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Antibiotikaallergien – gezieltes Vorgehen bei vermeintlicher β‑Lactam-Allergie

Allergien gegen Antibiotika zählen zu den individuellen, nicht vorhersehbaren Arzneimittelunverträglichkeiten (sogenannte Typ-B‑Reaktionen). Dabei spielen Arzneimittelunverträglichkeiten in bis zu 3 % aller Krankenhauseinweisungen eine Rolle. Bei insgesamt 10–20 % der hospitalisierten Patienten kann es zu einer Arzneimittelunverträglichkeit im Rahmen des stationären Aufenthalts kommen. Die Mehrheit aller Arzneimittelunverträglichkeiten ist auf die normalen pharmakologischen Toxizitätseigenschaften der Substanzen zurückzuführen (sogenannte Typ-A‑Reaktionen). 


Obwohl durch die anamnestische Angabe einer Penicillinallergie erhebliche Einschränkungen in der Therapie akuter Infektionen entstehen, die mit Nebenwirkungen und teilweise schlechteren Therapieergebnissen assoziiert sind, wird die Allergie leider zumeist nicht kritisch hinterfragt. Bei 85–90 % der Patienten mit einer Penicillinallergie handelt es sich um unspezifische Unverträglichkeitsreaktionen ohne Gefährdung bei Reexposition. Eine sorgfältige Anamnese der Beschwerden sowie erste einfache diagnostische Schritte können bereits wesentlich zur Klärung einer relevanten Allergie beitragen, um so den Patienten bei antibiotikapflichtiger Infektion die optimale Therapie bieten zu können. Generell gilt, große Sorgfalt bei der Anamnese, dem Einholen der Vorbefunde und somit der individuellen Risikoeinschätzung walten zu lassen. Im Zweifel sollte Rücksprache mit einer allergologischen Fachabteilung gehalten werden.


Kreuzallergien zwischen verschiedenen β‑Lactam-Antibiotika können auftreten, das Risiko ist jedoch substanzabhängig und kann anhand entsprechender Tabellen eingeschätzt werden. Kreuzreaktionen entstehen meist durch Übereinstimmungen in den R1-Seitengruppen, was überwiegend für die Penicillinabkömmlinge zutrifft. Kreuzreaktionen zwischen Penicillinen und Cephalosporinen bzw. Carbapenemen oder Monobactamen sind äußerst selten.

 

Schlussfolgerung der Autoren

 

Kreuzreaktionen entstehen meist durch Übereinstimmungen in den R1-Seitengruppen, was überwiegend auf Penicillinabkömmlinge zutrifft. Kreuzreaktionen zwischen Penicillinen und Cephalosporinen bzw. Carbapenemen oder Monobactamen sind äußerst selten. Bei der Mehrheit der Patienten mit einer anamnestischen Penicillinallergie können β-Lactame eingesetzt werden, was einerseits vorteilhaft für den Patienten und andererseits aus gesundheitsökonomischer und Antibiotic Stewardship-Perspektive wünschenswert ist. 

 

Fazit

 

Dies ist ein wichtiges Thema, weil häufig fälschlicherweise den Patienten die wirksamste Substanzklasse komplett vorenthalten wird. Wie in einem ebenfalls lesenswerten Übersichtsartikel von Blumenthal et al. (Lancet 2019; 393: 183–98) schön zusammengestellt, beträgt das Kreuzallergie-Risiko zwischen Penicillinen und Cephalosporinen, die nicht die gleichen Seitenketten tragen, weniger als 2 % und zwischen Penicillinen und Carbapenemen weniger als 1 %.

