Willkommen bei der Zeitschrift für Infektionstherapie!
INFEKTIO aktuell
Aktuelle Informationen zur Infektionstherapie
++ Up to date bleiben: Newsletter-Anmeldung ++
Eine Kurzzeit-Antibiotikatherapie könnte die Therapieadhärenz verbessern und unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Kosten reduzieren. Auf der Grundlage spärlicher Belege empfehlen die meisten Leitlinien jedoch eine längere Antibiotikatherapie bei nicht schwerer ambulant erworbener Lungenentzündung (CAP) bei Kindern. In einem systematischen Review und einer Meta-Analyse wurde untersucht, ob bei Kindern mit nicht-schwerer CAP eine kürzere Antibiotikagabe einer längeren Therapiedauer nicht unterlegen ist. Als Informationsquellen wurden die Datenbanken wie MEDLINE, Embase, Web of Science, die Cochrane Library und drei chinesische Datenbanken bis zum 31. März 2022 wie auch Studiendatenbanken und Google herangezogen.
Es wurden randomisierte klinische Studien untersucht, die eine kürzere gegen eine längere Therapie mit demselben oralen Antibiotikum bei Kindern mit nicht schwerer CAP verglichen. Für die
Zusammenführung der Daten wurden Random-Effects-Modelle genutzt. Zur Bewertung der Qualität der Evidenz wurde die GRADE-Methode (Grading of Recommendations Assessment, Development and Evaluation)
verwendet. Haupt-Endpunkt war das Therapieversagen, definiert als persistierende Pneumonie oder Neuauftreten von Warnsignalen (z.B. Lethargie, Bewusstlosigkeit, Krampfanfälle, Unfähigkeit zum
Trinken), Fieber (> 38 °C) nach Therapieende, Wechsel der Antibiotikatherapie, Hospitalisation, Tod, Verpassen von mehr als 3 Dosen des Studienmedikaments, loss to follow-up und Entzug des
Einverständnisses. Neun randomisierte klinische Studien mit 11.143 Teilnehmenden wurden in diese Meta-Analyse einbezogen. Insgesamt 98 % der Teilnehmenden waren zwischen 2 und 59 Monate alt, und 58 %
waren männlich. Acht Studien mit 10.662 Patienten meldeten ein Therapieversagen. Dieses trat bei 12,8 % bzw. 12,6 % der Teilnehmenden auf, die eine kürzere bzw. längere Antibiotikatherapie erhielten.
Daten aus qualitativ-hochwertigen Studien belegten, dass eine kürzere orale Antibiotikagabe einer längeren Antibiotikagabe in Bezug auf Behandlungsversagen bei Kindern mit nicht-schwerer CAP nicht
unterlegen war (relatives Risiko: 1,01; 95 % Konfidenzintervall: 0,92-1,11). Eine 3-tägige Antibiotikabehandlung war einer 5-tägigen hinsichtlich Therapieversagen ebenfalls nicht unterlegen
(relatives Risiko: 1,01; 95 % Konfidenzintervall: 0,91-1,12), und auch eine 5-tägige Behandlung war einer 10-tägigen nicht unterlegen (relatives Risiko: 0,87; 95 % Konfidenzintervall: 0,50-1,53).
Eine kürzere Antibiotikagabe war mit signifikant weniger (-21 %) Gastroenteritis und signifikant seltenerer (-26 %) Abwesenheit des Betreuungspersonals verbunden.
Schlussfolgerung der Autoren
Die Ergebnisse der Meta-Analyse deuten darauf hin, dass bei Kindern im Alter von 2 bis 59 Monaten mit nicht-schwerer CAP eine kürzere Antibiotikagabe einer längeren Antibiotikagabe nicht unterlegen ist. Daher sollten kürzere Antibiotikatherapien für die Behandlung der nicht-schweren pädiatrischen CAP in Betracht gezogen werden.
