Organen toxische Wirkungen manifestieren könnten. Die verfügbaren Daten wurden in einem Fact Sheet for health care providers zusammengefasst.
Für Europa hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA ein Rolling Review Verfahren – eine gleitende Überprüfung – für Remdesivir bei COVID-19 eingeleitet. Auch die EMA bezieht sich auf die ACTT-Studie, in der die Krankheitsdauer durch das Virustatikum im Vergleich zu Placebo um etwa vier Tage verkürzt wurde (siehe Infektio Aktuell, 30. April). Zurzeit werden in Deutschland und Europa COVID-19 Patienten im Rahmen von klinischen Studien und Härtefallprogrammen mit dem Medikament behandelt.
Eine kurze Beschreibung der bisher bekannten Eigenschaften des Virustatikums (antivirale Aktivität, Pharmakokinetik, klinische Studien etc.) finden Sie hier (Infektio.de, Antiinfektiva, Neueinführungen / Kurzbeschrei-bungen).
4. Mai 2020
Proteinbindung von Antibiotika, Heft 3, 2018
Die Auswirkungen der Proteinbindung auf die antibakterielle Aktivität der Antibiotika sind seit langem bekannt. Nur der freie, nicht gebundene Anteil ist antibakteriell wirksam. Der Einfluss der Proteinbindung ist jedoch komplex und wird durch die Angabe des Prozentwertes der Bindung allein nicht ausreichend beschrieben. Unabhängig von der Bindung können körpereigene Proteine und Antibiotika synergistische Wirkungen entfalten. Angesichts dieser Erkenntnisse stellt sich die Frage, wie die komplexen Wirkstoff-Protein-Interaktionen am besten in den PK/PD-Berechnungen berücksichtigt werden sollten. Trotz jahrzehntelanger Forschung bleiben selbst bei Phänomenen, die auf den ersten Blick einfach erscheinen, zahlreiche Fragen offen.
Den Übersichtsartikel zu diesem Thema lesen Sie im Heft 3, 2018 dieser Zeitschrift. Die PDF-Datei ist jetzt frei im Archiv verfügbar. Weiterhin finden Sie in dem Heft:
Eine detaillierte Beschreibung des Präparates JULUCA finden Sie unter „Neueinführungen / Kurzbeschreibungen“. Es handelt sich um eine Kombination aus Dolutegravir plus Rilpivirin zur dualen Therapie der HIV-Infektion. Bei Patienten, die seit mindestens sechs Monaten unter einer Dreifachtherapie stabil eingestellt sind, ist ein Wechsel zu der Zweifachbehandlung möglich. Die neue therapeutische Option ist eine interessante Möglichkeit etwa bei Patienten, die ein Tenofovir-haltiges Regime nicht vertragen.
Der Beitrag zur Aktuellen Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie widmet sich der Empfindlichkeitstestung von Pilzen. Ein Aspekt der erfolgreichen Therapie von invasiven Infektionen durch Spross- oder Schimmelpilze ist neben der Prädisposition des Patienten die Empfindlichkeit der Pilze gegenüber Antimykotika. Vom European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing (EUCAST) wurden Testmethoden zur Bestimmung der minimalen Hemmkonzentrationen (MHK) publiziert, welche heute als Referenzmethode gelten. Allerdings ist die Zeitdauer zwischen Abnahme der Probe und dem Eintreffen des Antimykogramms zum Teil sehr lang. Dies ist in vielen Fällen für klinische Entscheidungen in kritischen Fällen zu lange. Künftiges Ziel der Entwicklungen sind schnelle Methoden zur Detektion von Resistenzmechanismen auf molekularer Ebene.
April 2020
30. April 2020
Remdesivir-Infusionen oder Placebo: nur geringe Unterschiede erkennbar
Unter allen bisher untersuchten Wirkstoffen besitzt Remdesivir die höchste in vitro-Aktivität gegen SARS-CoV-2. Die klinischen Studien mit dem Arzneimittel verliefen allerdings eher enttäuschend. Daran ändert auch die erste Placebo-kontrollierte Studie an mehr als 200 Patienten aus China nichts, die im Lancet erschien.
Die Teilnehmer wurden innerhalb von 9 bis 12 Tagen nach Symptombeginn in die Studie aufgenommen. Der Rückgang der Viruslast war in beiden Gruppen sehr ähnlich. Auch die Zeit bis zur klinischen Besserung unterschied sich in der per-protocol-Analyse nur um zwei Tage: 21 Tage bei intravenöser Behandlung mit dem Nukleotidanalogon und 23 Tage bei Infusion einer Placebozubereitung. Betrachtet man Patienten, die innerhalb von maximal 10 Tagen nach Symptombeginn die erste Infusion erhielten, ist der Unterschied etwas deutlicher, aber statistisch nicht signifikant (18 vs. 23 Tage). Bei 12% (18/155) der mit Remdesivir Behandelten musste die Therapie wegen unerwünschter Ereignisse abgebrochen werden, in der Placebogruppe waren es 5% (4/78). Innerhalb von 28 Tagen verstarben 13% (Placebo) bzw. 14% (Remdesivir) der Patienten.
In einer Pressemitteilung berichtet das US-amerikanische Institut NIAID (National Institute of Allergy and Infectious Diseases) über vorläufige Ergebnisse der ACTT-Studie (Adaptive COVID-19 Treatment Trial), die ähnlich konzipiert ist, wie die Untersuchung aus China. Die Zeit bis zur klinischen Besserung lag bei 11 Tagen bzw. 15 Tagen und war damit durch das Arzneimittel signifikant verkürzt; 8% bzw. 11,6% der Patienten verstarben (Remdesivir vs. Placebo), auch in dieser Studie war der Unterschied bei der Sterblichkeit statistisch nicht signifikant (p=0,059).
NIH Clinical Trial Shows Remdesivir Accelerates Recovery from Advanced COVID-19. April 29, 2020
24. April 2020
COVID-19 bei Patienten mit antihypertensiver Therapie – aktuelle Daten aus China
SARS-CoV-2 gelangt über das ACE2-Enzym in die menschlichen Zellen. Arzneimittel, die das Renin-Angiotensin-System beeinflussen, also ACE-Inhibitoren (ACEI) und Angiotensin-1-Rezeptor-Blocker (ARB), werden häufig zur antihypertensiven Therapie eingesetzt. Da in Tierexperimenten eine Zunahme des ACE2 durch diese Wirkstoffe festgestellt wurde sind Bedenken geäußert worden, eine entsprechende Therapie könnte den Verlauf einer COVID-19 ungünstig beeinflussen (siehe Beitrag am 30. März 2020).
Retrospektive Daten von Patienten aus Wuhan, China, zeigen jedoch keine ungünstige Wirkung der Medikamente auf den Verlauf der Infektion.1 Eine weitere, ähnlich konzipierte Datenauswertung von mehr als 1.000 Patienten mit Hypertonie kam zu dem Ergebnis, dass die Einnahme der Antihypertensiva zu einer reduzierten Sterblichkeit führte: 3,7% (7/188) Patienten mit Einnahme von ACEI oder ARB verstarben während des Klinikaufenthalts im Vergleich zu 9,8% (91/940) hypertensiven Patienten, die nicht mit diesen Wirkstoffen behandelt wurden.2
Beide Arbeiten bestätigen die Empfehlungen der Fach-gesellschaften, eine antihypertensive Behandlung mit ACEI oder ARB wegen COVID-19 nicht zu unterbrechen.3
22. April 2020
Remdesivir ist wirksam bei Rhesusaffen mit Corona-virusinfektion bei sehr frühem Behandlungsbeginn
Remdesivir erwies sich als wirksam bei Rhesusaffen, die nur 12 Stunden zuvor mit SARS-CoV-2 infiziert wurden. Insgesamt sechs Tiere erhielten das Nukleotidanalogon am ersten Tag der Studie in einer Dosierung von 10 mg/kg Körpergewicht, in den fünf folgenden Tagen wurden täglich 5 mg/kg infundiert. Die Makaken zeigten weniger Dyspnoe / Tachypnoe und in der röntgenologischen Diagnostik eine geringere Lungenbeteiligung als virusinfizierte Kontrollen, die das Vehikel erhalten hatten. Die Effektivität des Arzneistoffs zeigte sich auch in der histologischen Untersuchung der Lungen nach Abschluss des Versuchs. In der Bronchiallavage wurden bereits nach 12 Stunden deutlich reduzierte Virustiter nachgewiesen, am dritten Tag waren keine infektiösen Viren mehr nachweisbar. In Abstrichen von Nase, Rachen und Rektum blieben dagegen infektiöse Viren im Verlauf der Studie nachweisbar. Die Autoren empfehlen, mit der Behandlung von Patienten so früh wie möglich zu beginnen, um einen maximalen Behandlungserfolg zu erzielen.
Kommentar:
Die Gabe des Virustatikums innerhalb weniger Stunden nach der Infektion entspricht nicht realen Bedingungen im Rahmen der Pandemie. In diesem Versuch wurde eine höhere Dosierung verwendet als in einem früheren Experiment mit Ebolaviren bei Rhesusaffen (10 mg/kg, gefolgt von 3 mg/kg täglich). Die klinischen Studien werden mit einem einheitlichen Dosierungsregime von 200 mg initial, gefolgt von 100 mg täglich durchgeführt. Bei durchschnittlichem Körpergewicht also etwa 3 mg/kg, gefolgt von 1,5 mg/kg täglich. Es stellt sich die Frage, warum beim Patienten niedrigere Dosierungen als bei den nicht-menschlichen Primaten verwendet werden und warum nicht auch in der Klinik eine Dosierung nach Körpergewicht empfohlen wird. Publikationen zur Pharmakokinetik des Remdesivir bei Patienten mit Übergewicht, Niereninsuffizienz oder anderen Situationen, die die Kinetik beeinflussen können, gibt es bisher nicht. Ein nephrotoxisches Potenzial von Remdesivir ist offenbar aus den vorklinischen Studien bekannt.
Da die Infektion häufig unbemerkt oder nur mit einer leichten Symptomatik verläuft und zu Beginn der Erkrankung nicht erkennbar ist, bei welchem Patienten ein schwerer Verlauf zu erwarten ist, wird das Dilemma deutlich. Die intravenöse Infusion eines Arzneistoffs mit möglichen unerwünschten Wirkungen ist nicht bei jedem Patienten sinnvoll und praktikabel, bei schwerem Verlauf kommt dagegen die Behandlung mit dem Virustatikum wahrscheinlich zu spät. Die kritische Frage ist also, welcher Patient zu welchem Zeitpunkt unter Abwägung des Nutzens und der Risiken die Infusionen erhalten soll. Dies kann nur in klinischen Studien geklärt werden.
20. April 2020
Remdesivir bewirkt RNA-Kettenabbruch
Remdesivir hemmt die virale RNA-abhängige RNA-Polymerase (RdRp) und stoppt die Vermehrung von SARS-CoV-2 in niedrigen Konzentrationen. In aktuellen Arbeiten mit dem isolierten Enzym konnten Details des Wirkmechanismus geklärt werden. Im Gegensatz zu einigen klassischen Nukleosidanaloga, die nach Triphosphorylierung und Einbau in die Nukleinsäure unmittelbar einen Kettenabbruch verursachen, geschieht dies nicht sofort, wenn die Polymerase Remdesivir-Triphosphat als Substrat verwendet. Drei weitere Nukleotide werden zunächst der wachsenden Kette hinzugefügt, bevor es zum Kettenabbruch kommt. Dies zeigten Experimente mit gereinigter Polymerase, die aus den viralen Proteinen nsp8 und nsp12 besteht.
20. April 2020
Hydroxychloroquin – kein Nutzen bei Patienten mit hypoxischer COVID-19-Pneumonie
In Frankreich erhielten 84 Patienten mit einer COVID-19-Pneumonie 600 mg Hydroxychloroquin pro Tag nach der Aufnahme in ein Krankenhaus. Die Sauerstoffsättigung lag im Median bei 92%, jeder fünfte wurde innerhalb von sieben Tagen auf die Intensivstation verlegt oder verstarb. Es bestand kein signifikanter Unterschied zu einer Vergleichsgruppe, die bei ähnlich kritischem Zustand das Medikament nicht erhalten hatten. Bei acht der 84 Patienten kam es zu Veränderungen im EKG, die zum Absetzen der Medikation führten. Die Ergebnisse sprechen insgesamt nicht für die Therapie mit Hydroxychloroquin bei COVID-19-Patienten, bei denen eine schwere Pneumonie besteht.
20. April 2020
Studie mit hoch dosiertem Chloroquin abgebrochen
In Manaus, Brasilien, wurden COVID-19-Patienten mit zwei verschiedenen Dosierungen von Chloroquin behandelt: entweder 2 x tgl. 600 mg für 10 Tage (Gesamt: 12,0 g; n=41) oder 1 x tgl. 450 mg nach einer Initialdosis von 2 x tgl. 450 mg für insgesamt fünf Tage (Gesamt: 2,7 g; n=40). Alle Patienten erhielten zusätzlich Azithromycin. Unter den Teilnehmern in der Hochdosisgruppe kam es zu einer deutlichen QT-Verlängerung, bei 19% (7/37) wurde ein QTc-Intervall von >500 msec gemessen, in der Gruppe mit niedriger Dosierung bei 11% (4/36). Bei zwei bzw. einem Patienten kam es zu einer ventrikulären Tachykardie. Im Vergleich zur niedrigeren Dosierung bestand ein Trend zu höherer Sterblichkeit bei Patienten, die zweimal täglich 600 mg erhielten. Die Studie wird fortgesetzt, jedoch werden keine Patienten mehr mit der hohen Dosierung behandelt.
20. April 2020
Antivirale Aktivität von Azithromycin
Azithromycin zählt zu den Makrolidantibiotika - da das Molekül jedoch ein zusätzliches Stickstoffatom besitzt, wird es auch als Azalid bezeichnet. Durch diese Strukturänderung bekommt der Wirkstoff ungewöhnliche pharmakokinetische Eigenschaften. Charakteristisch sind ein hohes Verteilungsvolumen von 31 L/kg und die Anreicherung in sauren Zellorganellen, den Endosomen / Lysosomen. Die damit verbundene pH-Erhöhung beeinträchtigt die Endocytose von Viren und die Freisetzung ihres genetischen Materials. Für Chloroquin sind die Verhältnisse ähnlich, damit könnten zwei Wirkstoffe, die ansonsten sehr unterschiedlich sind, aufgrund ihrer basischen Eigenschaften ähnliche antivirale Wirkungen zeigen. Für SARS-CoV-2 wurde in der Kultur von Verozellen eine inhibitorische Konzentration von 2,1 µM Azithromycin bestimmt (EC50), die Konzentration für Hydroxychloroquin lag in einem ähnlichen Bereich (EC50: 4,17 µM). Unter Berücksichtigung der molekularen Masse von 749 für Azithromycin lässt sich folgendes berechnen: die Serumkonzentrationen nach Gabe einer Einzeldosis von 500 mg liegen unter den Hemmwerten (Quotient: 0,25), in den Alveolarmakrophagen jedoch deutlich darüber (Quotient: 122). Damit sind die pharmakologischen Voraussetzungen für klinische Studien mit Azithromycin bei COVID-19 gegeben. Am 20. April 2020 wurden bei www.clinicaltrials.gov 38 Studien registriert, in denen das Azalid allein oder in Kombination mit Hydroxychloroquin klinisch untersucht wird.
Abbildung: pH-Wert-abhängige Verteilung lipophiler basischer Amine (logP >1; pKa >6,5). Die nicht-ionisierte Form (R-NH2) des Amins diffundiert leicht durch die Zellmembran, die ionisierte Form (R-NH3+) jedoch nicht. Die Anreicherung der ionisierten Form in Lysosomen findet statt, weil das geladene Molekül nicht zurückdiffundieren kann (sog. „Ionenfalle“). Diese Situation trifft zu für die basischen Wirkstoffe Azithromycin und Chloroquin bzw. Hydroxychloroquin.