 

Hornuß, D. et al. Antibiotikaallergien – gezieltes Vorgehen bei vermeintlicher β-Laktam-Allergie. Inn Med (Heidelb) 2023; 64(4):351–361. doi: 10.1007/s00108-023-01490-5

 

17.05.2023

Diagnostic Stewardship bei Infektionskrankheiten

Antimikrobielle Resistenz (AMR) stellt eine unmittelbare Bedrohung für die globale Gesundheit dar und wurde durch den unangemessenen Einsatz von Diagnostikmethoden, die zur übermäßigen Verschreibung von antimikrobiellen Wirkstoffen führen, verschärft. Diagnostic Stewardship (DS) ist eine Ergänzung zu Antimicrobial Stewardship (AMS) und betont den Einsatz der richtigen Tests für den richtigen Patienten zum richtigen Zeitpunkt. Es fördert auch den bewussten Einsatz schneller und neuer molekularer Diagnosewerkzeuge, um eine wirksame Antibiotikatherapie einzuleiten und gleichzeitig die übermäßige Verwendung von Breitspektrumantibiotika zu vermeiden, wenn diese nicht erforderlich sind. Eine angemessene Interpretation der Testergebnisse ist entscheidend, um Übertherapien und unnötige Kosten im Gesundheitswesen zu vermeiden. Obwohl viele schnelle Diagnosewerkzeuge mit hoher diagnostischer Ausbeute entwickelt wurden, sind sie oft durch eingeschränkte Zugänglichkeit, Kosten und mangelndes Wissen über ihre Verwendung limitiert. Eine sorgfältige Berücksichtigung von klinischen Anzeichen und Symptomen sowie Kenntnisse der lokalen Epidemiologie sind für DS von zentraler Bedeutung. Dies ermöglicht eine angemessene Interpretation mikrobiologischer Ergebnisse. Multidisziplinäre Teams sollten zusammenarbeiten, um DS zu fördern. Hindernisse in der Umsetzung des DS werden hauptsächlich durch Ressourcenknappheit und mangelndes geschultes Personal, und vor allem durch mangelndes Wissen verursacht. Der Mangel an Ressourcen ist häufig darauf zurückzuführen, dass das Bewusstsein dafür fehlt, welche Auswirkungen eine gute mikrobiologische Testung und Fachkenntnisse auf den richtigen Einsatz von Antibiotika haben können. Groß angelegte Forschungsarbeiten sind erforderlich, um weitere Belege für die Vorteile von DS für die Patientenergebnisse und die Gesundheitskosten zu liefern. Darüber hinaus sind Studien aus ressourcenarmen Gebieten erforderlich, um besser zu verstehen, wie DS in einem solchen Kontext etabliert werden kann. Eine gute klinische Mikrobiologie sollte DS als Kernaktivität einbeziehen, da sie für den Erfolg von AMS und Infektionsprävention wichtig ist. Das Potenzial von DS kann nicht voll ausgeschöpft werden, wenn es nicht mit einer angemessenen AMS gepaart wird.

 

Schlussfolgerung der Autoren

 

DS ist gekennzeichnet durch die Verordnung des korrekten Tests für den richtigen Patienten zur richtigen Zeit. Damit unterstützt DS das AMS. Voraussetzung für DS ist die Kenntnis der diagnostischen Charakteristika des jeweiligen Tests. Empfehlenswert ist dafür die Zusammenarbeit in einem multidisziplinären Team aus Infektiologen, Mikrobiologen, Pflegefachpersonen und Epidemiologen. Bei der Integration des DS In den Alltag ist die elektronische Krankenakte hilfreich, indem sie klinische Behandlungspfade zur Verfügung stellt oder Verordnungen korrigiert.

 

Fazit

 

Nicht alles was diagnostisch möglich ist, ist klinisch sinnvoll. Entscheidend ist die Kenntnis über Stärken und Schwächen der diagnostischen Tests, um diese gezielt einzusetzen. Außerdem ist nicht jeder Erregernachweis therapiepflichtig. Das sogenannte „selective reporting“ beschreibt das gezielte Zurückhalten nicht therapierelevanter mikrobiologischer Befunde, um unnötige Therapien zu vermeiden und ist eine anerkannte ABS-Strategie.