Fazit
Diese Studie bestätigt die immer stärkere Evidenz für kurze Therapiedauer. Gerade auch vor dem realen Hintergrund des Versorgungsengpasses mit Antibiotika, der Selektion von Antibiotikaresistenzen und den nachteiligen Effekten von Antibiotika auf das Mikrobiom erscheint es nicht mehr nur als eine Option, sondern sollte es eine ärztliche Pflicht sein, die Antibiotikatherapie so kurz wie möglich zu halten.
Li Q, Zhou Q, Florez ID, et al. Short-Course vs Long-Course Antibiotic Therapy for Children With Nonsevere Community-Acquired Pneumonia: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Pediatr. 2022;176(12):1199–1207. doi: 10.1001/jamapediatrics.2022.4123
23.03.2023
In der Primärversorgung werden häufig Antibiotika verschrieben, die das Risiko einer Antibiotikaresistenz in der Bevölkerung erhöhen.
In dieser pragmatischen randomisierten klinischen Studie in der Schweiz wurde untersucht, ob ein vierteljährliches Audit und Feedback zur Verschreibung von Antibiotika bei Hausärzten mit mittleren
bis hohen Verschreibungsrate den Antibiotika-Einsatz reduzieren kann.
Die Studie wurde von Januar 2018 bis Dezember 2019 bei 3.426 Hausärzten und Kinderärzten in der Schweiz durchgeführt, die zu den 75 % Ärzten mit den höchsten Antibiotikaverschreibungen
gehörten.
Hausärzte wurden im Verhältnis 1:1 randomisiert, um sich zwei Jahre lang einem vierteljährlichen Antibiotika-Verschreibungsaudit und einem Feedback mit Vergleich gegenüber ihren Kollegen
(Peer-Benchmarking) oder keiner Intervention zu unterziehen, wobei 2017 als Ausgangsjahr diente. Für die Prüfung und das Feedback wurden anonymisierte Daten auf Patientenebene von drei
Krankenversicherern verwendet, die etwa 50 % der Versicherten in der Schweiz umfassen. Die Interventionsgruppe erhielt außerdem evidenzbasierte Leitlinien für die Behandlung von Atemwegs- und
Harnwegsinfektionen sowie Informationen zur ambulanten Antibiotikaresistenz. Die Ärzte der Interventionsgruppe wurden über die Art der Studie verblindet, die Ärzte der Kontrollgruppe wurden nicht
über die Studie informiert.
Die für Audit und Feedback verwendeten Versicherungsdaten wurden für die Outcome-Analyse verwendet. Der primäre Endpunkt war die Antibiotika-Verschreibungsrate pro 100 Konsultationen im zweiten Jahr
der Intervention. Zu den sekundären Endpunkten gehörten der Gesamtantibiotikaverbrauch im ersten Jahr und über zwei Jahre, der Einsatz von Chinolonen und oralen Cephalosporinen,
Krankenhausaufenthalte jeglicher Ursache und der Antibiotikaverbrauch in drei Altersgruppen (≤ 5 Jahre, 6-65 Jahre, und > 65 Jahre).
Insgesamt wurden 3.426 Ärzte in die Interventions- (n = 1713) und Kontrollgruppe (n = 1713) randomisiert, die 629.825 bzw. 622.344 Patienten mit insgesamt 4.790.525 Konsultationen im Ausgangsjahr 2017 betreuten. In der gesamten Kohorte wurde im zweiten Jahr der Intervention im Vergleich zu 2017 ein relativer Anstieg der Antibiotika-Verschreibungsrate um 4,2 % festgestellt. In der Interventionsgruppe lag der Median der jährlichen Antibiotika-Verordnungsrate pro 100 Konsultationen im zweiten Jahr der Intervention bei 8,2 (IQR, 6,1-11,4) und in der Kontrollgruppe bei 8,4 (IQR, 6,0-11,8). Bezogen auf den Gesamtanstieg wurde in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe eine um -0,1 % (95 % CI, -1,2 % bis 1,0 %) niedrigere Antibiotika-Verordnungsrate pro 100 Konsultationen festgestellt. Mit Ausnahme von Chinolonen im zweiten Jahr der Intervention (-0,9 % [95 % CI, -1,5 % bis -0,4 %]) wurde keine relevante Verringerung der Verschreibungsrate für bestimmte Antibiotika zwischen den Gruppen festgestellt.