16. April 2020
Bayer spendet Chloroquin-Tabletten
Bayer produzierte jahrzehntelang Chloroquin, stellte aber vor einigen Monaten die Produktion ein (siehe Beitrag am 14. März 2020). Inzwischen wurde diese Entscheidung revidiert und Bayer hat bereits mehrere Millionen Tabletten Chloroquin an Regierungen verschiedener Länder gespendet, darunter China, Italien und die USA. Aktuell meldet das Pharmaunternehmen, dass acht Millionen Chloroquin-Tabletten an die deutsche Bundesregierung gespendet werden, um den Kampf gegen COVID-19-Erkrankungen zu unterstützen.
Bayer AG, Corona-Ticker, 14. April 2020
15. April 2020
Arzneimittelentwicklung in Zeiten der Pandemie
Die Ungeduld ist verständlich: da Hydroxychloroquin in Zellkulturen die Vermehrung von SARS-CoV-2 bereits bei Konzentrationen im mikromolaren Bereich hemmt, sollte es auch zur Therapie der COVID-19 geeignet sein. Warum dauert es so lange, bis diese oder eine andere Substanz – zum Beispiel Remdesivir - zugelassen wird? Gut ein Dutzend Wirkstoffe sind seit Wochen in der Diskussion.1 Die Erfahrung zeigt jedoch, dass kurze Schlussfolgerungen zu falschen Empfehlungen führen können.
Während der H1N1-Influenza-Epidemie 2009 / 2010 wurde von der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA das Prüfpräparat Peramivir für schwerkranke Influenza-Patienten freigegeben. Der Wirkstoff hemmt in vitro die Virusvermehrung bereits bei nanomolaren Konzentrationen, ein möglicher therapeutischer Nutzen erschien daher wahrscheinlich. Es handelte sich dabei um ein neues administratives Procedere, eine emergency use authorisation (EUA). Erst einige Jahre später zeigte eine randomisierte, Placebo-kontrollierte Studie, dass der Neuraminidaseinhibitor im Vergleich zu Placebo keinen Nutzen bei Patienten mit komplizierter Influenza hat. Die heutige Zulassung erstreckt sich daher auf die Behandlung der unkomplizierten Grippe.2,3
Nun hat die FDA – wohl auch unter dem wachsenden öffentlichen Druck – zum zweiten Mal in ihrer Geschichte eine EUA für veröffentlicht, diesmal für Hydroxychloroquin bei COVID-19 (s. Beitrag am 31. März 2020). Die Resultate kontrollierter Studien wurden nicht abgewartet. Bleibt zu hoffen, dass die Entscheidung in Kürze durch die Ergebnisse randomisierter Studien bestätigt wird.
2. Rome B, Avorn J. Drug evaluation during the Covid-19 Pandemic. N Engl J Med 2020 Apr 14 (ahead of print) FREE FULL TEXT
3. Full prescribing information RAPIVAB (peramivir injection).
11. April 2020
Leitlinien der IDSA zu COVID-19
(Infectious Diseases Society of America)
Zahlreiche Empfehlungen zur Behandlung von Patienten mit einer SARS-CoV-2-Infektion wurden in den vergangenen Wochen ausgesprochen. Bisher steht keine auf dem soliden Fundament klinischer Studien. Ungewöhnlich rasch hat die IDSA (Infectious Diseases Society of America) alle verfügbare Evidenz zur Behandlung von COVID-19-Patienten zusammengetragen und als Leitlinie veröffentlicht. Immerhin werden sieben Empfehlungen gegeben, stets wird dabei die Behandlung im Rahmen einer klinischen Studie als notwendig bezeichnet. Eine regelmäßige Aktualisierung wird folgen, ebenso wie Leitlinien zur Diagnostik und Prävention der Erkrankung.
Infectious Diseases Society of America, April 11, 2020
Guidelines on the Treatment and Management of Patients with COVID-19 Infection
11. April 2020
Redaktion und Herausgeber der Zeitschrift für Infektionstherapie wünschen allen Lesern von Infektio Aktuell trotz der momentanen Einschränkungen erholsame Feiertage und weiterhin gute Gesundheit. Seien Sie zur rechten Zeit am rechten Ort - so wie der Doktorand im folgenden Beitrag!
11. April 2020
COVID-19 statt Masern – ein Doktorand wechselt das Thema
Ensheng Dong war zur rechten Zeit am rechten Ort. Er arbeitet im ersten Jahr als Doktorand am Institut für Ingenieurswesen an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore. Sein Thema war zunächst die Ausbreitung der Masern als seine Betreuerin, Lauren Gardner vom Center for Systems Science and Engineering ihm vorschlug, das Thema zu wechseln. Statt Masern sollte er sich nun der neuen Krankheit aus China widmen, die inzwischen als COVID-19 bekannt ist. Dank der Vorarbeiten war die website in kurzer Zeit fertig, bereits am 22. Januar war sie verfügbar. Die Urheber hatten einige hundert bis tausend Besucher pro Tag erwartet, heute wird die „Anzeigetafel“ täglich mehr als 1 Milliarde mal aufgerufen. Trotz gewisser Mängel und gelegentlicher Kritik an dem methodischen Vorgehen, wird die Seite heute in aller Welt von Wissenschaftlern, Medien und anderen als eine wichtige Quelle für die Beschreibung der aktuellen Situation der SARS-CoV-2-Pandemie genutzt.
11. April 2020
Remdesivir bei schwerkranken COVID-19-Patienten
Die ersten Ergebnisse einer Therapie von COVID-19-Patienten mit Remdesivir aus dem compassionate use-Programm des Herstellers sind von großem Interesse. Daten von 53 schwerkranken Patienten aus den USA, Europa und Japan wurden am 10. April im New England Journal of Medicine veröffentlicht. Mehr als die Hälfte der Infizierten musste beatmet werden. Remdesivir wurde initial einmal in einer Dosierung von 200 mg verabreicht, anschließend wurden täglich 100 mg des Nukleotidanalogons infundiert. Innerhalb einer Beobachtungszeit von 18 Tagen (Median) kam es zu einer klinischen Besserung bei 36 Patienten (68%), 25 konnten entlassen werden. Sechs von 34 Patienten (18%), die entweder mechanisch beatmet wurden oder bei denen eine extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) durchgeführt wurde, verstarben. Bei den weniger schwer Erkrankten ohne invasive Beatmungsmaßnahmen gab es einen tödlichen Verlauf (5%). Remdesivir war offenbar gut verträglich, die beobachteten unerwünschten Ereignisse können Arzneistoff- oder Krankheits-bedingt sein. Toxikologische Untersuchungen mit dem Hemmstoff der viralen RNA-Polymerase hatten Hinweise auf ein nephrotoxisches Potenzial gegeben, entsprechende Beobachtungen wurden bei diesen Patienten nicht gemacht. Nutzen und Risiken einer Behandlung mit Remdesivir wird man erst genauer abschätzen können, wenn Ergebnisse aus kontrollierten Studien vorliegen.
Grein J et al. Compassionate Use of Remdesivir for Patients with Severe Covid-19. N Engl J Med. 2020 Apr 10 [Epub ahead of print] FREE FULL TEXT
9. April 2020
Neue Ausgabe der Zeitschrift für Infektionstherapie
Heft 2, 2020 der Zeitschrift für Infektionstherapie ist jetzt im Archiv verfügbar (PDF mit Kennwort für Abonnenten).
Der Übersichtsartikel fasst den aktuellen Stand der „Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie“ zusammen. Die ambulant erworbene Pneumonie ist die häufigste Infektionserkrankung in den westlichen Industrieländern, die zur Krankenhauseinweisung führt. In Deutschland wird jährlich mit 600.000 bis 700.000 Pneumonien gerechnet, davon werden 280.000 stationär behandelt mit steigender Tendenz. Diagnostisch müssen Symptome und klinische Befunde erhoben sowie der Schweregrad möglichst zügig eingeordnet werden, da diese über eine ambulante oder stationäre Behandlung entscheiden (CRB-65-Score). Aminopenicilline kombiniert mit Betalaktamase-Inhibitoren sind die führenden Antibiotika, die bei Verdacht auf atypische Erreger mit Makroliden kombiniert werden.
Frei verfügbar ist in diesem Heft der Beitrag über ein Kombinationspräparat zur dualen Behandlung der HIV-Infektion in der Rubrik „Neueinführungen / Kurzbeschrei-bungen“. Vor etwa zwei Jahren wurde der Integraseinhibitor Dolutegravir in Kombination mit Rilpivirin unter dem Handelsnamen JULUCA als erste Zweierkombination zur antiretroviralen Therapie eingeführt. Nun steht auch die Kombination aus Dolutegravir mit dem Nukleosid Lamivudin unter dem Handelsnamen DOVATO zur Verfügung
In der Reihe „Aktuelle Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie“ finden Sie einen weiteren Beitrag mit dem Titel „Zoonosen (2)“. Eine meldepflichtige Anthropozoonose mit steigenden Fallzahlen ist die Infektion durch Francisella tularensis. Die Letalität ist bei unbehandelten Personen mit 30% bis 60% hoch, dabei handelt es sich überwiegend um eine Infektion durch F. tularensis subsp. tularensis, die in Nordamerika vorkommt. Die in Europa und Asien auftretenden menschlichen Infektionen durch F. tularensis subsp. holarctica (Biovare 1 und 2) verlaufen dagegen meist leichter.
2. April 2020
Randomisierte Studie zur Therapie mit Hydroxychloroquin
Daten über Wirkungen und Nebenwirkungen von Hydroxychloroquin aus randomisierten Studien werden dringend erwartet. In einer Vorabveröffentlichung berichten Ärzte aus Wuhan über insgesamt 62 COVID-19-Patienten mit einem mittleren Lebensalter von etwa 45 Jahren. Jeder zweite erhielt zusätzlich zur üblichen Versorgung Hydroxychloroquin in einer Dosierung von 400 mg täglich. Knapp zwei Drittel der Teilnehmer zeigten bei Studienbeginn Fieber und Husten, die Dauer dieser Symptome war in der Hydroxychloroquingruppe von etwa drei auf zwei Tage reduziert. Bei vier Patienten verschlechterte sich der Zustand – alle gehörten zu der Kontrollgruppe. In zwei Fällen wurde eine unerwünschte Arzneimittelwirkung beobachtet. Ein Patient hatte einen Hautausschlag, ein anderer bekam Kopfschmerzen, die natürlich auch krankheitsbedingt sein könnten. Da in der Studie nur über eine geringe Zahl von Patenten berichtet wird, sind weitere Publikationen für eine rationale Bewertung der COVID-19-Therapie mit dem antiiflammatorisch wirksamen Arzneimittel dringend notwendig.
März 2020
31. März 2020
FDA: Zulassung von Chloroquin / Hydroxychloroquin
Trotz unzureichender Datenlage hat die US-amerikanische FDA am 28. März 2020 die beiden Arzneistoffe Chloroquin und Hydroxychloroquin zur oralen, notfallmäßigen Anwendung bei Patienten mit COVID-19 zugelassen. Die Behörde empfiehlt die Teilnahme an klinischen Studien, in denen die Wirksamkeit und Verträglichkeit der antiinflammatorisch wirksamen Substanzen überprüft wird.
31. März 2020
COVID-19 und RAAS – klinische Studien prüfen den möglichen Nutzen von Losartan
Manche Kommentatoren spekulieren im Zusammenhang mit einer COVID-19 über einen möglichen negativen Effekt durch Antihypertensiva, die das RAAS beeinflussen. Bemerkenswert ist daher das Konzept von zwei klinischen Studien, in denen die Wirkung von Losartan im Vergleich zu Placebo bei mehr als 700 Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion untersucht wird. Die Teilnehmer dürfen bisher keine RAAS-Inhibitoren erhalten haben und werden entweder stationär (NCT04312009) oder ambulant (NCT04311177) mit dem Sartan bzw. Placebo behandelt. Eine Übersicht im NEJM verdeutlicht die offenen Fragen im Zusammenhang mit solch einem therapeutischen Ansatz.
30. März 2020
COVID-19 und ACE2 - die Zusammenhänge sind komplex und müssen in gezielten Studien untersucht werden
Das Coronavirus SARS-CoV-2 benutzt das Angiotensin-Konversionsenzym-2 (ACE2) als Rezeptor, um in die Zellen des menschlichen Körpers zu gelangen. ACE2 ist Teil des komplexen RAAS (Renin-Angiotensin-Aldosteron-System). Gut verträgliche Arzneimittel, wie ACE-Inhibitoren und Angiotensinrezeptor-Antagonisten (Sartane), beeinflussen das System und werden daher häufig bei Hypertonie und anderen Erkrankungen angewandt.
Zunehmend werden Spekulationen verbreitet, die den Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion mit einer Behandlung mit den genannten Medikamenten in Verbindung bringen. Diese Spekulationen sind oberflächlich und könnten gefährliche Folgen haben. Mehrere Fachgesellschaften und auch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA haben in eindeutigen Stellungnahmen darauf hingewiesen, dass kein Anlass besteht, eine laufende Medikation mit ACE-Inhibitoren oder Sartanen zu verändern.1,2 Wissenschaftliche Studien sind notwendig, um zu klären, ob diese Medikamente den Verlauf einer COVID-19 beeinflussen können. Eine rein theoretische Ableitung aus den bisher bekannten Zusammenhängen ist spekulativ und kann zu falschen Schlussfolgerungen führen.3
2. ESH (European Society of Hypertension) ESH UPDATE ON COVID-19. March 19, 2020
3. Hanff TC, Harhay MO, Brown TS, Cohen JB, Mohareb AM. Is There an Association Between COVID-19 Mortality and the Renin-Angiotensin System-a Call for Epidemiologic Investigations. Clin Infect Dis. 2020 Mar 26.[Epub ahead of print] PubMed PMID: 32215613
Abbildung:
Rolle des SARS-CoV-2-Rezeptors ACE2 im RAAS
28. März 2020
Struktur der Protease von SARS-CoV-2 aufgeklärt
Virale Proteasen sind ein geeignetes Ziel für Arzneistoffe zur Behandlung von Virusinfektionen. Allerdings unterscheiden sich die Proteasen verschiedener Viren, mögliche Wirkstoffe müssen daher gezielt entwickelt werden. Bekannte und häufig angewandte Proteaseinhibitoren zur Behandlung der HIV-Infektion sind Lopinavir/r oder Darunavir. Bei chronischer Hepatitis C kommt zum Beispiel Glecaprevir in Kombinationen mit anderen Substanzen zum Einsatz. Diese Moleküle wurden gezielt entwickelt nachdem die Struktur der Protease bekannt war. Die Aufklärung der detaillierten Struktur der Protease von SARS-CoV-2 stellt daher einen wichtigen Schritt bei der Entwicklung von Proteaseinhibitoren dar, die bei Infektionen mit Coronaviren eingesetzt werden könnten. Über die Struktur der Protease und mögliche Kandidaten zur Entwicklung von Arzneistoffen wird in einer aktuellen Veröffentlichung in Sience berichtet. Eine Verbindung aus der Gruppe der α-Ketoamide hemmt die Proteasen (Mpro) von SARS-CoV, MERS-CoV und SARS-CoV-2 bei Konzentrationen von 0,6 bis 0,9 µM.
Zhang L, Lin D, Sun X, Curth U, Drosten C, Sauerhering L, Becker S, Rox K, Hilgenfeld R. Crystal structure of SARS-CoV-2 main protease provides a basis for design of improved α-ketoamide inhibitors. Science. 2020 Mar 20. pii: eabb3405. doi: 10.1126/science.abb3405. [Epub ahead of print] PubMed abstract PMID: 32198291.
26. März 2020
Kurzbeschreibung: Chloroquin und Hydroxychloroquin
Chloroquin und Hydroxychloroquin sind lang bekannte Arzneistoffe mit sehr ungewöhnlichen pharmakologischen Eigenschaften. Das scheinbare Verteilungsvolumen ist sehr hoch, es liegt bei etwa 800 l/kg Körpergewicht. Die Elimination erfolgt sehr langsam mit einer Halbwertzeit von mehreren Wochen. Die Risiken und Nebenwirkungen sind unter anderem abhängig von der Dosis, der Dauer der Anwendung und der Erkrankung bei der sie angewandt werden. Eine detaillierte Kurzbeschreibung der beiden Medikamente finden Sie hier.