 

Zakhour, J. et al. Diagnostic stewardship in infectious diseases: a continuum of antimicrobial stewardship in the fight against antimicrobial resistance. Int J Antimicrob Agents 2023; 62(1).
doi: 10.1016/j.ijantimicag.2023.106816

 

17.05.2023

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17.05.2023

Zulassungsempfehlung für ersten Impfstoff gegen Respiratorisches Synzytial-Virus (RSV)

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat am 26.04.2023 den weltweit ersten Impfstoff gegen RSV zur Zulassung empfohlen. Der Impfstoff unter dem Produktnamen AREXVY ist für die aktive Immunisierung von Erwachsenen ab 60 Jahren vorgesehen, zum Schutz vor Erkrankungen der unteren Atemwege, die durch RSV verursacht werden.1

 

RSV galt lange Zeit als typische Viruserkrankung bei Säuglingen und Kleinkindern. Auch Erwachsene können wiederholt an RSV erkranken, da keine lebenslange Immunität besteht. Neuere Studien zeigen, dass RSV-Infektionen bei älteren Erwachsenen ähnlich schwerwiegend sein können wie Influenza.2 Besonders onkologische und immunsupprimierte Patienten sind gefährdet, wie Ausbrüche mit Todesfällen in Deutschland gezeigt haben. Schätzungen der EMA zufolge sind RSV-Infektionen in Europa pro Jahr für ca. 250.000 Krankenhausaufenthalte und 17.000 stationäre Todesfälle bei Menschen über 65 Jahren verantwortlich.1,3

 

Bereits in den 1960er Jahren wurde versucht, einen RSV-Impfstoff für Säuglinge auf Basis eines Formalin-inaktivierten Virus zu entwickeln. Die entsprechenden RCTs endeten jedoch in einem Desaster, da 80% der geimpften Kinder im Vergleich zu 5% der Kontrollgruppe eine schwere RSV-Infektion erlitten.4 Spätere Laborarbeiten deuteten darauf hin, dass das Fusionsprotein des Virus - das Hauptziel für neutralisierende Antikörper - durch die Formalininaktivierung seine Struktur veränderte -also nicht mehr in der Präfusionsform vorlag. Die durch die Impfung induzierten Antikörper neutralisierten das Virus nicht ausreichend. Stattdessen induzierten diese eine überschießende inflammatorische Reaktion, die zu schweren Krankheitsverläufen führte (vaccine-associated enhancement of disease, VAED).5 Erst ein halbes Jahrhundert später gibt es nun wieder Impfstoffentwicklungen gegen RSV.

 

AREXVY enthält als Antigen eine veränderte und rekombinant hergestellte Version des sogenannten RSV-Fusionsoberflächenproteins in einer präfusionsstabilisierten Form (RSVPreF3). Dieses Protein ist beim natürlichen Virus unerlässlich für die Infektion des Körpers, da es die Fusion mit den menschlichen Epithelzellen der Schleimhäute der Atemwege ermöglicht. Durch die Applikation des Impfstoffs wird die Bildung neutralisierender Antikörper gegen das enthaltene Oberflächenprotein sowie die antigenspezifische zelluläre Immunantwort bei Personen mit bereits bestehender Immunität gegen RSV gesteigert. Zur Verstärkung der Immunreaktion ist außerdem das Adjuvans AS01E enthalten.1,3

 