Schlussfolgerung der Autoren
Bei den Hausärzten in der Schweiz mit mittlerer bis hoher Antibiotika-Verordnungsrate führte das vierteljährliche personalisierte Audit der Antibiotikaverschreibung und das Feedback mit Peer-Benchmarking nicht zu einer Reduktion der Antibiotikaverschreibung.
Fazit
Die Autoren führen einige mögliche Ursachen für die fehlende Wirksamkeit auf, die tatsächlich entscheidend sein könnten. So wurde das Feedback mit einer 6-monatigen Latenz gegeben, wodurch es als weniger relevant erscheint und kaum auf die aktuelle Situation bezogen werden kann. Außerdem enthalten die Versicherungsdaten keine Angaben zu Diagnosen, weswegen keine Aussagen gemacht werden können, ob die Antibiotikatherapie angemessen war.
Aghlmandi S, Halbeisen FS, Saccilotto R, et al. Effect of Antibiotic Prescription Audit and Feedback on Antibiotic Prescribing in Primary Care: A Randomized Clinical Trial. JAMA Intern Med. 2023;183(3):213–220. doi: 10.1001/jamainternmed.2022.6529
23.03.2023
Durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird Deutschland im Hinblick auf die Tuberkulose-Fallzahlen als Niedriginzidenzland mit 4,9 pro 100.000 Einwohner eingestuft. Zudem sinken die
Fallzahlen seit 2019 kontinuierlich – bis vor kurzem, denn im Jahr 2022 wurde eine geringfügige Erhöhung verzeichnet. Eine mögliche Ursache stellen die Folgen des Ukraine-Kriegs dar. Menschen, die
aus einem Land mit einer höheren Inzidenz (70 pro 100.000 Einwohner) stammen, haben ein erhöhtes Risiko sich mit Tuberkulose zu infizieren und daran zu erkranken. Enger Kontakt mit an offener
Lungentuberkulose erkrankten Personen, aber auch andere Faktoren wie beengte Wohnverhältnisse und schlechte Hygienebedingungen, stellen eine Bedrohung dar. Flucht und Migration begünstigen diese
Faktoren, sodass die Zahlen in Niedriginzidenzländern steigen können.
Ziel der WHO ist es, die Zahl der Neuerkrankungen auf weniger als 1 pro 100.000 Einwohnung bis zum Jahr 2035 zu senken. Dies bedarf jedoch einer fächerübergreifenden Kooperation aller Mitwirkenden.
Zudem muss der Tuberkulosekontrolle eine höhere Bedeutung zugeschrieben werden. Um diese Thematik in der Öffentlichkeit zu platzieren und diese für die gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen
Folgen zu sensibilisieren, gedenken wir am 24. März dem Welt-Tuberkulose-Tag. Mehr Informationen
23.03.2023
Infektionskrankheiten gehören zu den größten Herausforderungen der Gesundheitswesen weltweit. Die COVID-19-Pandemie hat das sehr eindrücklich verdeutlicht. Die Gesundheit von Mensch, Tier und
Umwelt ist eng miteinander verknüpft: Um neue Krankheiten zu verhindern und die globale Gesundheit zu verbessern, müssen daher Zusammenhänge und Abhängigkeiten verstanden werden. Dafür steht der
One-Health-Ansatz.
Prof. Leendertz ist Biologe und Veterinärmediziner. Als Gründungsdirektor des neu gegründeten Helmholtz-Instituts für One Health in Greifswald spricht er im Rahmen der Sepsis-Akademie zu „One Health
– oder der Blick über den Tellerrand“. Jetzt Video ansehen
23.03.2023
Liebe Leserinnen und Leser,
mit großer Freude darf ich mich bei Ihnen als neuer Mitherausgeber der Zeitschrift für Infektionstherapie vorstellen.