24. März 2020
Hydroxychloroquin – antivirale Wirkung des Malaria-mittels auf dem Prüfstand
Chloroquin und Hydroxychloroquin werden zurzeit in mehreren klinischen Studien auf ihre Eignung als Medikamente zur Prophylaxe und Therapie von COVID-19 untersucht. Die antivirale Wirkung der Malariamittel hängt offenbar mit der Anreicherung der basischen Wirkstoffe in subzellulären Kompartimenten zusammen.
Replikation des Virus. Nach der Bindung des Virus an ACE2 kommt es zu Änderungen in der Konformation des S-(spike)-Proteins und zu einer Spaltung des Proteins durch die transmembranäre Protease TMPRSS2. Das Virus wird durch Endozytose aufgenommen und in den frühen und späten Endosomen in die Zelle transportiert. Bei niedrigen pH-Werten spaltet die Wirtsprotease Cathepsin L das virale S-Protein und die Virushülle fusioniert mit der Phospholipidmembran der Endosomen. Die virale Positivstrang(+)-RNA wird ins Zytoplasma entlassen und in einen Negativstrang transkribiert. Dieser dient als Vorlage für die Synthese der viralen mRNA. Infizierte Zellen enthalten etwa 10 bis 100 mal mehr (+)RNA als (-)RNA. Die von zellulären Ribosomen synthetisierten viralen Proteine gelangen über das endoplasmatische Retikulum in den Golgi-Apparat. Neue Virionen werden aus Proteinen und (+)-RNA zusammengesetzt und werden in Vesikeln an die Zellmembran transportiert und durch Exozytose freigesetzt.
Beeinflussung durch Chloroquin / Hydroxychloroquin. Zwei wichtige Angriffspunkte werden für Chloroquin / Hydroxy-chloroquin bei diesen Vorgängen postuliert (siehe Abbildung):
(1) es stört die terminale Glykosylierung des ACE2-Proteins und hemmt dadurch die Bindung des Virus an die Zellen,
(2) der saure pH-Wert der Endosomen wird durch den basischen Arzneistoff erhöht, Cathepsin L benötigt ein saures Milieu zur Spaltung des viralen S-Proteins.
Weitere Möglichkeiten bestehen in einer Reduktion der MAK-Kinase-Aktivierung oder einem Einfluss auf die Reifung des viralen M-Proteins. Nicht zuletzt könnte eine Aktivierung von gegen das Virus gerichteten CD8+-Zellen erfolgen und die Bildung proinflammatorischer Zytokine abnehmen (Devaux et al. 2020).
Strukturformeln der 4-Aminochinoline Chloroquin (links) und Hydroxychloroquin
20. März 2020
Überblick: Klinische Studien bei Patienten mit COVID-19
Einen aktuellen Überblick über Hintergrund und Design ausgewählter klinischer Arzneimittelstudien bei Patienten mit COVID-19 gibt eine Übersichtsarbeit im Deutschen Ärzteblatt, Heft 13, 2020. Die Ausgabe erscheint in der kommenden Woche, der Beitrag ist vorab verfügbar.
20. März 2020
Hydroxychloroquin und COVID-19
► Bericht aus Marseille:
Abnahme der Virusausscheidung unter Hydroxychloroquin
In einem Bericht aus Marseille wird über die Behandlung von COVID-19 mit Hydroxychloroquin berichtet. Bei einer kleinen Gruppe von 20 Patienten wurde unter der Behandlung mit Hydroxychloroquin eine deutliche Reduktion der Virusausscheidung beobachtet, der Effekt war noch ausgeprägter bei gleichzeitiger Gabe von Azithromycin. Die Studie war nicht randomisiert und weist andere methodische Mängel auf, die Ergebnisse sollten daher zurückhaltend interpretiert werden, deuten aber auf eine mögliche Wirksamkeit des Arzneistoffes hin.1
► Prophylaxestudie mit Hydroxychloroquin in Katalonien
Ärzte aus Katalonien berichten im Lancet über ihre Pläne für eine groß angelegte randomisierte Studie mit dem Wirkstoff Hydroxychloroquin zur medikamentösen Prophylaxe von Infektionen mit SARS-CoV-2. In der ersten Version der Ankündigung bei www.clinicaltrials.gov (NCT04304053) wurde Chloroquin als Medikament genannt, was nun geändert wurde. Bei Kontaktpersonen sollen entweder die empfohlenen Standardmaßnahmen erfolgen oder sie sollen zusätzlich das Arzneimittel erhalten, das bisher nicht zur Therapie oder Prophylaxe von Infektionen durch Coronaviren zugelassen ist.2
► Nebenwirkungen von Hydroxychloroquin müssen beachtet werden
Bei allem Optimismus über mögliche medikamentöse Maßnahmen zur Prophylaxe oder Therapie der COVID-19 sollte nicht vergessen werden, dass auch mit den beiden Malariamitteln schwerwiegende unerwünschte Wirkungen auftreten können. Erhöhte Risiken bestehen zum Beispiel bei Patienten mit Herzerkrankungen, eine Verlängerung des QT-Intervalls ist bekannt. Mögliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln müssen beachtet werden. Eine fundierte Nutzen-Risikoabwägung kann erst bei Vorliegen weiterer Studienergebnisse gemacht werden.3
3. Fachinfo Quensyl (Hydroxychloroquin)
19. März 2020
Lopinavir unwirksam bei schwerkranken Patienten mit COVID-19
Unter den häufig genannten Arzneimitteln für eine Behandlung der COVID-19 ist auch Lopinavir. Es inhibiert die Replikation von HIV und ist in Kombination mit einer geringen Dosis Ritonavir zur Verbesserung der Pharmakokinetik unter dem Namen Kaletra zur Behandlung der HIV-Infektion im Handel. Ärzte in China behandelten 99 schwerkranke Patienten mit COVID-19 zusätzlich zu den Standardmaßnahmen mit Lopinavir/Ritonavir (2 x tgl. 400 mg/100 mg), 100 Patienten in der Kontrollgruppe erhielten nur die Standardtherapie. Die im NEJM veröffentlichten Ergebnisse sind enttäuschend.1 Der Proteaseinhibitor beeinflusste den klinischen Verlauf der Infektion mit SARS-CoV-2 nicht signifikant. Die Zeit bis zur klinischen Besserung lag in beiden Gruppen bei 16 Tagen. Ein geringer Unterschied in der Zahl der verstorbenen Patienten könnte durch Unterschiede bereits zu Beginn der Studie bedingt sein, die als offene Studie konzipiert und nicht verblindet war.2
2. Baden LR, Rubin EJ. Covid-19 - The Search for Effective Therapy. N Engl J Med 2020 Mar 18 [Epub ahead of print] FREE FULL TEXT
14. März 2020
Hemmung von SARS-CoV-2 durch Hydroxychloroquin im Vergleich mit Chloroquin in vitro
In einer aktuellen Veröffentlichung wird die mögliche therapeutische Anwendung von Hydroxychloroquin bei einer COVID-19 diskutiert. Die Autoren von der Peking University fanden in Zellkulturexperimenten mit dem Erreger SARS-CoV-2 sehr niedrige inhibitorische Konzentrationen von 0,72 µM für das Hydroxylderivat im direkten Vergleich zu Chloroquin (5,47 µM). Beide Angaben sind EC50–Werte, also Konzentrationen, die eine halbmaximale Hemmung der Virusreplikation verursachten. Sie berechneten, dass bei einer Initialdosis von zweimal 400 mg und anschließender Dosierung von zweimal 200 mg Hydroxychloroquin-Sulfat täglich deutlich höhere Konzentrationen im Lungengewebe vorhanden sein sollten, als in vitro für eine Inhibition notwendig ist. Gemessen wurden die Konzentrationen allerdings nicht und klinische Studien, die einen möglichen Nutzen einer solchen Behandlung überprüfen, liegen auch noch nicht vor.
Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen des Hydroxy-chloroquin zählen gastrointestinale Störungen. Als schwerwiegende Nebenwirkungen sind Hypoglykämien, ZNS-Störungen (Krampfanfälle), Retinopathie und andere Augenschäden, Exantheme und andere Effekte bekannt. Eine Einnahme des Medikamentes setzt zwingend eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Bewertung voraus.
14. März 2020
Resochin: Bayer stellt den Vertrieb eines klassischen Arzneimittels ein
Der Hersteller Bayer hat den Vertrieb des Malariamittels RESOCHIN (Wirkstoff: Chloroquinphosphat) vor einigen Monaten eingestellt. Das Arzneimittel wurde bereits in den 1930er Jahren erstmals synthetisiert und von Bayer seit 1950 hergestellt und vertrieben. Während die Bedeutung als Malariapräparat in Laufe der Jahrzehnte aufgrund von Resistenzentwicklungen bei den Malaria-verursachenden Plasmodien zurückging, wurde es lange Zeit auch zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen angewandt. Chloroquin ist als Generikum weiterhin im Handel.
3. März 2020
Ausbreitung von Erkrankungen durch SARS-CoV-2
- Realtime-Website der Johns Hopkins University -
Eine Echtzeit-Übersicht zum aktuellen Stand der weltweit nachgewiesenen COVID-19 Erkrankungen bietet eine Website der Johns Hopkins University (Baltimore, USA).
Publikation:
Dong E, Du H, Gardner L. An interactive web-based dashboard to track COVID-19 in real time.
3. März 2020
Nosokomiale Pneumonie (Heft 2, 2018)
In aktuellen nationalen und internationalen Leitlinien zum Management der nosokomialen Pneumonie werden weitgehend übereinstimmende Empfehlungen gegeben. Die Diagnosestellung sollte die umfangreichen, nicht infektiösen Differentialdiagnosen berücksichtigen, um unnötige Antibiotika zu vermeiden. Die Auswahl der Antibiotika sollte sich an individuellen Risikofaktoren, Schwere der Infektion und der lokalen Erregerepidemiologie und Resistenzsituation orientieren. Eine Reevaluation nach zwei bis drei Tagen wird nachdrücklich empfohlen, um den Therapieverlauf zu beurteilen und eine mögliche Deeskalation einzuleiten.
Den Übersichtsartikel zu diesem Thema lesen Sie im Heft 2, 2018 dieser Zeitschrift. Die PDF-Datei ist jetzt frei im Archiv verfügbar.
Weiterhin finden Sie im Heft 2, 2018:
Eine detaillierte Beschreibung des Kombinationspräparates VOSEVI finden Sie unter „Neueinführungen / Kurzbeschreibungen“. Zur Therapie der chronischen Hepatitis C wird in diesem Medikament erstmals der Proteaseinhibitor Voxilaprevir angeboten. Bei einmal täglicher Verabreichung war die Kombination gut wirksam und verträglich auch bei Patienten, die bereits mit anderen Virustatika behandelt worden waren.
Der Beitrag zur Aktuellen Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie widmet sich der Bakterientypisierung. Ein Beispiel für die Bedeutung der Typisierung ist C. difficile. Anfangs wurde versucht, epidemiologische Zusammenhänge durch Serotypisierung herzustellen, heute steht eine Reihe von molekularbiologischen Methoden zur Verfügung.
Februar 2020
28. Februar 2020
Cefiderocol (FETCROJA) zur Zulassung empfohlen
Am 27. Februar hat das CHMP (EMA) Cefiderocol zur Zulassung empfohlen. Unter dem Handelsnamen FETCROJA wird es in Europa zur parenteralen Behandlung von Infektionen durch gramnegative Bakterien verfügbar sein. Mit der Zulassung des Siderophor-Cephalosporins durch die Kommission ist in ca. zehn Wochen zu rechnen. Das neuartige an diesem Antibiotikum ist der Mechanismus, über den es in die Bakterienzelle gelangt. Nach der Bindung von Eisen an das Cefiderocol-Molekül wird der Komplex über spezifische Eisentransporter in den periplasmatischen Raum einer gramnegativen Bakterienzelle aufgenommen. Hier kann es die Enzyme der Zellwandsynthese (PBP) hemmen, während die Eisenionen weiter in das Zellinnere transportiert werden.
EMA, Summary of Opinion Cefiderocol (FETCROJA)
27. Februar 2020
COVID-19: Klinische Studien mit Remdesivir
Das von der Firma Gilead entwickelte Nukleotid-Analogon Remdesivir (GS-5734) zeigte in Zellkulturexperimenten eine hohe Aktivität gegen das neue Coronavirus SARS-CoV-2 (siehe Infektio Aktuell am 3. und 6. Februar). In den vergangenen Tagen wurden drei klinische Studien initiiert, in denen die Sicherheit und Wirksamkeit des Arzneistoffs untersucht werden soll. Da bisher keine etablierte, spezifische Therapie für die Infektion bekannt ist, sind alle als Placebo-kontrollierte Doppelblindstudien konzipiert. Das Virustatikum wird initial in einer Dosis von 200 mg injiziert, danach werden täglich einmal 100 mg infundiert. Zwei Studien werden in China und eine in den USA durchgeführt. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Einschlusskriterien, wie Schweregrad und Dauer der Erkrankung bis zum Zeitpunkt der Randomisierung. Die beiden Studien aus Peking mit zusammen etwa 750 Patienten sollen bis Ende April 2020 abgeschlossen sein, für die vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) durchgeführte US-Studie ist ein Studienende erst im April 2023 vorgesehen. Ob es wirklich so lange dauern wird bis die vorgesehenen 394 Teilnehmer aufgenommen werden, hängt entscheidend vom weiteren Verlauf der Epidemie ab. Details zu allen Studien sind auf der Website www.clinicaltrials.gov (Remdesivir) abrufbar.
24. Februar 2020
Makrolide: kontraindiziert in der Schwangerschaft!
Unter der Überschrift „Ist Erythromycin ein teratogenes Antibiotikum?“ berichteten wir bereits im Heft 4, 2006 über eine Arbeit aus Schweden, in der teratogene Wirkungen von Erythromycin beschrieben werden. Die Autoren fanden eine Assoziation der Makrolid-Behandlung in der Frühschwangerschaft mit kindlichen Fehlbildungen, wie Ventrikelseptumdefekten und Pylorusstenosen. Im Heft 3, 2011 wurde das Thema „Antibiotika in der Schwangerschaft“ umfassender dargestellt. Beide Hefte sind im PDF-Format im Archiv frei verfügbar.
In einer aktuellen Publikation berichten Wissenschaftler aus London, UK, ein weiteres Mal über ein erhöhtes Risiko für kindliche Fehlbildungen bei einer Makrolidtherapie in der Schwangerschaft.1 Im Vergleich zu Penicillin waren Fehlbildungen bei Kindern häufiger, wenn die Schwangeren mit Makroliden behandelt worden waren (2,15% vs. 1,74%). Vergleicht man die Fehlbildungsraten in den einzelnen Trimestern zeigte sich eine Erhöhung von 2,77% im 1. Trimester – also während der Organogenese - im Vergleich zu 1,95% im 2./3. Trimester. Einen entsprechenden Unterschied gab es bei den mit Penicillin behandelten Frauen nicht (1,77% und 1,73%). Die Auswertung bezieht sich praktisch nur auf Erythromycin und Clarithromycin, da die Zahl der Azithromycin-behandelten Patienten zu klein war. Bemerkenswert ist, dass Clarithromycin bereits in den präklinischen Tierexperimenten ein teratogenes Potenzial zeigte. In keiner der bisherigen Studien zu dieser Thematik wurde das in Deutschland häufig verordnete Roxithromycin untersucht, da dieses Makrolid in den meisten anderen Ländern nicht im Handel oder nicht gebräuchlich ist. Makrolide sollten in der Schwangerschaft nicht verordnet werden, wenn andere Antibiotika in Frage kommen.