Der Impfstoffkandidat wurde auf Grundlage einer aktuell laufenden internationalen Studie im Rahmen des beschleunigten Bewertungsverfahrens vom CHMP geprüft. In dieser multizentrischen, randomisierten und placebokontrollierten Phase-III-Studie wird die Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffs an ca. 25.000 älteren Erwachsenen überprüft, von denen die Hälfte mit AREXVY geimpft wurde. Bisherige Ergebnisse zeigten, dass etwa 83 % der geimpften Personen durch eine Einzeldosis AREXVY für mindesten 6 Monate gegen durch RSV verursachte Atemwegserkrankung geschützt waren. Zusätzlich wurde auch das Risiko für schwere Krankheitsverläufe signifikant reduziert. Kopfschmerzen, Müdigkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Schmerzen an der injektionsstelle zählten zu den häufigsten gemeldeten unerwünschten Wirkungen. Da die bisherigen Ergebnisse nur auf den Daten aus einer ersten RSV-Saison basieren, sollen im weiteren Verlauf der Studie die Dauer des Impfschutzes über mehrere Saisons sowie die Sicherheit und Wirksamkeit einer Auffrischimpfung untersucht werden.1,3,6

 

Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat den Impfstoff bereits am 03.05.2023 zugelassen.2 Für eine Zulassung in Europa ist nach der positiven Stellungnahme des CHMP noch der Beschluss der Europäischen Kommission nötig. Abseits der symptomatischen Therapie der Infektion steht hierzulande aktuell nur der monoklonale Antikörper Palivizumab (SYNAGIS) als zugelassenes Arzneimittel zur passiven Immunisierung von Kindern unter 2 Jahren mit einem hohen Risiko für RSV-Infektionen. Bereits in Europa zugelassen, aber noch nicht auf dem Markt verfügbar, ist der gegen das RSV Fusionsprotein gerichtete monoklonale Antikörper Nirsevimab mit verlängerter Halbwertszeit.7 Weitere Impfstoffe gegen RSV befinden sich in unterschiedlichen Phasen der klinischen Entwicklung, darunter auch Impfstoffe für Schwangere, die das Neugeborene nach der Geburt schützen sollen.

 

1 First vaccine to protect older adults from respiratory syncytial virus (RSV) infection. European Medicines Agency (EMA); published online Apr 26, 2023. https://www.ema.europa.eu/en/news/first-vaccine-protect-older-adults-respiratory-syncytial-virus-rsv-infection [05.05.2023]

2 Chorazka, M. et al. Clinical outcomes of adults hospitalized for laboratory confirmed respiratory syncytial virus or influenza virus infection. PLoS One 2021; 16(7):e0253161. doi: 10.1371/journal.pone.0253161

3 FDA Approves First Respiratory Syncytial Virus (RSV) Vaccine. Press Announcement. U.S. Food & Drug Administration (FDA); published online May 3, 2023. https://www.fda.gov/news-events/press-announcements/fda-approves-first-respiratory-syncytial-virus-rsv-vaccine [05.05.2023]

4 Kim, H.W. et al. Respiratory syncytial virus disease in infants despite prior administration of antigenic inactivated vaccine. Am J Epidemiol 1969; 89(4):422–434. doi: 10.1093/oxfordjournals.aje.a120955

5 Bigay, J. et al. Vaccine-associated enhanced disease: field evidences and challenges for vaccine development. Front Microbiol 2022; 13:932408. doi: 0.3389/fmicb.2022.932408

6 Papi, A. et al. Respiratory syncytial virus prefusion F protein vaccine in older adults. N Engl J Med 2023; 388(7):595-608. doi: 10.1056/NEJMoa2209604

7 EMA Summary of Product Characteristics. Nirsevimab (Beyfortus). Apr 28, 2023.

 

17.05.2023

INFEKTIO_Video | Kuriose Quellen nosokomialer Infektionen

Hatten Sie auch schon mit Ausbrüchen zu tun, bei denen sich die Suche nach der Quelle extrem schwierig gestaltete? Über „Kuriose Quellen nosokomialer Infektionen” berichtet Dr. Sebastian Haller in seinem Vortrag beim 6. Workshop Antibiotikaresistenzen. Jetzt Video ansehen

 

17.05.2023

Orale Therapie der Rifampicin-resistenten Tuberkulose

Bei Patienten mit Rifampicin-resistenter Tuberkulose werden rein orale Behandlungsschemata benötigt, die wirksamer und kürzer sind sowie ein besseres Nebenwirkungsprofil aufweisen als die derzeitigen Therapieregime.