Ich bin Internist und klinischer Infektiologie und als Leitender Arzt in der Klinik für Infektiologie & Spitalhygiene am Kantonsspital St. Gallen in der Schweiz tätig. Weiterhin bin ich
Titularprofessor an der Universität Zürich und Mitglied der Programmleitung des Joint Medical Masters in St. Gallen (JMM-HSG/UZH).
Nach meinem Medizinstudium an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und an der Harvard Medical School in Boston, absolvierte ich meine Facharztausbildung in Innerer Medizin in der
Medizinischen Klinik Ziemssenstraße der LMU München sowie am Beth Israel Deaconess Medical Center/Harvard Medical School in Boston und anschließend meine Facharztausbildung in Infektiologie an der
Emory University in Atlanta. Nach einem Fellowship an der Respiratory and Meningeal Pathogens Research Unit am Chris Hani Baragwanath Hospital in Soweto/ University of the Witwatersrand,
Johannesburg, wo ich zu Pneumokokken-Epidemiologie und -Diagnostik forschte, kam ich 2007 in die Schweiz. Hier arbeitete ich zunächst am Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern, dann
an der Medizinischen Universitätsklinik am Kantonsspital Aarau und seit 10 Jahren nun am Kantonsspital St. Gallen.
Ich bin aktiv in der Patientenversorgung im Bereich der gesamten Infektiologie, in der medizinischen Lehre sowie in der klinischen und translationalen Forschung tätig. Meine klinischen und
wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen im Bereich der Atemwegsinfektionen, der Infektionen auf Intensivstationen und des rationalen Antibiotikaeinsatzes.
Infektiologische Herausforderungen begegnen uns täglich nicht erst seit der COVID-19-Pandemie, sondern auch durch die zunehmenden Probleme der Antibiotikaresistenz und eine immer komplexere
Hochleistungsmedizin. Entsprechend werden auch wieder vermehrt neue Antiinfektiva entwickelt und getestet und das Interesse daran ist beträchtlich.
Zusammen mit Prof. Mathias Pletz freue ich mich, Ihnen auch in Zukunft spannende Neuigkeiten auf dem Gebiet der Infektionstherapie präsentieren zu dürfen.
Herzliche Grüße
Ihr
Werner Albrich
24.02.2023
Doxycyclin wird in Leitlinien als eine Behandlungsoption für die leichte, ambulant erworbene Lungenentzündung (CAP) bei Erwachsenen empfohlen. Da es ein „altes” Antibiotikum ist, gibt es dazu nur
wenige aktuelle Daten. In der nachfolgenden Arbeit wurde die Datenlage zur Wirksamkeit von Doxycyclin bei erwachsenen Patienten mit leichter bis mittelschwerer CAP überprüfend zusammengefasst.
Hierzu wurde eine systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse von randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) zu Doxycyclin im Vergleich zu einem anderen Vergleichspräparat durchgeführt.
Der primäre Endpunkt war die klinische Heilungsrate. Meta-Analysen mit randomisierten Effektenmodellen wurden verwendet, um gepoolte Odds Ratio zu erstellen und Heterogenität zu evaluieren. Das Risiko von Verzerrungen und die Qualität der Evidenz wurden mit dem Cochrane Risk of Bias 2.0-Tool und GRADE-Methoden bewertet. Es wurden dazu 6 RCTs mit 834 klinisch evaluierbaren Patienten eingeschlossen. Die Studien fanden zwischen 1984 und 2004 statt.
Die klinische Heilungsrate war zwischen der Doxycyclin- und der Vergleichsgruppe ähnlich (87,2% [381/437] gegenüber 82,6 % [328/397]). Eine Subgruppenanalyse von zwei Studien mit einem niedrigen
Bias-Risiko ergab signifikant höhere klinische Heilungsraten in der Doxycyclin-Gruppe (87,1 % [196/225] gegenüber 77,8 % [165/212]). Die Raten unerwünschter Ereignisse waren in der Doxycyclin-Gruppe
und der Vergleichsgruppe vergleichbar.