17. Februar 2020
COVID-19 bei Schwangeren
In einer aktuellen Publikation aus Wuhan wird der COVID-19-Verlauf bei neun Patientinnen in der 36. bis 39. Woche der Schwangerschaft beschrieben. Die Autoren konnten keinen wesentlichen Unterschied zum Verlauf bei nicht-schwangeren Frauen feststellen, in keinem Fall verlief die Infektion schwer. Die Entbindung erfolgte per Kaiserschnitt. In verschiedenen Materialien - wie Fruchtwasser, Nabelschnurblut, Rachenabstrich des Neugeborenen und Muttermilch – konnte der Erreger nicht nachgewiesen werden. Bei dieser zahlenmäßig begrenzten Zahl von Schwangerschaften gab es damit keinen Hinwies auf eine vertikale Transmission des Virus von der Mutter auf das Kind im dritten Trimenon.
17. Februar
COVID-19 bei Kleinkindern
In einer retrospektiven Studie wurden alle in China stationär behandelten Kinder unter einem Jahr mit einer SARS-CoV-2-Infektion erfasst. Nur neun Kinder im Alter zwischen knapp zwei Monaten und elf Monaten wurden in verschiedenen chinesischen Städten bis einschließlich 6. Februar identifiziert. In allen Fällen war ein Familienmitglied zuvor erkrankt. Der Verlauf der Erkrankung war bei allen leicht, keines der Kleinkinder musste intensivmedizinisch behandelt werden.
13. Februar 2020
Neue Ausgabe der Zeitschrift für Infektionstherapie
Heft 1, 2020 der Zeitschrift für Infektionstherapie ist jetzt im Archiv verfügbar (PDF mit Kennwort für Abonnenten).
Der Titel des Übersichtsartikels lautet: „Bessere Verträglichkeit von Antibiotika – was können Antibiotic Stewardship-Programme dazu beitragen?“ Unter rationaler Antibiotikatherapie wird die zielgerichtete, zeitlich optimierte Behandlung bakterieller Infektionen mit wirksamen und gut verträglichen Antibiotika verstanden. Maßnahmen, die dieses Ziel fördern werden als Antibiotic Stewardship- Programme bezeichnet. Neben der optimalen Wirksamkeit, Eindämmung der Resistenzentwicklung und Wirtschaftlichkeit sind auch Fragen der Verträglichkeit Gegenstand solcher Initiativen.
Frei verfügbar sind in diesem Heft die Beiträge über die beiden Neuraminidase-Inhibitoren zur intravenösen Behandlung der Influenza [Peramivir (ALPIVAB) und Zanamivir (DECTOVA)] in der Rubrik „Neueinführungen / Kurzbeschreibungen“.
Als „Wiedereinführung“ wird das ß-Laktamase-stabile Penicillin Temocillin (TEMOPEN) beschrieben.
In der Reihe „Aktuelle Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie“ finden Sie einen Beitrag mit dem Titel „Zoonosen (1)“. Beispiele für Zooanthroponosen sind die Pest (Yersinia pestis) in Asien, Madagaskar und Amerika; Tularämie oder Hasenpest (Francisella tularensis) in Europa oder West-Nil-Fieber (West-Nil-Fieber-Virus) mit inzwischen weltweitem Vorkommen und ersten autochthonen Infektionen in Deutschland. Eine weitere Zoonose ist eine Infektion durch Capnocytophaga canimorsus, welche jüngst auch in der Tagespresse Widerhall fand.
12. Februar 2020
Neue Nomenklatur: SARS-CoV-2 und COVID-19
Ein Ende der Epidemie durch das neuartige Coronavirus ist nicht in Sicht. Die bisherige, vorläufige Bezeichnung des Erregers (2019-nCoV) wurde durch die neue Bezeichnung SARS-CoV-2 (severe acute respiratory syndrome coronavirus 2) abgelöst. Die WHO gab am 11. Februar den Namen COVID-19 (corona virus disease 2019) für die durch das Virus verursachte Erkrankung bekannt.1,2
1. Alexander E. Gorbalenya et al. Severe acute respiratory syndrome-related coronavirus: The species and its viruses – a statement of the Coronavirus Study Group. bioRxiv (ahead of print) doi: https://doi.org/10.1101/2020.02.07.937862
2. WHO Director-General's remarks at the media briefing on 2019-nCoV.
6. Februar 2020
Aktivität von Remdesivir gegen 2019-nCoV in Verozellen
Die ersten Daten zur Hemmwirkung von Remdesivir auf das neue Coronavirus 2019-nCoV in Zellkulturen wurden jetzt veröffentlicht. Insgesamt sieben Arzneistoffe wurden in Vero E6 Zellen – einer Nierenzelllinie aus Primaten – untersucht. Die höchste Aktivität zeigte Remdesivir. Die halbmaximale Hemmkonzentration (EC50) lag bei 0,77 µM, die EC90 bei 1,76 µM (1 µM = 0,6 mg/l). Andere Nukleosid-Analoga, wie Penciclovir, waren deutlich schwächer wirksam (EC50: 96 µM). Auch Chloroquin, eine Substanz, die bisher nicht als Virustatikum verwendet wird, wirkte ähnlich wie Remdesivir (EC50: 1,1 µM). Viele Fragen sind noch offen, aber die Untersuchung liefert wichtige Informationen bei der Suche nach möglichen Arzneistoffen zur Behandlung der Coronavirusinfektion.
3. Februar 2020
Therapie eines Patienten mit Coronavirus-Infektion in den USA
Details über den Krankheitsverlauf von vier Patienten aus Deutschland und einem Mann in den USA mit einer Coronavirus-Infektion wurden im New England Journal of Medicine veröffentlicht. Bemerkenswert ist der rasche, offenbar komplikationslose Verlauf bei allen Patienten in Deutschland.1
Schwerwiegender verlief die Infektion mit dem neuartigen Coronavirus bei dem Mann im Staat Washington. Dies ist der erste dokumentierte Fall einer Infektion in den USA. Der 35-jährige Patient ohne Grunderkrankungen erkrankte nach der Rückkehr aus Wuhan, China, an einer Atemwegsinfektion durch 2019-nCoV mit Husten und Fieber, einige Tage später kamen Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö hinzu. Erst vier Tage nach Beginn der Symptomatik kam er in die Notaufnahme einer Klinik und wurde stationär betreut. Die Therapie erfolgte zunächst mit Ibuprofen, Paracetamol und Guaifenesin. Die röntgenologische Untersuchung des Thorax am siebten Tag der Erkrankung zeigte keine Auffälligkeiten, zwei Tage später jedoch gaben die Bilder Hinweise auf eine Pneumonie im Unterlappen bei nachlassender Sauerstoffsättigung des Blutes. Die Antibiotika Vancomycin und Cefepim wurden intravenös verabreicht, am nächsten Tag jedoch wieder abgesetzt, da sich der Verdacht auf eine nosokomiale, bakterielle Pneumonie nicht bestätigte. Ein neues antiviral wirksames Medikament, Remdesivir, wurde am Abend des elften Tages intravenös gegeben. Remdesivir ist ein Nukleotid-Analogon, das in Zellkulturen die Vermehrung von RNA-Viren hemmt. Am nächsten Tag war der Patient fieberfrei und konnte einige Tage später entlassen werden. Ob Remdesivir bei dieser Virusinfektion wirksam ist, oder ob die Besserung spontan erfolgte, muss in randomisierten Studien untersucht werden.2
3. Februar 2020
Remdesivir, ein Nukleotid-Analogon mit Aktivität gegen Coronaviren
In den USA wurde ein Patient mit einer Infektion durch das neuartige Coronavirus 2019-nCoV mit dem Prodrug Remdesivir behandelt. Dabei handelt es sich um ein Derivat eines C-Nukleosid-Monophosphats mit Phosphoramidat-Struktur. Es leitet sich von einem Adenin-ähnlichen Heterozyklus ab, die Phosphatgruppe ist mit zwei Gruppen verbunden, die zunächst abgespalten werden müssen, bevor die Substanz zum wirksamen Triphosphat umgewandelt werden kann. Ähnliche Substituenten finden sich in den Virustatika Sofosbuvir und Tenofovir-Alafenamid, einem Phosphonamidat. Sie optimieren den Übergang in die Wirtzellen. Die 1-Cyanogruppe sorgt für eine selektive Hemmung von viralen RNA-Polymerasen. Neben Ebola-Viren, erstreckt sich die Aktivität in Zellkulturen auch auf Corona- und eine Reihe anderer Viren. In Primärkulturen mit Epithelzellen aus dem Respirationstrakt des Menschen zeigte der Wirkstoff hohe Aktivität gegen die Erreger von SARS oder MERS. Bereits im Bereich von 70 nM (ca. 42 µg/l) wurde die Virusvermehrung gehemmt (IC50-Wert), auch Coronaviren aus Fledermäusen wurden durch Remdesivir gehemmt. Daten zur spezifischen Aktivität gegen das Virus 2019-nCoV liegen bisher nicht vor.
Januar 2020
31. Januar 2020
Einblicke in das Genom des Coronavirus 2019-nCoV
1. Verwandtschaft mit Viren aus Fledermäusen
Das Virusgenom wurde in Proben von neun Patienten der aktuellen Epidemie in Wuhan genau analysiert. Die Nukleinsäure von RNA-Viren unterliegt einem raschen Wandel, häufig werden Nukleotide ausgetauscht. In diesen Fällen gab es jedoch eine Sequenzübereinstimmung von 99,98%, da die Infektionen offenbar alle den gleichen Ausgangspunkt hatten. Ein Vergleich mit anderen Coronaviren zeigt die beste Übereinstimmung in Höhe von 88% mit Viren aus Fledermäusen, wie zum Beispiel bat-SL-CoVZC45. Die Verwandtschaft zum SARS-CoV oder MERS-CoV ist geringer (79% und 50%). Eine direkte Übertragung von Fledermäusen auf den Menschen ist nicht anzunehmen. Fledermäuse sind in dieser Jahreszeit in Wuhan überwiegend im Winterschlaf und diese Tiere wurden auf dem Huanan-Markt nicht angeboten. Vieles deutet darauf hin, dass es einen Zwischenwirt gibt, der bisher nicht identifiziert wurde.1
2. ACE2 als Eintrittspforte
Um sich in einer anderen Art zu vermehren, benötigt das Virus Zugang zu den Zellen des Wirtsorganismus. Für das MERS-Virus dient das CD26-Epitop als Eintrittspforte, das SARS-Virus dringt in die Zellen über das ACE2-Enzym ein. Das Angiotensinkonversionsenzym 2 dient im Renin-Angiotensin-System als Gegenspieler des ACE, welches als Zielstruktur für Antihypertensiva pharmakologisch gut bekannt ist. Die Funktion des ACE2 wird jedoch im Vergleich zu ACE weniger gut verstanden. Die Genomanalyse zeigte, dass es – trotz einiger Mutationen - Strukturanalogien in den Rezeptorbindungsstellen zwischen dem SARS-Virus und dem neuen Coronavirus gibt. Demnach könnte dieser Rezeptor auch für die neuartigen Viren als Zugang zum menschlichen Körper dienen. In vitro Experimente mit HeLa-Zellen unterstützen diese Vermutung.1,2
30. Januar 2020
Publikationen zur aktuellen Epidemie mit Coronaviren im NEJM
Das New England Journal of Medicine veröffentlicht im Bereich Topics / Selected Topics aktuelle Arbeiten zur Epidemie mit dem neuartigen Coronavirus 2019-nCoV. Viele Publikationen sind frei verfügbar, häufig liegen sie nicht nur in englischer Sprache vor sondern auch übersetzt ins Chinesische. NEJM, Selected Topics / Coronaviren
Eine Zusammenfassung über die demographischen und anamnestischen Daten, sowie den zeitlichen Verlauf der Erkrankungen auf der Basis der ersten 425 Fälle in Wuhan bis zum 22. Januar ist hier seit gestern verfügbar. Danach liegt die mittlere Inkubationszeit bei 5,2 Tagen mit einer 95er-Perzentile von 12,5 Tagen. Die Patienten waren 15 bis 89 Jahre alt, etwa jeder zweite war älter als 60 Jahre. Es ist bemerkenswert, dass Kinder in dieser Patientengruppe nicht vertreten waren.
29. Januar 2020
Erste umfassende klinische Daten über Patienten mit einer Infektion durch das neuartige Coronavirus
Im Lancet wurden umfassende klinische Daten der ersten Patienten mit einer Pneumonie durch das neuartige Coronavirus 2019-nCoV veröffentlicht. Von den 41 Patienten waren 30 männlich, das mittlere Lebensalter lag bei 49 Jahren (Median). Ein Drittel hatte Grunderkrankungen, wie etwa Diabetes oder kardiovaskuläre Erkrankungen. Bei 27 (66%) bestand ein Bezug zum Huanan-Markt in Wuhan. Bis auf einen Patienten hatten alle Fieber, die meisten klagten über trockenen Husten, überwiegend ohne vermehrtes Sputum. Die Blutuntersuchung zeigte bei 26 Personen (63%) eine Lymphopenie. Kopfschmerzen, Hämoptysen und Diarrhö wurden nur vereinzelt gesehen. Die CT-Untersuchungen der Lunge zeigten bei 40 Patienten bereits bei der Aufnahme ins Krankenhaus eine bilaterale Beteiligung und eindeutige Konsolidierungen in subsegmentalen Bereichen, die auf eine Sekundärinfektion hindeuten. Der lange Zeitraum vom Symptombeginn bis zur stationären Aufnahme könnte dafür eine Erklärung sein. Die behandelnden Ärzte stellten bei jedem zehnten eine Sekundärinfektion fest, sechs (15%) Patienten verstarben. Die recht hohe Sterblichkeit in dieser Gruppe sollte jedoch angesichts der niedrigen Zahl von Patienten am Beginn der Epidemie zurückhaltend interpretiert werden. Während der Infektion kommt es zu einer deutlich erhöhten Cytokinausschüttung. Eine spezifische Therapie ist nach wie vor unbekannt. Bei SARS-Patienten ist damals eine Therapie mit Glukokortikoiden erwogen worden. Therapeutisch vorteilhaft war diese Maßnahme nicht, die Elimination des Virus aus dem Organismus wurde dadurch jedoch verzögert.1,2
In einer weiteren Arbeit wird die Übertragung von Mensch-zu-Mensch beschrieben. Fünf von sechs Mitgliedern einer Familie aus Shenzhen waren nach einer Reise nach Wuhan erkrankt, hatten aber dort aber keinen Markt aufgesucht. Eine Person, die nicht an der Reise teilgenommen hatte, infizierte sich durch Kontakt mit den anderen Angehörigen nach der Rückkehr.3
1. Huang C et al. Clinical features of patients infected with 2019 novel coronavirus in Wuhan, China. Lancet. 2020 Jan 24. [Epub ahead of print] PubMed PMID: 31986264.
2. Wang C, Horby PW, Hayden FG, Gao GF. A novel coronavirus outbreak of global health concern. Lancet. 2020 Jan 24. [Epub ahead of print] PubMed PMID: 31986257.