In einer nicht-verblindeten multizentrischen, randomisierten, non-inferiority Studie (TB-PRACTECAL) wurden Wirksamkeit und Sicherheit von drei 24-wöchigen, rein oralen Therapieschemata für die Behandlung von Rifampicin-resistenter Tuberkulose untersucht. An dieser Studie nahmen Patienten in Belarus, Südafrika und Usbekistan teil, die 15 Jahre oder älter waren und an einer Rifampicin-resistenten Lungentuberkulose litten. Darüber hinaus wurde in dieser Studie eine 24-wöchige Behandlung mit Bedaquilin, Pretomanid, Linezolid und Moxifloxacin (BPaLM) mit einer 9- bis 20-monatigen Standardbehandlung verglichen. Der primäre Endpunkt war ein ungünstiges Therapieergebnis (zusammengesetzt aus Tod, Therapieversagen, Behandlungsabbruch, loss to follow-up oder Rezidiv der Tuberkulose) 72 Wochen nach Randomisierung. Die Nichtunterlegenheitsmarge betrug 12 Prozentpunkte. Die Studie bestand aus zwei Teilen. Im ersten Teil sollten basierend auf Sicherheit und Wirksamkeit 8 Wochen nach Randomisierung Therapieregime für den zweiten Teil der Studie ausgesucht werden, die Bedaquilin, Pretomanid und Linezolid (BPaL) enthielten. Dafür wurden Patient in entweder das Standardregime randomisiert oder in eines von 3 experimentelle 24-Wochen orale Regime: BPaL, BPaLM oder BPaL mit Clofazimin (BPalC). Im zweiten Teil der Studie wurden Patienten in entweder das Standardtherapieregime oder das (in Teil 1 ausgewählte) experimentelle Therapieschemata randomisiert für den primären Endpunkt.

 

In Teil 1 der Studie wurden 552 Patienten in eine der 4 initialen Therapiegruppen randomisiert. Aufgrund der höchsten Wirksamkeit nach 8 Wochen (Kulturkonversion 77 % vs. 67 % für BPaLC und 46 % für BPaL) und bei vergleichbarer Sicherheit wurde BPaLM als Vergleichsgruppe gegenüber dem Standardregime für den Teil 2 der Studie ausgewählt. Von 301 Patienten in diesem 2. Teil der Studie konnten 145, 128 und 90 Patienten in der Intention-to-treat- (ITT), modifizierten Intention-to-treat-(mITT) bzw. Per-Protocol (PP) Population ausgewertet werden. In der mITT-Analyse erreichten 11 % der Patienten in der BPaLM-Gruppe und 48 % der Patienten in der Standardtherapiegruppe den primären Endpunkt (Risikodifferenz 37 % Punkte, 96.6 % Konfidenzintervall -53 % bis -22 %). In der PPl-Analyse erreichten 4 % der Patienten in der BPaLM-Gruppe und 12 % der Patienten in der Standardtherapiegruppe den primären Endpunkt (Risikodifferenz -9 %, 96.6 % Konfidenzintervall -22 % bis 4 %). In der „as-treated” Population für die Sicherheitsanalyse, in der alle randomisierten Patienten eingeschlossen waren, die mindestens eine Dosis der Studienmedikamente erhalten hatten, war die Inzidenz von unerwünschten Ereignissen des Grades 3 oder höher oder von schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen in der BPaLM-Gruppe signifikant geringer als in der Standardtherapiegruppe (19 % vs. 59 %).

 

Schlussfolgerung der Autoren


Diese länderübergreifende, randomisierte, kontrollierte Studie zu 24-wöchigen, rein oralen Therapieschemata mit Bedaquilin, Pretomanid und Linezolid zeigte, dass die Behandlung der Rifampin-resistenten Tuberkulose mit BPaLM sowohl wirksamer war als auch ein besseres Sicherheitsprofil aufwies als die 9-20-monatige Standardtherapie. BPaLC (Clofazimin statt Moxifloxacin) und BPaL (Linezolid statt Moxifloxacin) waren ebenfalls hochwirksam. Bei Patienten mit Rifampin-resistenter Lungentuberkulose war eine 24-wöchige, rein orale Behandlung der üblichen Standardtherapie nicht unterlegen.