Vergleichstherapien waren drei Makrolide (Roxithromycin, Spiramycin und Erythromycin) und drei Fluorchinolone (Ofloxacin, Fleroxacin und Levofloxacin). Vier Studien wiesen insgesamt hohe Bias-Risiken
auf.
Schlussfolgerung der Autoren
Die Wirksamkeit von Doxycyclin war bei leichter bis mittelschwerer CAP mit der von Makroliden oder Fluorchinolonen vergleichbar und stellt somit eine praktikable Behandlungsoption dar. Allerdings
sind die Studien relativ alt. Um eine aktuelle Aussage treffen zu können, sind neue Studien erforderlich.
Sang-Ho Choi et al. Efficacy of Doxycycline for Mild-to-Moderate Community-Acquired Pneumonia in Adults: A Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized
Controlled Trials, Clinical Infectious Diseases, Volume 76, Issue 4, 15 February 2023, Pages 683–691, DOI: 10.1093/cid/ciac615
24.02.2023
In dieser Meta-Analyse wurde das Risiko einer Myokarditis/Perikarditis nach einer COVID-19-Impfung ausgewertet. Bis zum März 2022 erfolgte eine systematische Literatursuche in sieben Online-Datenbanken. Die Heterogenität wurde anhand des I2-Index geprüft. RR und 95 % CI wurden entweder durch Modelle mit zufälligen oder festen Effekten gepoolt. Es wurden auch Sensitivitätsanalysen durchgeführt. Insgesamt wurden 11 Studien mit insgesamt 58.620.611 Personen einbezogen. Die COVID-19-Impfung war mit einem erhöhten Risiko für Myokarditis oder Perikarditis assoziiert (RR=2,04; 95 % CI=1,33, 3,14). Darüber hinaus wurde ein gegenüber der ersten Dosis erhöhtes Risiko für Myokarditis oder Perikarditis bei Personen nach der zweiten Dosis festgestellt (RR=4,06; 95 % CI=2,08, 7,92). Eine erhöhte Inzidenz von Perikarditis oder Myokarditis wurde vor allem bei Personen gefunden, die die Impfstoffe BNT162b (COMIRNATY) und mRNA-1273 (SPIKEVAX) erhielten.
Fazit
Die derzeitigen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die COVID-19-Impfung mit einem erhöhten Risiko für Myokarditis oder Perikarditis verbunden ist. Außerdem haben Personen, die die zweite Dosis
erhalten haben, im Vergleich zur ersten Dosis ein höheres Risiko, an Myokarditis oder Perikarditis zu erkranken. Daher sollten Entscheidungen über die COVID-19-Impfung eine Risikobewertung des
Nutzens der COVID-19-Impfung in allen Alters- und Geschlechtsgruppen beinhalten. Die Ergebnisse sind jedoch durch die Anzahl und Qualität der eingeschlossenen Studien begrenzt, und es sind weitere
gut konzipierte Studien erforderlich, um die möglichen Mechanismen zu erklären, durch die COVID-19-Impfstoffe das Risiko einer Myokarditis oder Perikarditis erhöhen können.
Gao J et al. A Systematic Review and Meta-analysis of the Association Between SARS-CoV-2 Vaccination and Myocarditis or Pericarditis. Am J Prev Med. 2023
Feb;64(2):275-284.
doi: 10.1016/j.amepre.2022.09.002. Epub 2022 Sep 26.
27.1.2023
Am 5. Januar 2023 verstarb Prof. Ralf Stahlmann, ehemals kommissarischer und stellvertretender Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Charité – Universitätsmedizin
Berlin. Ralf Stahlmann ist nach langer, geduldig ertragener schwerer Erkrankung in seinem Haus in Berlin-Lichterfelde friedlich eingeschlafen.