28. Januar 2020
Aufwendige Zellkulturexperimente zur Untersuchung der Coronaviren
Chinesische Wissenschaftler veröffentlichten vor einigen Tagen erste detaillierte Ergebnisse ihrer Arbeiten mit dem neuartigen Coronavirus 2019-nCoV im New England Journal of Medicine. Proben aus der broncho-alveolären Lavageflüssigkeit von drei Patienten mit einem Lebensalter von 32, 49 und 61 Jahren wurden in Kulturen von Epithelzellen untersucht. Diese Zellkulturen sind sehr aufwendig: zunächst wurden kleine Gewebeproben aus dem Respirationstrakt von Patienten mit Lungenkarzinom im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs entnommen und die Epithelzellen isoliert. Unter den gewählten, speziellen Kulturbedingungen bilden sich nach einigen Wochen an der Luft-Flüssigkeits-Grenze gut differenzierte Zellen aus, die dann mit den Coronaviren infiziert werden können. Die zellschädigende Wirkung der Viren wurde täglich lichtmikroskopisch untersucht, virale Nukleinsäure wurde mit RT-PCR nachgewiesen und nach drei Passagen wurden die Zellen zur Elektronenmikroskopie vorbereitet. Die Autoren beschreiben auch den Krankheitsverlauf der drei Patienten, die Ende Dezember 2019 in der Klinik in Wuhan stationär behandelt wurden. Während zwei Patienten entlassen werden konnten, verstarb der 61 Jahre alte Patient an der schweren Pneumonie.1,2
22. Januar 2020
Neuartige Coronaviren – weltweite Bedeutung als Verursacher von Zoonosen
Coronaviren wurden in den 1960er Jahren erstmals beschrieben. Bei elektronenmikroskopischer Betrachtung fiel ein Kranz (corona) von keulenförmigen Spikes auf, dem diese Viren ihren Namen verdanken. Ihr Genom besteht aus der längsten bekannten Plus-Strang-RNA von über 30 kb. Die nur etwa 150 nm großen Virionen sind verantwortlich für Erkrankungen des Respirationstraktes und anderer Organe bei Fischen, Geflügel und zahlreichen Säugetierarten, einschließlich dem Menschen. Sie verursachen überwiegend banale Erkältungskrankheiten, ähnlich wie Rhinoviren, jedoch mit etwas längerer Inkubationszeit und kürzerer Erkrankungsdauer. Dies ließ sich aus Experimenten mit Freiwilligen ableiten, die in den 1960er Jahren publiziert wurden.1
Die genetisch sehr variablen Krankheitserreger standen erstmals im Fokus der Öffentlichkeit, als sich schwerwiegende Infektionen mit potenziell tödlichem Ausgang als Coronavirus-verursacht herausstellten. Zunächst breitete sich die als SARS bezeichnete Zoonose ab 2002 von China her aus; mehr als 3000 Menschen erkrankten, für etwa 800 Patienten verlief die Infektion tödlich. Zehn Jahre später galt MERS das weltweite Interesse. Das „Middle East Respiratory Syndrome“ wurde 2012 erstmals in Saudiarabien diagnostiziert, etwa jeder dritte Patient verstarb an der Infektion.
Nun erinnert der Ausbruch in Wuhan, China, an diese Ereignisse. Die Infektionen scheinen im Zusammenhang mit einem Aufenthalt auf dem Fisch- und Geflügelmarkt der Stadt zu stehen. Bereits wenige Wochen nach den ersten Erkrankungsfällen wurde die genetische Sequenz des neuartigen Virus aufgeklärt. Sie ist seit dem 12. Januar 2020 bekannt und ermöglicht die spezifische Diagnostik durch PCR. Die Sequenz stimmt mindestens zu 70% mit der des SARS-Erregers überein, die WHO bezeichnet das neue Virus als 2019-nCoV. Der erneute Ausbruch bringt die anhaltende Gefahr in Erinnerung, die von Zoonosen ausgeht. Gemeinsame weltweite Anstrengungen sind notwendig, um die Zusammenhänge besser zu verstehen und in Zukunft verhindern zu können.2
1. Bradburne AF, Bynoe ML, Tyrrell DA. Effects of a "new" human respiratory virus in volunteers. Br Med J. 1967;3(5568):767-9 FREE FULL TEXT
17. Januar 2020
Indinavir nicht mehr im Handel
Als Indinavir 1996 zugelassen wurde galt es als eins der wirksamsten antiretroviralen Arzneimittel. Mittlerweile sind besser verträgliche Proteaseinhibitoren und neue Substanzklassen im Handel, um eine HIV-Infektion zu behandeln. Zum Jahresende 2019 wurde der Vertrieb des Präparates CRIXIVAN eingestellt. Generische Präparate gibt es nicht, daher müssen Patienten, die bisher mit Indinavir behandelt wurden, auf andere Wirkstoffe umgestellt werden.
Mitteilung MSD, 10. September 2019
02. Januar 2020
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Zeitschrift für Infektionstherapie, Heft 1, 2018
Entwicklung neuer Antibiotika – wo geht die Reise hin?
Eine Bestandsaufnahme zu diesem Thema finden Sie im
Übersichtsartikel im Heft 1, 2018 (PDF).
Mehrere antibakteriell wirksame Stoffe sind derzeit in der Entwicklung. Sie stellen meist Modifikationen bekannter Strukturen und Wirkmechanismen dar, einige gehören auch zu neuen Klassen, die bisher nicht in der Humanmedizin eingesetzt wurden. Zu Rückschlägen kommt es häufig: entweder werden Erreger während der Therapie rasch resistent oder Verträglichkeitsprobleme limitieren die Verwendung.
Letztlich wird immer die Frage im Raum stehen, ob die Fähigkeiten der Erreger zur Resistenz oder die Innovationskraft der forschenden Institutionen die Oberhand gewinnt. Da die Möglichkeiten für „echte“ Innovationen trotz aller Vielfalt begrenzt sind, ist unverändert ein gewissenhafter und wohl überlegter Einsatz der heute verfügbaren Antibiotika oberstes Gebot, um die Resistenzentwicklung zu entschleunigen.
Dezember 2019
30. Dezember 2019
Guten Rutsch ins Neue Jahr 2020!
Wir wünschen allen Lesern und Abonnenten der Zeitschrift für Infektionstherapie einen guten Start in ein hoffentlich gesundes, erfolgreiches und glückliches Neues Jahr 2020! Wir werden Sie auch im kommenden Jahr aktuell und kontinuierlich über wichtige Entwicklungen im Bereich der Infektionstherapie informieren.
Ihre Herausgeber und Redaktion der Zeitschrift
Abkürzungen in der medizinischen Literatur
Falls Sie sich auch gelegentlich über zu viele Abkürzungen in wissenschaftlichen Publikationen wundern, gefällt Ihnen sicher der folgende Leserbrief eines Kollegen aus der onkologischen Radiologie in Santa Cruz, Kalifornien, an den Herausgeber des New England Journal of Medicine. Die Zeilen sind mittlerweile 30 Jahre alt, aber trotzdem unverändert aktuell.
Abbreviations in the Medical Literature
There is a recent trend (RT) in the medical literature (ML) to abbreviate previously unabbreviated phrases for the sake of efficiency (PUPSAE). Although it makes good sense (GS), the frequency with which it is used can tax the inexperienced reader (IR). Sometimes repetition can actually be beneficial (RCABB) by allowing the reader to retain words he does not constantly have to refer back to (WOHCREPT). I would like to suggest to the editor (ED), that for the IR who doesn't wish to have PUPSAE, he have the GS to change the ML so that RCABB and he can eliminate WOHCREBT.
Letter to the Editor, N Engl J Med 1989; 320: 1152
(PubMed) (gekürzt)
20. Dezember 2019
Domagks Versuch mit Mäusen über Weihnachten
Der 20. Dezember ist medizinhistorisch gesehen ein sehr bedeutsamer Tag. Wenige Tage vor Weihnachten, am 20. Dezember 1932, begann Gerhard Domagk das entscheidende Experiment mit Mäusen, die zuvor mit Streptokokken infiziert waren. Die Mäuse der Kontrollgruppe waren Weihnachten bereits der Infektion erlegen. Die anderen Tiere, die den Farbstoff Prontosil erhalten hatten, erlebten „munter“ - so bezeichnete der spätere Nobelpreisträger ihren Zustand – die Feiertage. Eine statistische Analyse des Experiments war nicht notwendig: alle Kontrollen waren an der Infektion verstorben, alle Tiere der Prontosilgruppe hatten überlebt. Was Domagk nicht wusste: der in vitro unwirksame Farbstoff war erst durch den Metabolismus der Mäuse zu dem antibakteriell wirksamen Stoff Sulfanilamid abgebaut worden. Somit markiert das berühmte Weihnachtsexperiment die Geburtsstunde der Sulfonamide und damit den Beginn der effektiven antibakteriellen Therapie.
16. Dezember 2019
Imipenem / Cilastatin in Kombination mit dem ß-Laktamase-Inhibitor Relebactam
Vom CHMP der EMA wird Recarbrio® - ein neues Imipenem-Kombinationspräparat - zur Zulassung empfohlen.1 Die seit den 1980er Jahren bekannte Kombination aus Imipenem und dem Dehydropeptidase-Inhibitor Cilastatin wird nun durch den neu entwickelten ß-Laktamase-Inhibitor Relebactam ergänzt. Ein Wirkstoff, der strukturelle Ähnlichkeit mit Avibactam aufweist und ß-Laktamasen der Klassen A und C hemmt. Die ß-Laktamasen der Klassen B und D werden nicht inhibiert.
Das Kombinationspräparat kann bei Erwachsenen angewandt werden mit Infektionen durch aerobe, gramnegative Bakterien, wenn begrenzte Therapieoptionen bestehen. In klinischen Studien bei Patienten mit komplizierten Harnwegsinfektionen oder intraabdominellen Infektionen konnte die klinische Wirksamkeit nachgewiesen werden.2,3 In einer Doppelblindstudie bei einer kleinen Zahl von Patienten erwies es sich im Vergleich zu einer Kombination aus Imipenem plus Colistin als gleichwertig bei Patienten mit schweren Infektionen durch Bakterien, die nicht Imipenem-empfindlich waren.4 Eine Diarrhoe ist die häufigste unerwünschte Wirkung der neuen Kombination.
1. Summary of opinion, Recarbrio, Imipenem / Cilastatin / Relebactam. EMA CHMP 12 December 2019
14. Dezember 2019
Renaissance alter Antibiotika – Temocillin wieder verfügbar!
Angesichts der zunehmenden, teilweise bedrohlichen Resistenzentwicklung bei gramnegativen Bakterien und des gleichzeitigen Mangels an neuen Antibiotika kommt es zu einer Renaissance „alter Antibiotika“ (s. Übersicht in Heft 6, 2015).
Temocillin (TEMOPEN) wurde bereits in den 1980er Jahren in den Handel gebracht, einige Jahre später wurde der Vertrieb in den meisten Ländern jedoch wieder eingestellt. Es ist das erste und einzige Penicillin mit Stabilität gegenüber ß-Laktamasen aus gramnegativen Erregern und daher nicht auf die Kombination mit einem ß-Laktamase-Inhibitor angewiesen. Nützlich ist auch eine relativ lange Halbwertzeit von etwa fünf Stunden, die eine zweimal tägliche Verabreichung möglich macht.
Das antibakterielle Wirkspektrum ist schmal: neben den Enterobacteriaceae umfasst es z. B. H. influenzae und M. catarrhalis. Trotz der hohen strukturellen Verwandtschaft mit Ticarcillin ist Temocillin gegenüber Pseudomonas aeruginosa inaktiv. Auch Staphylokokken, Streptokokken und anaerobe Erreger wie Bacteroides fragilis sind resistent.
Regionale Unterschiede in der Resistenzlage müssen beachtet werden. In vitro zeigte das Penicillin vor einigen Jahren eine gute Aktivität gegen ESBL- und Carbapenemase-produzierende Enterobacteriaceae in Großbritannien. Gut 50% der KPC-produzierenden Klebsiella spp. wurden bei 8 mg/l oder weniger gehemmt.1 Aktuelle Ergebnisse aus Griechenland zeigen eine geringere Aktivität: bei 8 mg/l wurden 6,7% solcher Stämme erfasst, bei 32 mg/l waren es etwas mehr als 80%.2 Diese Konzentrationen (empfindlich bei MHK ≤ 8 bzw. ≤ 32 mg/l) gelten als Grenzwerte bei systemischen Infektionen bzw. Harnwegsinfektionen.
Bei Infektionen mit gramnegativen Erregern – insbesondere bei Harnwegsinfektionen - kann Temocillin angewandt werden, wenn die Sensibilität des Erregers nachgewiesen wurde. Der Mangel an klinischen Studien erschwert eine genaue Positionierung des Antibiotikums - das wurde bereits 1984 in dieser Zeitschrift kritisiert und gilt heute unverändert. Angesichts der schwierigeren Resistenzlage wären Studien heute sogar noch wichtiger als vor einigen Jahrzehnten.
3. Dezember 2019
Neue Ausgabe der Zeitschrift für Infektionstherapie
Heft 6, 2019 der Zeitschrift für Infektionstherapie ist jetzt im Archiv verfügbar (PDF mit Kennwort für Abonnenten).
„Wie können Antibiotika bei akuten Atemwegs-infektionen vermieden werden?“ Dieses aktuelle Thema wird in dem Übersichtsartikel unter verschiedenen Aspekten betrachtet. Infektionen der oberen Atemwege einschließlich der Tracheobronchitis haben zu über 90% eine virale Ätiologie. Neuere Studien zeigen, dass Biomarker (CRP, Procalcitonin u.a.) die Entscheidung für oder gegen eine Antibiotikatherapie beträchtlich unterstützen können. Auch eine verzögerte, symptomorientierte Antibiotika-Verordnung kann signifikant zum verminderten Einsatz von Antibiotika beitragen.
Frei verfügbar ist der Beitrag über die Anthrax-Vakzine BioThrax® in der Rubrik „Neueinführungen / Kurzbeschreibungen“. Milzbrand ist eine häufig tödlich verlaufende, in europäischen Ländern und anderen Industrienationen extrem seltene Erkrankung. BioThrax® ist seit einigen Monaten verfügbar. Eine Impfung aller Personen mit einem Risiko für Anthrax, etwa in der Landwirtschaft und Tiermedizin, wird nicht empfohlen.
In der Reihe „Aktuelle Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie“ finden Sie einen Beitrag mit dem Titel „Resistenzentwicklung (2)“. Resistenzentwicklungen sind offensichtlich von sehr vielen unterschiedlichen (auch unvorhersehbaren und unbekannten) Faktoren abhängig und lokal unterschiedlich. Dies unterstreicht einmal mehr die Bedeutung lokaler Überwachungsinstrumente sowie die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Klinik und mikrobiologischem Labor, um die empirische Therapie anzupassen sowie um Ausbruchsgeschehen frühzeitig zu erkennen. Der vollständige Text ist frei verfügbar.
November 2019
27. November 2019
Antibiotikagebrauch bei Nutztieren:
eine Reduktion ist möglich und dringend geboten!
Der Verbrauch von Antibiotika bei Mensch und Tier ist ein starker Antrieb für die Selektion und Verbreitung von resistenten Erregern. Bemühungen, den Antibiotikagebrauch in der Veterinärmedizin einzudämmen, gibt es seit Jahrzehnten aber immer noch scheint es erhebliche Einsparpotenziale zu geben. In Europa bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten. Detaillierte Erhebungen zum Antibiotikaverbrauch in der Nutztierhaltung in neun europäischen Ländern zeigten deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Betrieben. In einigen Höfen wurden keine Antibiotika eingesetzt. Insgesamt scheint sowohl in der Aufzucht von Schweinen als auch von Geflügel noch ein großes Potenzial zur Reduktion des Antibiotikaeinsatzes zu bestehen. Eine Abnahme des ungezielten Antibiotikaverbrauchs in der Tierhaltung ist dringend geboten, um den Selektionsdruck und die Ausbreitung resistenter Erreger mit humanmedizinischer Relevanz zu verringern.
19. November 2019
Minocyclin bei Alzheimer?
Klinische Studie mit enttäuschenden Ergebnissen.
Im Verlauf der Alzheimer Erkrankung kommt es zu einer entzündlichen Reaktion. Bereits vor 13 Jahren berichteten Wissenschaftler aus Kanada über einen positiven Effekt von Minocyclin auf dieses Geschehen in transgenen Mäusen.1 In vitro Daten deuteten ebenfalls auf eine mögliche Beeinflussung der chronischen Erkrankung durch das Antibiotikum hin. Enttäuschend war nun das Ergebnis einer Doppelblindstudie aus Großbritannien mit gut 500 Alzheimer-Patienten.2 Innerhalb von zwei Jahren konnte im Vergleich zu Placebo kein positiver Einfluss auf die Entwicklung der Erkrankung festgestellt werden. In einer Dosierung von 200 mg täglich traten unerwünschte Ereignisse nicht signifikant häufiger auf als in der Placebogruppe, die tägliche Gabe von 400 mg war jedoch mit einer hohen Abbruchrate verbunden. Häufige Gründe für den Abbruch der Therapie waren gastrointestinale Störungen (42 vs 15 vs 10 Patienten in der 400 mg / 200 mg / Placebogruppe), Schwindel (14 vs 3 vs 1 Patient) und Hautveränderungen, z. B. Hyperpigmen-tierungen (10 vs. 5 vs. 1 Patient).