 

Fazit


Das Therapieschemata BPaL(M) über 24 Wochen wurde auch bereits erfolgreich bei multiresistenter (MDR) Tuberkulose getestet. Herausforderung bleibt einerseits die Nebenwirkungsrate. Andererseits ist genau die Resistenzentwicklung zu beobachten, da in diesen kurzen oralen Regimes die potentesten und wertvollsten Medikamente für die MDR-Tuberkulose enthalten sind. Sollten diese durch einen breiteren Einsatz bei weniger resistenten Tuberkulosefällen verloren werden, so könnte sich ein umso bedrohlicheres Szenario bei den besonders schwer zu therapierenden Patienten ergeben. Wir sind gespannt auf Modellierungen und wie rasch diese Regimes Eingang in neue Leitlinien finden werden.

 

Nyang’wa, B.-T. et al. A 24-Week, All-Oral Regimen for Rifampin-Resistant Tuberculosis. N Engl J Med 2022; 387:2331–2343.
doi: 10.1056/NEJMoa2117166

 

19.04.2023

Systematische Überprüfung der Stabilität antimikrobieller Wirkstoffe in Elastomerpumpen für ambulante parenterale antimikrobielle Therapie (OPAT)

Es werden erweiterte Stabilitätsdaten für antimikrobielle Wirkstoffe für die ambulante parenterale antimikrobielle Therapie (OPAT) benötigt, um die Haltbarkeit von Antibiotika in aseptisch zubereiteten Elastomer-Infusoren festzulegen. Im Vereinigten Königreich wurden die relevanten Standards für die Stabilitätsprüfung und die Zuweisung der Haltbarkeitsdauer in dem „Standard Protocol for Deriving and Assessment of Stability-Part 1 (Aseptic Preparations-Small Molecules)“ veröffentlicht, dem Yellow Covered Document (YCD). Bei einer früheren systematischen Überprüfung aus dem Jahr 2017 konnten keine Daten zur Stabilität von antimikrobiellen Substanzen in Elastomerpumpen für OPAT ermittelt werden, die den damals geltenden YCD-Anforderungen entsprachen. Ziel dieser Studie war es, diese Suche zu aktualisieren, nachdem die YCD-Anforderungen 2017 und 2019 geändert wurden, und den Datensatz zur Stabilität von Antibiotika für OPAT zu erweitern.


Es wurde nach entsprechenden Arbeiten zur prolongierten Stabilität von Antibiotika gesucht, in denen deren Haltbarkeit nach Lagerung bei Kühl- oder Raumtemperatur und anschließender Prüfung bei einer Temperatur von 32 °C oder darüber bewertet wurde. In der Regel werden Konzentrationen der aktiven Substanz zwischen 95 % und 105 % der Ausgangskonzentration am Ende der Verabreichungsperiode toleriert. Daneben berücksichtigen die YCD-Kriterien auch allfällige toxische Abbauprodukte.
Von 267 ursprünglichen Referenzen erfüllten sechs die Einschlusskriterien und wurden zur Datenextraktion einer Volltextprüfung unterzogen. Bei den einbezogenen antimikrobiellen Mitteln handelte es sich um Cefazolin, Ceftazidim, Piperacillin/Tazobactam, Flucloxacillin und Ceftolozan/Tazobactam. Von diesen zeigten nur Flucloxacillin und Piperacillin eine YCD-konforme Stabilität über einen Infusionszeitraum von 24 Stunden, während Cefazolin, Ceftazidim und Ceftolozan/Tazobactam über einen Zeitraum von 12 Stunden infundiert werden konnten.
 