Ralf Stahlmann wurde am 10. Februar 1950 in Mennighüffen, einem Ortsteil der Stadt Löhne in Nordrhein-Westfalen, geboren. Er absolvierte sein Abitur in Bad Oeynhausen und studierte von 1968 bis 1974
erfolgreich Pharmazie in Hamburg sowie von 1974 bis 1980 Medizin in Berlin. 1981 folgte die Promotion zum Thema „Pharmakokinetik und therapeutische Anwendung neuer oraler Cephalosporin-Antibiotika“
im Forschungslabor Antiinfektiva (Prof. H. Lode) des Klinikums Steglitz der FU Berlin. Von 1980 bis 2000 war er wissenschaftlicher Assistent am Institut für Toxikologie und Embryonalpharmakologie der
FU Berlin (Prof. D. Neubert), an dem er 1989 im Fach Pharmakologie und Toxikologie mit einer Arbeit über „Untersuchungen zur Reproduktionstoxizität von Chemotherapeutika“ habilitiert wurde. Von 1992
bis 1993 arbeitete Ralf Stahlmann als Visiting Professor am Department of Pharmacology and Toxicology, Purdue University, West Lafayette, USA, und trat im Juli 1992 der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für
Infektionstherapie e.V. bei, in der er bis zum Ende ein engagiertes und allseits beliebtes Mitglied war. 1995 erfolgte die Ernennung zum außerplanmäßigen Professor an der FU Berlin. Von 2000 bis 2010
war er Universitätsprofessor (C3/W2) im Fachbereich Humanmedizin und fungierte dabei zunächst als kommissarischer, später als stellvertretender Direktor am Institut für Klinische Pharmakologie und
Toxikologie der Charité (Prof. R. Kreutz). 2008 initiierte Ralf Stahlmann den Masterstudiengang Toxikologie an der Charité, den er bis 2018 leitete. Weiterhin war er von 2005 bis 2021 Vorsitzender
der Ethikkommission der Charité (Ausschuss CBF). Seit 2015 repräsentierte er Deutschland als Mitglied im RAC (Risk Assessment Committee) der European Chemical Agency in Helsinki.
Wissenschaftliche Schwerpunkte von Ralf Stahlmann waren die Arzneimittel- und Reproduktionstoxikologie. So erarbeitete er mit seiner Forschungsgruppe in Zell- und Tierexperimenten unter anderem
grundlegende Erkenntnisse zur Toxikologie von Fluorchinolonen.
Der Verfasser dieses Nachrufs hatte das Privileg mit dem Verstorbenen über 40 Jahre in freundschaftlicher, kollegialer und erfolgreicher Zusammenarbeit die Zeitschrift für Chemotherapie (heute:
Zeitschrift für Infektionstherapie) herauszugeben. Ralf Stahlmann war die Seele der Zeitschrift und hatte eine besondere Begabung auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Publizistik. Zahlreiche
gemeinsame wissenschaftliche Publikationen beruhten auf dieser produktiven Kooperation, die geprägt war durch beiderseitiges, intensives Interesse an den Fortschritten der Infektionstherapie.
Privat war Ralf ein Freund der klassischen Musik. Er widmete sich intensiv seiner Familie und hinterlässt eine sehr fürsorgliche Ehefrau, zwei Töchter und drei Enkel. Technische Neuigkeiten in der
Musik- und Medienwelt faszinierten ihn und er fotografierte leidenschaftlich gerne und gut. Im Urlaub zog es ihn immer wieder nach Spanien, da die spanische Mentalität ihm sehr zusagte und eine
wirksame Erholung garantierte.
Ralf Stahlmann war ein stets positiv denkender, in sich ruhender, breit interessierter und kluger Mensch, den wir sehr vermissen werden.
Prof. Hartmut Lode
Gründungsherausgeber der
Zeitschrift für Infektionsmedizin
27.1.2023
►COVID-19 Kompendium (4., erw. u. akt. Auflage)
►COVID-19 Erkrankungen weltweit
Website der Johns Hopkins University
►COVID-19 Erkrankungen in Deutschland (Landkreise)