1. Seabrook TJ et al. Minocycline affects microglia activation, Abeta deposition, and behavior in APP-tg mice. Glia 2006 May;53:776-82 PubMed Abstract
4. November 2019
Fäkaltransplantation – ein Risiko für Infektionen mit multiresistenten Erregern!
Der therapeutische Nutzen einer Fäkaltransplantation (fecal microbiota transplantation, FMT) bei rezidivierenden Infektionen mit C. difficile konnte in Studien eindrucksvoll belegt werden. Die Grundlagen und Risiken der Maßnahme bei Patienten mit oder nach einer intensivmedizinischen Behandlung wurden in dieser Zeitschrift kürzlich beschrieben (Heft 2 und 3, 2019). Aktuell wird über zwei Patienten berichtet, bei denen eine Escherichia coli-Bakteriämie nach einer FMT auftrat.1,2 Ein Patient verstarb an der Infektion. Der multiresistente Erreger bildete ESBL (extended-spectrum beta-lactamase) und stammte in beiden Fällen vom gleichen Spender, wie durch eine Genomanalyse nachgewiesen werden konnte. Spender sollten intensiver untersucht werden, um die Risiken einer FMT zu begrenzen. Nutzen und Risiken der Maßnahme bei verschiedenen Patientengruppen müssen dringend besser untersucht werden.
1. November 2019
Jetzt ohne Passwort verfügbar:
Zeitschrift für Infektionstherapie, Heft 6, 2017
Welchen Stellenwert haben inhalative Antibiotika bei Infektionen der tiefen Atemwege? Die verfügbaren Informationen zu diesem Thema fasst der Übersichtsartikel im Heft 6, 2017 zusammen.
Bei Patienten mit Bronchiektasen und Pseudomonasbesiedlung sowie häufigen Exazerbationen können inhalative Antibiotika zu verminderten Exazerbationen und einer Reduktion der Krankenhausaufenthalte beitragen. Bei Beatmungspneumonien werden in steigendem Umfang inhalative Antibiotika wegen der problematischen Resistenzsituation der gramnegativen Erreger eingesetzt, ohne dass überzeugende Daten hinsichtlich Letalität und Beatmungsdauer vorliegen. Ein europäisches Positionspapier empfiehlt daher Zurückhaltung beim Einsatz von inhalativen Antibiotika, solange keine belastbaren Studiendaten und eine entsprechende Evidenz vorliegen.
Die im Artikel zitierte Literatur finden Sie hier:
Oktober 2019
21. Oktober 2019
Mitteilungen der FDA und EMA – Ärzte in den USA haben eine größere Auswahl von Antibiotika!
1. Das zuständige Komitee der FDA hat Cefiderocol – ein Siderophor-Cephalosporin - in den USA zur Zulassung empfohlen. Es soll unter dem Namen FetrojaTM zur „Therapie von komplizierten Harnwegsinfektionen, einschließlich Pyelonephritis, bei Patienten mit begrenzten Therapieoptionen“ in den Handel kommen. In einer Vergleichsstudie mit Imipenem war es dem Carbapenem nicht unterlegen.1 Gramnegative Bakterien können durch eine veränderte Permeabilität der äußeren Membran Resistenz erwerben. Cefiderocol wurde entwickelt, um diesen Resistenzmechanismus zu überwinden. Zur Aufnahme von Eisen sezernieren Bakterien Katecholverbindungen, die mit dem Metall Komplexe bilden. Diese werden dann über spezielle Transporter in die Zelle aufgenommen. Das Cefepim-ähnliche Molekül besitzt einen Katechol-Substituenten. So gelangt das ß-Laktamase-stabile Cefiderocol in den periplasmatischen Raum einer gramnegativen Bakterienzelle und kann dort die Enzyme der Zellwandsynthese (PBP) hemmen [siehe Beitrag „Entwicklung neuer Antibiotika – wo geht die Reise hin?“ in Heft 1, 2018 (Archiv)].
2. In Europa wird vom CHMP der EMA Delafloxacin zur Zulassung empfohlen. Unter dem Handelsnamen Quofenix® kann es intravenös oder oral zur Therapie von Haut- und Hautstrukturinfektionen eingesetzt werden, wenn andere Antibiotika nicht in Frage kommen. Das Fluorchinolon ist in den USA bereits seit Juni 2017 unter dem Namen BaxdelaTM im Handel. In mehreren klinischen Studien wurden die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit des Arzneimittels gezeigt. Im Gegensatz zu anderen Fluorchinolonen besitzt es keinen basischen Substituenten in Position C7, sondern liegt bei pH 7,4 als Anion vor.2,3
3. Tulkens PM, Van Bambeke F, Zinner SH. Profile of a Novel Anionic Fluoroquinolone-Delafloxacin. Clin Infect Dis. 2019 Apr 8;68(Supplement_3):S213-S222 PubMed FREE FULL TEXT
3. Das Tetrazyklinderivat Omadacyclin (NuzyraTM) wurde im Oktober 2018 von der FDA zugelassen. Es wird in den Vereinigten Staaten bei Haut- und Hautstrukturinfektionen und zur Behandlung der ambulant erworbenen Pneumonie eingesetzt. In einer klinischen Studie bei Patienten mit Pneumonie erwies sich Omadacyclin im direkten Vergleich mit Moxifloxacin als nicht unterlegen.4 Die europäische Behörde EMA beurteilte die Daten der klinischen Prüfung bei ambulant erworbener Pneumonie jedoch als nicht ausreichend und hatte nur eine Zulassung bei Hautinfektionen vorgesehen. Unter diesen Bedingungen wurde der Zulassungsantrag von Paratek Ireland Ltd aus „marktstrategischen“ Gründen am 9. Oktober 2019 zurückgezogen.5 Es werden mehrere Jahre vergehen, ehe eine zweite Studie bei Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie abgeschlossen ist und die Zulassung für diese Indikation erneut beantragt werden kann.
4. Stets R et al. Omadacycline for Community-Acquired Bacterial Pneumonia. N Engl J Med. 2019 Feb 7;380(6):517-527 PubMed FREE FULL TEXT
10. Oktober 2019
Zikavirus-Infektion – eine aktuelle Bestandsaufnahme nach der Pandemie
Das Zika-Virus ist heute aus den Schlagzeilen der Medien verschwunden, die wissenschaftliche Aufarbeitung der Pandemie von 2016 geht weiter. Vor drei Jahren wurden 500.000 Fälle berichtet, im vergangenen Jahr waren es noch 30.000 Erkrankungen, vor allem in Afrika und Asien. Trotz aller Anstrengungen werden die Mechanismen, die zu den Änderungen in der Epidemiologie der Erkrankung führen, bis heute nicht vollständig verstanden. Meist verläuft die Infektion ohne Symptome, besondere Besorgnis bereitet jedoch die Übertragung des Flavivirus auf das ungeborene Leben. Bei etwa jeder vierten infizierten schwangeren Frau erfolgt die maternal-fetale Übertragung, bei vier bis sechs Prozent der Feten oder Neugeborenen kann eine Mikrocephalie mit schwerwiegenden neurologischen Störungen festgestellt werden. Eine genaue Vorhersage lässt sich zwar nicht machen, mit größeren Ausbrüchen der Infektion ist jedoch auch in Zukunft zu rechnen.
3. Oktober 2019
Neue Ausgabe der Zeitschrift für Infektionstherapie
Heft 5, 2019 der Zeitschrift für Infektionstherapie ist jetzt im Archiv verfügbar (PDF mit Kennwort für Abonnenten).
Der Übersichtsartikel fasst den aktuellen Stand der „Therapie der bakteriellen Meningitis“ zusammen. Mittel der Wahl sind Cefotaxim oder Ceftriaxon; um auch Listerien zu erfassen, werden sie zusammen mit Ampicillin oder Amoxicillin verabreicht. Die Erkrankung stellt trotz Antibiotikatherapie eine Infektion mit hohen Risiken dar. Wichtigste Maßnahme ist es daher, sie durch Impfungen gegen die häufigsten Erreger, Pneumokokken und Meningokokken, zu vermeiden.
Die Kurzbeschreibung von Ibalizumab (TROGARZO®), einem neuen Arzneimittel zur Therapie der HIV-Infektion, ist in der Rubrik "Antiinfektiva > Neueinführungen" frei verfügbar. Der monoklonale Antikörper ist gegen das CD4-Epitop gerichtet und kann als Teil einer antiretroviralen Kombinationstherapie für Patienten mit einer Infektion durch multiresistente HI-Viren eine lebensrettende Option darstellen.
In der Reihe „Aktuelle Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie“ finden Sie einen Beitrag mit dem Titel „Resistenzentwicklung (1)“. Auch dieser Text ist frei verfügbar.
September 2019
27. September 2019
Zunehmende Azol-Resistenz bei Aspergillus-Infektionen
Voriconazol und Isavuconazol sind Mittel der ersten Wahl bei Aspergillus-Infektionen. Zunehmend bereitet jedoch die Azolresistenz des Erregers Probleme. Die Häufigkeit ist in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich.1 In den Niederlanden wurden bei 129 hämatologischen Patienten mit invasiver Aspergillus-Infektion 26 Voriconazol-resistente Isolate identifiziert (20%).2 Bis auf eine Ausnahme wiesen sie Veränderungen im cyp51A-Gen auf. Die Resistenz führte bei 110 Patienten, die nicht intensivmedizinisch behandelt wurden, häufiger zu einem tödlichen Verlauf der Infektion: jeder zweite Patient, bei dem ein resistenter Pilz nachgewiesen wurde, verstarb innerhalb von 12 Wochen (54,5%) im Vergleich zu 30,7% mit einer invasiven Aspergillus-Infektion durch empfindliche Isolate.
1. Lestrade PPA, Meis JF, Melchers WJG, Verweij PE. Triazole resistance in Aspergillus fumigatus: recent insights and challenges for patient management. Clin Microbiol Infect 2019 Jul;25(7):799-806 Review PubMed Abstract
12. September 2019
Mitteilungen der FDA und EMA: Neue Therapieoptionen bei Pneumonie
1. Neues Antibiotikum zur Behandlung der ambulant erworbenen Pneumonie
Im August 2019 erteilte die US-amerikanische FDA die Zulassung für Lefamulin (XENLETA) zur Behandlung der ambulant erworbenen Pneumonie.1 Damit steht erstmals ein Antibiotikum aus der Gruppe der Pleuromutiline zur oralen oder intravenösen Therapie zur Verfügung.2
1. FDA News Release XENLETA (Lefamulin)
2. Veve MP, Wagner JL. Lefamulin: Review of a Promising Novel Pleuromutilin Antibiotic. Pharmacotherapy. 2018;38:935-946 PubMed Abstract
2. Ceftolozan / Tazobactam zur Therapie der nosokomialen Pneumonie
Die Zulassungserweiterung von Ceftolozan / Tazobactam (ZERBAXA) wurde vom CHMP - dem zuständigen Komitee bei der EMA - empfohlen.3 Das Kombinationspräparat war bisher zur Behandlung komplizierter intraabdomineller Infektionen und komplizierter Harnwegsinfektionen, sowie der akuten Pyelonephritis zugelassen.4 Als weitere Indikation ist nun die nosokomiale Pneumonie (HAP), einschließlich der beatmungsassoziierten Pneumonie (VAP) hinzugekommen.
3. EMA /CHMP Summary of Opinion
4. Kurzbeschreibung Ceftolozan / Tazobactam (ZERBAXA)
4. September 2019
Jetzt ohne Passwort verfügbar: Zeitschrift für Infektionstherapie, Heft 5, 2017
Therapie der Tuberkulose
Der Übersichtsartikel im Heft 5, 2017, fasst den aktuellen Stand der Tuberkulosetherapie zusammen. In Deutschland ist die Tuberkulose mit ca. 6.000 Erkrankungen pro Jahr selten, sie muss differentialdiagnostisch jedoch häufig berücksichtigt werden.1
Die aktuelle S2k-Leitlinie stellt bei vielen Fragen im Zusammenhang mit der Diagnostik, Therapie und anderen Aspekten eine wertvolle Informationsquelle dar.2
Global gesehen bereitet die Zunahme der Resistenz erhebliche Probleme. Ein neues Präparat wurde von der US-amerikanischen FDA zugelassen. Der neu entwickelte Wirkstoff Pretomanid gehört wie Delamanid zur Gruppe der Nitroimidazole. Pretomanid wird nur in Kombination mit Bedaquilin und Linezolid zur Behandlung von Infektionen mit multiresistenten Tuberkuloseerregern angewandt.3,4
1. Zeitschrift für Infektionstherapie. Heft 5, 2017
(PDF-Datei ab jetzt frei in unserem Archiv verfügbar).
PubMed Abstract, PMID: 28651293.
3. TB Alliance, Full Prescribing Information Pretomanid
August 2019
1. August 2019
Neue Ausgabe der Zeitschrift für Infektionstherapie
Heft 4, 2019 der Zeitschrift für Infektionstherapie ist jetzt im Archiv verfügbar (PDF mit Kennwort für Abonnenten).
Der Übersichtsartikel fasst den aktuellen Stand der „Therapie sexuell übertragbarer Infektionen“ zusammen. Sexuell übertragbare Infektionen nehmen weltweit deutlich zu, wobei insbesondere die Resistenzentwicklung der führenden Erreger (Neisseria gonorrhoeae, HIV und andere) besondere Probleme verursacht.
Die Kurzbeschreibung von Eravacyclin (XERAVA®), einem neuen Tetrazyklinderivat ist in der Rubrik "Antiinfektiva > Neueinführungen" frei verfügbar. Durch gezielte Veränderungen konnte ein Antibiotikum synthetisiert werden, das sich einigen Resistenzmechanismen widersetzt und dadurch ein relativ breites antibakterielles Spektrum aufweist.
In der Reihe „Aktuelle Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie“ finden Sie einen Beitrag mit dem Titel „Bakterientypisierung“. Auch dieser Text ist frei verfügbar.
1. August 2019
Gentamicin bei Gonorrhö -
die Wirkung ist abhängig von der Infektionslokalisation
Angesichts der Resistenzentwicklung bei Neisseria gonorrhoeae besteht ein dringender Bedarf für neue Therapieoptionen. Bei insgesamt 720 Patienten wurde die Wirksamkeit von Ceftriaxon (500 mg, i.m.) mit der von Gentamicin (240 mg, i.m.) jeweils in Kombination mit Azithromycin (1,0 g, p.o.) verglichen. Die Heilungsrate lag bei 98% bzw. 94% zugunsten des Cephalosporins bei genitaler Manifestation. Bei pharyngealer Lokalisation war der Vorteil des ß-Laktamantibiotikums sehr deutlich (96% vs. 80%), ähnliche Unterschiede bestanden bei rektaler Lokalisation (98% vs. 90%). Zur primären Behandlung der Gonorrhö ist Gentamicin nicht geeignet, es ist jedoch eine Alternative bei Patienten mit Cephalosporinallergie oder wenn der Erreger gegen Ceftriaxon resistent ist.
2. Kirkcaldy RD, Workowski KA. Gentamicin as an alternative treatment for gonorrhoea. Lancet. 2019 Jun 22;393(10190):2474-2475. FREE FULL TEXT
Juli 2019
30. Juli 2019
Neues von der EMA:
Ibalizumab – der erste monoklonale Antikörper zur antiretroviralen Therapie
Die Zulassung von Ibalizumab (TROGARZO) wurde vom CHMP - dem zuständigen Komitee bei der EMA - vor einigen Tagen empfohlen.1 In etwa zwei Monaten ist mit der Zulassung in Europa zu rechnen. Damit geht eine ungewöhnlich lange Arzneimittelentwicklung zu Ende, denn die weltweiten Rechte für den monoklonalen Antikörper wurden bereits in den späten 1990er Jahren von Biogen an die Firma Tanox übertragen, der Zulassungsantrag wurde schließlich von Theratechnologies gestellt. Mittlerweile ist in einigen Ländern bereits ein Ende des Patentschutzes erreicht oder demnächst zu erwarten.2 Ibalizumab ist gegen den CD4-Rezeptor gerichtet, das neue Arzneimittel kommt bei Multiresistenz des Virus in Frage, wenn andere Therapieoptionen nicht mehr bestehen. Es muss in Kombination mit antiretroviral wirksamen Stoffen alle zwei Wochen intravenös infundiert werden. Bei einer Monotherapie entwickelt sich rasch Resistenz.3
2. Markham A. Ibalizumab: First Global Approval. Drugs. 2018 May;78(7):781-785 FREE FULL TEXT
25. Juli 2019
Dolutegravir in der Schwangerschaft – neue Daten zum Risiko für kindliche Fehlbildungen.
Vor etwa einem Jahr verbreitete sich die überraschende Meldung über mögliche teratogene Wirkungen von Dolutegravir. Auffällig war eine Assoziation zwischen der Einnahme von Dolutegravir in der Frühschwangerschaft und Neuralrohrdefekten bei den Neugeborenen. In der Studie aus Botswana lag die Inzidenz bei ca. 0,9% verglichen mit einer erwarteten Hintergrundinzidenz von etwa 0,1%. (vgl. Infektio Aktuell vom 3. Juni 2018). Eine abschließende Auswertung der zugrunde liegenden Studie zeigte nun, dass die Risikoerhöhung geringer ist, als zunächst befürchtet: sie liegt bei 0,3%.1 Auf der Basis dieser Daten empfiehlt die WHO Dolutegravir nun jedoch als bevorzugtes Medikament für alle Personengruppen einschließlich schwangerer Frauen, denn im Vergleich zu den möglichen Alternativen ist Dolutegravir besser verträglich und eine Resistenz entwickelt sich seltener.2 Weitere Studien sollen nun untersuchen, ob sich durch eine frühzeitige Folsäuresupplementierung das Fehlbildungsrisiko reduzieren lässt.
1. Zash R et al. Neural-Tube Defects and Antiretroviral Treatment Regimens in Botswana. N Engl J Med. 2019 Jul 22. [Epub ahead of print] PubMed PMID: 31329379.
18. Juli 2019
Klinische Risikofaktoren für Infektionen mit Carbapenem-resistenten Enterobakterien
Infektionen mit Carbapenem-resistenten Enterobakterien sind assoziiert mit erhöhter Letalität und höheren Krankenhauskosten. Da eine verzögerte, gezielte antimikrobielle Therapie derartiger Infektionen direkt mit dem Überleben des Patienten zusammenhängt, hat die Kenntnis eines entsprechenden Risikos eine beträchtliche Bedeutung. In Los Angeles, USA, wurde retrospektiv die Resistenz gegenüber Carbapenemen analysiert. Auf der Basis der gewonnenen Daten haben die Autoren einen recht zuverlässigen Vorhersagescore entwickelt, der bei Existenz sämtlicher Risikofaktoren in knapp 50 % eine Carbapenem-Resistenz wahrscheinlich macht. Signifikante Risikofaktoren für eine Infektion mit Carbapenem-resistenten Enterobakterien sind eine Beatmungstherapie, eine Einweisung aus einem Pflegeheim oder Krankenhaus, eine Nierenvorerkrankung sowie die Behandlung mit Carbapenemen und/oder MRSA-wirksamen Antibiotika in den letzten 30 Tagen.
Open Forum Infect Dis 2019; doi: 10.1093/ofid/ofz027
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1. Juli 2019
Jetzt ohne Passwort verfügbar:
Zeitschrift für Infektionstherapie, Heft 4, 2017
Prävention von chirurgischen Wundinfektionen
Der Übersichtsartikel in diesem Heft behandelt die „Prävention von chirurgischen Wundinfektionen“. Chirurgische Eingriffe können mit einer Wundinfektion verbunden sein. Die Komplikation bedeutet für den Patienten eine erhebliche Belastung, insbesondere wenn es sich um Infektionen von Gelenkprothesen oder um Infektionen mit multiresistenten Erregern handelt. Chirurgische Wundinfektionen spielen in allen Gesundheitssystemen eine kostenintensive Rolle. Deren Verhinderung auf der Basis von evidenzbegründeten Interventionen ist dringend geboten. Hinsichtlich der antibiotischen Prophylaxe ist gesichert, dass diese bei vorliegender Indikation präoperativ gegeben werden sollte mit Gewährleistung von bakteriziden Konzentrationen im Gewebe zum Zeitpunkt des chirurgischen Schnittes. Postoperative Antibiotika-Gaben werden nicht empfohlen. Auch einige antiseptische Interventionen sind belegt und sollten durchgeführt werden. Allerdings gibt es nach wie vor viele offene Fragen, die noch der dringenden Bearbeitung mittels kontrollierter randomisierter Studien bedürfen.
Lesen Sie den vollständigen Artikel im Heft 4, 2017
(PDF-Datei ab jetzt frei in unserem Archiv verfügbar).
1. Juli 2019
Risiko für postoperative Wundinfektionen geschlechts-abhängig!
In einer Analyse von mehr als 1,2 Millionen Operationen mit etwa 18.000 postoperativen Wundinfektionen konnte gezeigt werden, dass bei Männern ein höheres Risiko für Wundinfektionen besteht. Allerdings gilt dies nicht generell: bei Herz- und Gefäßoperationen war das Risiko für Frauen höher. Weitere Studien sind notwendig, um die Unterschiede besser zu verstehen und geschlechtsspezifische Maßnahmen für die Prävention der Infektionen zu entwickeln.
Juni 2019
28. Juni 2019
Resistenz bei Gonokokken
Sexuell übertragbare Infektionen (STI) zeigen seit Jahren weltweit eine deutliche Zunahme. Die Resistenz-entwicklung der Gonokokken verursacht zunehmend therapeutische Probleme. Während Neisseria gonorrhoeae in Deutschland noch empfindlich gegenüber Ceftriaxon ist, bestehen hohe Resistenzraten bei den früher üblichen Antibiotika Penicillin G und Ciprofloxacin. Die Häufigkeit der Resistenz gegen Azithromycin hat in den vergangenen Jahren erfreulicherweise auf ca. 1% abgenommen.1 Eine aktuelle Arbeit berichtet über eine Resistenzquote von 8,7% gegenüber Azithromycin (minimale Hemmkonzentration ≥ 1mg/l) in Taiwan. Etwa jeder fünfte dieser Stämme zeigte die Mutation A2059G in der 23s rRNA. Durch diese Veränderung wird das Bakterium resistent mit MKH-Werten von ≥ 256 mg/l.2
1. Robert Koch-Institut, GORENET (Gonokokken-Resistenz-Netzwerk)
2. Liu YH, Wang YH, Liao CH, Hsueh PR. Emergence and Spread of Neisseria gonorrhoeae Strains with High-level Resistance to Azithromycin in Taiwan from 2001 to 2018. Antimicrob Agents Chemother. 2019 Jun 24 [Epub ahead of print] PubMed
21. Juni 2019
Dauer der Antibiotikaprophylaxe bei chirurgischen Eingriffen
In einer umfangreichen retrospektiven Analyse konnte bestätigt werden, dass eine Antibiotikaprophylaxe in der Chirurgie von mehr als 24 Stunden nicht sinnvoll ist. Ein Nutzen der verlängerten Antibiotikagabe war nicht erkennbar, dagegen waren die Risiken für C. difficile-Infektionen und nephrotoxische Reaktionen bei Vancomycingabe erhöht. Maßnahmen im Rahmen des antibiotic stewardship können dazu beitragen, die Dauer zu begrenzen ohne die Häufigkeit von postoperativen Wundinfektionen zu erhöhen.
20. Juni 2019
Infektio_letter
Seit 40 Jahren berichtet die Zeitschrift für Infektionstherapie über wichtige Entwicklungen im Bereich der Infektionstherapie. Mit unserem INFEKTIO_letter erweitern wir dieses Angebot. Monatlich und kostenfrei lesen Sie neueste Meldungen sowie Wissenswertes aus Mikrobiologie, Arzneimittelforschung, Therapie und Schwerpunkt-Themen.
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3. Juni 2019
Neue Ausgabe der Zeitschrift für Infektionstherapie
Heft 3, 2019 der Zeitschrift für Infektionstherapie ist jetzt im Archiv verfügbar (PDF mit Kennwort für Abonnenten).
Der Übersichtsartikel geht der Frage nach: „Neue Antibiotika – geht die Entwicklung am Bedarf vorbei?“ Auch in Zukunft wird das bekannte Dilemma weiterbestehen: im Wettlauf zwischen mikrobieller Resistenzentwicklung und neuen, gut geprüften Antibiotika wird der Abstand größer.
Die Kurzbeschreibung von Doravirin (Pifeltro®), einem nicht-nukleosidischen Inhibitor der reversen Transkriptase in der Rubrik "Antiinfektiva > Neueinführungen" ist frei verfügbar. Der Hemmstoff ist auch in einem Kombinationspräparat unter dem Namen Delstrio® im Handel.
In der Reihe „Aktuelle Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie“ finden Sie einen Beitrag mit dem Titel „Fäkaltransplantation, Teil 2“. Auch dieser Text ist frei verfügbar.
Mai 2019
29. Mai 2019
Quorum sensing-Systeme der Bakterien – ein möglicher Angriffspunkt für Arzneistoffe?
Gramnegative Bakterien besitzen mehrere Systeme, mit denen eine Anpassung an den Wirtsorganismus erfolgt. Mittels Quorum sensing können die Erreger über spezielle Signalmoleküle die Dichte der Population bestimmen; so wird die Freisetzung von Virulenzfaktoren geregelt und die Produktion von Biofilmen. Die Quorum sensing-Systeme sind interessante Ziele für die Wirkung neuartiger Arzneistoffe zur Behandlung bakterieller Infektionen. Ohne die Erreger zu hemmen, sollen dadurch ihr Kommunikationssystem beeinflusst und die Freisetzung von Pathogenitätsfaktoren unterbunden werden. Einige bereits seit langem bekannte Substanzen lassen in vitro entsprechende Wirkungen erkennen. Ob daraus anwendbare Arzneimittel werden, die mit heutigen Therapeutika konkurrieren können, lässt sich derzeit nicht voraussagen.
13. Mai 2019
Neues von der EMA:
DOVATO – ein weiteres Kombinationspräparat mit zwei Wirkstoffen zur antiretroviralen Therapie
Vor etwa einem Jahr wurde der Integraseinhibitor Dolutegravir in Kombination mit Rilpivirin unter dem Handelsnamen JULUCA als erste Zweierkombination zur antiretroviralen Therapie eingeführt. Nun empfiehlt das CHMP, das zuständige Komitee bei der EMA, auch die Kombination aus Dolutegravir mit dem Nukleosid Lamivudin zur Zulassung.1 Es entspricht damit dem Kombinationspräparat TRIUMEQ ohne den Wirkstoff Abacavir. In zwei umfangreichen Phase-3-Studien an mehr als 1.400 Patienten mit HIV-1-Infektion war die duale Kombination einer Dreierkombination aus Dolutegravir plus Tenofovir-Disoproxil und Emtricitabin nicht unterlegen und besser verträglich.2
Eine Übersichtstabelle (PDF-Datei) mit den heute verfügbaren Dreifach- und Zweifach-Kombinationspräparaten zur einmal täglichen antiretroviralen Therapie finden Sie hier.
1. Dovato (Dolutegravir / Lamivudin), Summary of opinion, 26. April 2019
10. Mai 2019
Erfolgreiche Therapie mit Bakteriophagen
Bakteriophagen sind bakterienpathogene Viren, die aus Nukleinsäure und einer Proteinhülle bestehen. Ihre Vermehrung erfolgt im Inneren der Bakterienzelle. Lytische Phagen führen zum Absterben des Bakteriums. Es liegt daher nahe, sie zur Therapie bei bakteriellen Infektionen einzusetzen. Am 24. Januar 2018 berichteten wir über die erfolgreiche Phagentherapie eines Patienten mit einer A. baumannii-Infektion.
Aktuell findet ein weiterer Fallbericht großes Interesse, in dem die erfolgreiche Behandlung eines 15-jährigen Mukoviszidose-Patienten mit einer disseminierten Infektion durch Mycobacterium abscessus beschrieben wird. Da die Therapie mit antimykobakteriellen Wirkstoffen keine ausreichende Wirkung zeigte und mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden war, wurde dem Patienten als letzte Option eine Mischung von drei Phagen – teilweise gentechnisch verändert – intravenös über mehrere Monate verabreicht. Darunter besserte sich der Zustand des Patienten wesentlich.
Im Heft 1, 2018 dieser Zeitschrift finden Sie den Beitrag „Ist die personalisierte antibakterielle Phagentherapie die Zukunft bei Polyresistenz?“ (Archiv, mit Passwort).
3. Mai 2019
Jetzt ohne Passwort verfügbar:
Zeitschrift für Infektionstherapie, Heft 3, 2017
Therapie von Helicobacter pylori-Infektionen
Der Übersichtsartikel in diesem Heft fasst die aktuellen Erkenntnisse zur „Therapie von Helicobacter pylori-Infektionen“ zusammen. Die Behandlung erfolgt mit einem Protonenpumpeninhibitor, der mit zwei oder drei antimikrobiell wirksamen Stoffen kombiniert wird. Die Standardtherapie besteht nach wie vor aus Amoxicillin und Clarithromycin (oder Metronidazol). Bei Hinweisen auf eine mögliche Clarithromycin-Resistenz sollte eine Bismut-haltige Vierfachtherapie durchgeführt werden. In Regionen mit häufiger Resistenz gegen Clarithromycin ist eine gezielte Therapie nach Resistenztestung sinnvoll.
Lesen Sie den vollständigen Artikel im Heft 3, 2017 (PDF-Datei ab jetzt frei in unserem Archiv verfügbar). Die zitierte Literatur finden Sie hier.
April 2019
8. April 2019 Rote-Hand-Brief
Systemisch und inhalativ angewendete Fluorchinolone:
Warnung vor lang anhaltenden, möglicherweise irreversiblen Nebenwirkungen, welche die Lebens-qualität beeinträchtigen
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat das Risiko irreversibler Nebenwirkungen von Fluorchinolonen in den vergangenen Monaten umfassend bewertet, unter anderem fand bereits im Juni 2018 eine öffentliche Anhörung statt. Möglicherweise irreversible Nebenwirkungen auf den Bewegungsapparat (Tendopathien, Myalgien u.a.), sowie das periphere und zentrale Nervensystem (periphere Neuropathie, Depression u.a.) können die Lebensqualität beeinträchtigen. Diese unerwünschten Wirkungen sind seit langem bekannt und in den entsprechenden „Informationen für Fachkreise“ gelistet. Mit der aktuellen Warnung wird erneut darauf hingewiesen, dass die verfügbaren Fluorchinolone (Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Ofloxacin und Norfloxacin) nicht bei leichten, selbstlimitierenden Infektionen angewandt werden sollen.
1. EMA, 11. März 2019 Disabling and potentially permanent side effects lead to suspension or restrictions of quinolone and fluoroquinolone antibiotics
2. Rote-Hand-Brief, 8. April 2019 (BfArM) Systemisch und inhalativ angewendete Chinolon- und Fluorchinolon-Antibiotika: Risiko von die Lebensqualität beeinträchtigenden, lang anhaltenden und möglicherweise irreversiblen Nebenwirkungen -Anwendungsbeschränkungen
8. April 2019
Berichte über Nebenwirkungen der Fluorchinolone in dieser Zeitschrift
In der Zeitschrift für Infektionstherapie haben wir mehrfach auf die unerwünschten Wirkungen, die bei einer Fluorchinolontherapie auftreten können, hingewiesen. Entsprechende Beiträge finden Sie zum Beispiel in folgenden Heften (PDF-Dateien im Archiv):
Levofloxacin-induzierte Achillessehnenruptur mit beträchtlichen Konsequenzen
FDA warnt vor peripherer Neuropathie durch Chinolone
4. April 2019
Neue Ausgabe der Zeitschrift für Infektionstherapie
Heft 2, 2019 der Zeitschrift für Infektionstherapie ist jetzt im Archiv verfügbar (PDF mit Kennwort für Abonnenten).
Der Übersichtsartikel geht der Frage nach: „Gibt es sinnvolle Indikationen für eine Langzeittherapie mit Antibiotika?“ Eine mehrmonatige Gabe von Antibiotika kann mit suppressivem, prophylaktischem oder immun-modulatorischem Ansatz erfolgen. Die Entscheidung muss in jedem Fall vor und auch während der Behandlung kritisch hinterfragt werden.
Die Kurzbeschreibung des Kombinationspräparates aus Meropenem und Vaborbactam (VABOMERE) in der Rubrik "Antiinfektiva > Neueinführungen" ist frei verfügbar. Der neuartige, borhaltige ß-Laktamaseinhibitor hemmt die ß-Laktamasen der Klassen A und C, einschließlich der Klebsiella-pneumoniae-Carbapenemase KPC.
Die Entdeckung und aktuelle Bedeutung der ß-Laktamasen wird in dem Beitrag “ß-Laktamasen – gestern und heute“ beschrieben. In den vergangenen Jahrzehnten sind insgesamt fast 3000 Varianten dieser Resistenzenzyme beschrieben worden.
In der Reihe „Aktuelle Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie“ finden Sie einen Beitrag mit dem Titel „Fäkaltransplantation, Teil 1“. Auch dieser Text ist frei verfügbar.
März 2019
26. März 2019 Rote-Hand-Brief
Elvitegravir / Cobicistat: geringe Plasmaspiegel im
2. und 3. Trimester der Schwangerschaft
In einem Rote-Hand-Brief wurde im vergangenen Jahr auf erniedrigte Darunavir- und Cobicistat-Plasmaspiegel bei Schwangeren hingewiesen (siehe Beitrag am 27. Juni 2018).
Aktuell wird vor zu niedrigen Spiegeln von Elvitegravir und Cobicistat während der Schwangerschaft gewarnt.1 Elvitegravir ist in Deutschland in Kombination mit Cobicistat und anderen Wirkstoffen unter den Namen GENVOYA und STRIBILD im Handel.
Die 24 Stunden-Plasmakonzentrationen von Elvitegravir im zweiten und dritten Trimester der Schwangerschaft waren um mehr als 80% reduziert, verglichen mit den gepaarten Daten nach der Geburt.2 Die physiologischen Besonderheiten während der Schwangerschaft können erheblichen Einfluss auf die Kinetik von Arzneistoffen haben und müssen berücksichtigt werden. Schwangere Frauen sollen nicht mit Elvitegravir-haltigen Präparaten behandelt werden.
19. März 2019
Verträglichkeit von Ceftriaxon in hoher Dosierung
Ceftriaxon wird häufig zur Behandlung bakterieller ZNS-Infektionen angewandt. Für Erwachsene werden Dosierungen von bis zu 4,0 g täglich empfohlen. In Frankreich wurden in einer prospektiven Studie höhere Dosierungen verabreicht, mehr als 40% der insgesamt 196 Patienten erhielten Dosen von 8,0 g oder mehr. Bei 8,7% der Studienteilnehmer kam es zu überwiegend neurologischen Ceftriaxon-bedingten Nebenwirkungen.
Die Talkonzentrationen des Antibiotikums im Plasma (nicht proteingebunden) lagen bei diesen 17 Patienten bei 13,3 mg/l, bei den anderen bei 3,3 mg/l. Nur in einem Fall wurde die Therapie wegen einer biliären Pseudolithiasis abgebrochen. Höhere Dosierungen sind offenbar ausreichend gut verträglich, bei Patienten im höheren Lebensalter und eingeschränkter Nierenfunktion wird eine Bestimmung der Plasmakonzentrationen empfohlen.
11. März 2019
Plazomicin bei komplizierten Harnwegsinfektionen
Bei der Entwicklung des neuen Aminoglykosids Plazomicin (in den USA: Zemdri) wurden die Schwierigkeiten der klinischen Prüfung von neuen Antibiotika deutlich. Während eine Studie bei Patienten mit Harnwegsinfektionen erfolgreich durchgeführt werden konnte1, gab es nicht genügend Teilnehmer mit einer nosokomialen Pneumonie für eine weitere Studie. Die Studie war „Erreger-orientiert“ und wurde nach den Richtlinien der FDA zum Design von Studien zur Behandlung von Patienten mit Infektionen ohne derzeit verfügbare, rationale Behandlungsoption konzipiert. Die Multicenterstudie wurde nach zwei Jahren abgebrochen.2 Allzu strikte Ein- und Ausschlusskriterien verhindern eine zügige Durchführung der klinischen Prüfung. Andererseits ist der Nachweis der Nichtunterlegenheit für jede Indikation notwendig, wie einige Beispiele aus der Vergangenheit zeigen.
4. März 2019
Bedaquilin-resistente Tuberkuloseerreger
Resistenz der Mykobakterien gegen Bedaquilin (SIRTURO) entwickelte sich rasch nach Einführung des innovativen Antituberkulotikums. Mehrere Mechanismen sind bekannt. Mutationen im Gen für ein Protein der ATP-Synthase reduzieren die Wirkung erheblich, daneben existieren genetische Veränderungen, die zu einer erhöhten Aktivität einer Effluxpumpe führen.1 Beunruhigend ist der Nachweis von Bedaquilin-resistenten M. tuberculosis-Stämmen bei Patienten im Iran, die zuvor noch nicht mit dem Arzneimittel behandelt worden waren.2
1. März 2019
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Zeitschrift für Infektionstherapie, Heft 2, 2017
Antiinfektive Therapie der Sepsis
Der Übersichtsartikel im Heft 2, 2017 fasst die aktuellen Erkenntnisse zur Sepsistherapie zusammen. Die Sepsis mit oder ohne Schocksymptomatik ist unverändert eine äußerst bedrohliche Infektion mit hoher Letalität. Nach Diagnosestellung muss unmittelbar mit der hämodynamisch orientierten Basistherapie begonnen werden und parallel dazu die notwendige infektiologische Diagnostik durchgeführt werden. Die empirische antibiotische Anfangstherapie sollte innerhalb einer Stunde begonnen werden und sich an der Infektionslokalisation, den Grunderkrankungen des Patienten, dem Entstehungsort (nosokomial, ambulant), den möglichen Erregern und deren Resistenzepidemiologie orientieren.
Lesen Sie den vollständigen Artikel im Heft 2, 2017 (PDF-Datei ab jetzt frei in unserem Archiv verfügbar).
Die zitierte Literatur finden Sie hier.
Februar 2019
18. Februar 2018
Chlorhexidin plus Mupirocin zur MRSA-Dekolonisation
Der Einsatz von Chlorhexidin sollte auf der Basis von Studien mit eindeutigen Aussagen erfolgen (vgl. Beitrag am 29. August 2018). Ärzte aus Kaliformien berichten über einen positiven Effekt einer Dekolonisation von Patienten, die bei der Entlassung aus dem Krankenhaus mit Methicillin-resistenten S. aureus kolonisiert waren. MRSA-Infektionen traten innerhalb eines Jahres bei 6,3% der Patienten auf im Vergleich zu 9,2% bei einer Kontrollgruppe. Jeweils gut 1.000 Patienten hatten entweder ausführliche Hinweise zur persönlichen Hygiene erhalten oder sie wurden zusätzlich angewiesen ein halbes Jahr lang zweimal monatlich folgende Maßnahmen für fünf Tage durchzuführen: Duschen mit einer Chlorhexidin-Zubereitung (4%), Mundspüliungen mit Chlorhexidin (0,12%) und zweimal täglich Mupirocin Nasensalbe (2%) zu verwenden. Die Gesamtrate an Infektionen verringerte sich von 23,7% auf 19,6%.
8. Februar 2019
Akute Harnwegsinfektion: Phytopharmakon oder Antibiotikum?
Bei Frauen mit den Symptomen einer Zystitis kann eine Therapie mit dem pflanzlichen Präparat CANEPHRON erfolgreich sein. Im direkten Vergleich zu einer Behandlung mit Fosfomycin-Trometamol (MONURIL u.a.) ergab sich ein ähnlich rascher Rückgang der Symptomatik. Die zusätzliche Gabe eines Antibiotikums war bei 16,5% der Frauen notwendig, in der Vergleichsgruppe war dies bei 10,2% der Fall. Die Therapie mit dem pflanzlichen Präparat könnte dazu beitragen, den häufigen Einsatz von Antibiotika bei dieser Indikation zu reduzieren. Es muss beachtet werden, dass eine Pyelonephritis bei der nicht-antibiotischen Therapie häufiger auftreten kann.
Anmerkung: Den vollständigen Artikel finden Sie im Heft 6, 2018 (Archiv). Für Fosfomycin wurde dort das zur intravenösen Therapie erhältliche INFECTOFOS als Handelsname aufgeführt. Untersucht wurde in dieser Studie jedoch das Fosfomycin-Trometamol, das unter verschiedenen Namen zur oralen Anwendung im Handel ist. Wir danken Herrn Dr. Winnemöller, Infectopharm, für den Hinweis.
1. Februar 2019
Neue Ausgabe der Zeitschrift für Infektionstherapie
Heft 1, 2019 der Zeitschrift für Infektionstherapie ist jetzt im Archiv verfügbar (PDF mit Kennwort für Abonnenten).
Der Übersichtsartikel beschreibt den aktuellen Stand einer „Therapie der chronischen Hepatitis B“. Das Nukleosid Entecavir und zwei Prodrugs des Nukleotids Tenofovir sind heute die Mittel der primären Wahl zur Behandlung von Patienten mit Hepatitis B.
Die Kurzbeschreibung des Toxinantikörpers Bezlotoxumab (ZINPLAVA) in der Rubrik "Antiinfektiva > Neueinführungen" ist frei verfügbar. Damit steht ein neuartiger Präventionsansatz gegen Rezidive einer C. difficile-Infektion zur Verfügung. Beim Vorliegen von Risikofaktoren für ein Rezidiv resultiert eine etwa 10- bis 16-prozentige Reduktion der Rezidivrate. Bei Patienten ohne Risikofaktoren hat das neue Arzneimittel keinen Nutzen.
In der Reihe „Aktuelle Epidemiologie und Diagnostik in der Mikrobiologie“ finden Sie einen Beitrag mit dem Titel „Sepsis“. Auch dieser Text ist frei verfügbar.
Januar 2019
25. Januar 2019
Actoxumab – ein klinisch unwirksamer Antikörper gegen das Toxin A von Clostridium difficile
Clostridium difficile bildet mehrere Toxine: A und B sowie ein binäres Toxin. Tierexperimentell wurde gezeigt, dass das Toxin A entzündliche Reaktionen, Nekrosen und Flüssigkeits-verschiebungen induziert. Im Gegensatz dazu wirkt Toxin B nur dann, wenn es mit Toxin A kombiniert wird.1,2
Toxin A wurde daher ursprünglich als der primäre Virulenzfaktor von C. difficile angesehen. Der Antikörper Actoxumab ist gegen dieses Toxin gerichtet. Das Immunglobulin zeigt im Tierexperiment eine protektive Wirkung, erwies sich in der klinischen Prüfung jedoch als unwirksam. Auch in Kombination mit dem gegen Toxin B gerichteten Antikörper Bezlotoxumab (ZINPLAVA) war kein Vorteil erkennbar. Daher wird nun – entgegen des ursprünglichen Konzeptes – der Toxin B-Antikörper Bezlotoxumab als Monopräparat zur Prophylaxe eines C. difficile – Rezidivs eingesetzt.
Eine ausführliche Beschreibung der beiden Antikörper lesen Sie in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift für Infektionstherapie (Heft 1, 2019).
1. Johnson S, Gerding DN. Bezlotoxumab. Clin Infect Dis. 2018 Jul 18. doi: 10.1093/cid/ciy577. [Epub ahead of print] FREE FULL TEXT
18. Januar 2019
Daptomycin – höheres Myopathierisiko bei gleichzeitiger Statintherapie?
Das Lipopeptidantibiotikum Daptomycin (CUBICIN) kann Myopathien verursachen. Insgesamt 128 von mehr als 3000 Daptomycin-behandelten Patienten (4,2 %) zeigten diese Nebenwirkung mit CPK-Werten über 200 U/l. Die retrospektive Analyse aus den USA konnte zeigen, dass die gleichzeitige Gabe eines Statins mit einer erhöhten Inzidenz an Myopathien einhergeht. Die Autoren empfehlen, eine Statin-Therapie bei einem Daptomycin-Einsatz zu unterbrechen bzw. mindestens zweimal wöchentlich eine CPK-Bestimmung vorzunehmen.1
Ein aktueller Kommentar zu dieser Studie weist darauf hin, dass in früheren Untersuchungen die Nebenwirkung seltener festgestellt wurde. Kritisiert wird die Auswahl der Patienten und die Definition der Myopathie mit zu niedrigen CPK-Grenzwerten.2 Eine CPK-Kontrolle bei einer Daptomycintherapie und Zurückhaltung bei gleichzeitiger Gabe von anderen myotoxischen Medikamenten entspricht jedoch den offiziellen Empfehlungen in der Fachinfo.3
3. Fachinfo CUBICIN, Dezember 2018 www.fachinfo.de
11. Januar 2019
Neue Therapeutika bei Infektionen durch Carbapenem-resistente A. baumannii in der klinischen Entwicklung
Carbapenem-resistente Acinetobacter baumannii (CRAB) sind gefürchtete Erreger nosokomialer Infektionen. Die verfügbaren Antibiotika, wie Colistin, sind durch ihre Toxizität in der Höhe der Dosierung limitiert und können in ihrer Wirksamkeit nicht überzeugen. In einer aktuellen Übersicht1 werden neue Arzneimittel vorgestellt, die sich in unterschiedlichen Phasen der klinischen Entwicklung befinden und die bei Infektionen mit dem problematischen Erreger eine Option darstellen können. Neben Cefiderocol, einem neuen Siderophor-Cephalosporin, dem Tetrazyklin-derivat Eravacyclin und zahlreichen anderen Antibiotika werden heute auch völlig neue Therapieansätze geprüft. Dazu gehört die Therapie mit Bakteriophagen oder monoklonalen Antikörpern.
2. Januar 2019
Optimale Dauer der Antibiotikatherapie
Jeder Tag, an dem ein Patient antibiotisch behandelt wird, erhöht den Selektionsdruck in der körpereigenen Flora und kann zu einem Anstieg der Resistenzhäufigkeit beitragen.
Eine verkürzte Therapiedauer ist daher stets anzustreben, wenn dies ohne Einbuße beim Erfolg möglich ist. Mittlerweile wurden etliche randomisierte klinische Studien zu dieser Thematik publiziert. Eine Übersicht zu diesem Thema finden Sie in Heft 1, 2017 dieser Zeitschrift (jetzt als freie PDF-Datei im Archiv).1
In einer aktuellen Studie stellten Ärzte aus Israel fest, dass bei einer Bakteriämie durch gramnegative Erreger kein Unterschied im Therapieerfolg bestand, wenn die Patienten nur sieben anstatt 14 Tage lang antibiotisch behandelt wurden. Bei zwei Drittel der Studienteilnehmer lag eine Infektion der Harnwege als Ausgangspunkt der Bakteriämie vor.2
1. Optimale Dauer der Antibiotikatherapie
Heft 1, 2017 (PDF-Datei im Archiv)