Schlussfolgerung der Autoren

 

Im Gegensatz zu der in der Überprüfung von 2017 vertretenen Position liegen jetzt Daten vor, die die Verwendung einer Reihe von antimikrobiellen Wirkstoffen bei der verlängerten Infusion in Elastomerprodukten für OPAT unterstützen. Es besteht die Notwendigkeit, den Datensatz zu erweitern und einen internationalen Konsens über die idealen Parameter für die Stabilitätsbewertung solcher Infusionen in Elastomerprodukten zu entwickeln.

 

Fazit

 

Insgesamt ist es enttäuschend, dass immer noch so wenige publizierte Daten zur Stabilität von Antibiotika existieren. Dies ist ein Hindernis für den Ausbau von OPAT-Programmen. Die im YCD geforderten Kriterien sind zugegebenermaßen streng und berücksichtigen neben Stabilität auch toxische Abbauprodukte. Dennoch zeigt diese Publikation an, dass tatsächlich mehrere Antibiotika für 12- oder 24-stündige Applikation bei Körpertemperatur geeignet sind und bestätigen damit unsere Alltagserfahrungen.

 

Jenkins, A. et al. Systematic review of the stability of antimicrobial agents in elastomeric devices for outpatient parenteral antimicrobial therapy services based on NHS Yellow Cover Document standards. Eur J Hosp Pharm 2022;29(6):304–307. doi: 10.1136/ejhpharm-2021-002729

 

19.04.2023

Internationaler Tag der Händehygiene am 5. Mai 2023

Zu einem der wichtigsten Infektionspräventionsmaßnahmen gehört die Händehygiene. Aus diesem Grund wird jedes Jahr am 5. Mai die Aufmerksamkeit auf den Internationalen Tag der Händehygiene gelenkt, um das Bewusstsein für die Bedeutung der Händehygiene bei der Verhinderung von Infektionen zu stärken. Händewaschen ist eine einfache, aber wirksame Methode zur Prävention und Verringerung der Übertragung von Krankheitserregern, wie Viren und Bakterien, die Infektionen verursachen können. Dies ist besonders wichtig in Gesundheitseinrichtungen, in denen Patienten, Mitarbeiter und Besucher einem erhöhten Risiko für Infektionen ausgesetzt sein können. Das Datum des 5.5. soll hierbei die fünf Finger jeder Hand symbolisieren.

 

Auch in diesem Jahr begleitet die WHO den 5. Mai mit der Kampagne „SAVE LIVES: Clean Your Hands” (RETTE LEBEN: säubere deine Hände). In jedem Jahr rückt ein anderer Bereich des Gesundheitswesens in den Fokus. Der diesjährige Slogan lautet „Accelerate action together“ (Gemeinsam Handeln beschleunigen), sodass sich die Aufforderung 2023 insbesondere an zivilgesellschaftliche Organisationen und andere Partner, wie die Mitglieder des Globalen Netzwerks der WHO für Infektions- und Präventionskontrolle (IPC) richtet, um gemeinsam die Maßnahmen zur Prävention von Infektionen und Resistenzen gegen antimikrobielle Mittel in der Gesundheitsversorgung durchzusetzen und zusätzlich eine Kultur der Sicherheit und Qualität aufzubauen, in der die Verbesserung der Händehygiene hohe Priorität eingeräumt wird.

 

Zum Internationalen Tag der Händehygiene möchten wir Sie ermutigen sich an der globalen Bewegung zur Verbesserung der Händehygiene im Gesundheitswesen zu beteiligen, um gewährleisten zu können, dass eine gute Händehygiene-Praxis in Ihrer Einrichtung umgesetzt wird. Stellen Sie sicher, dass Ihre Mitarbeiter und Patienten über die Bedeutung der Händehygiene informiert und geschult sind sowie geeignete Waschgelegenheiten und Desinfektionsmittel zur Verfügung stehen. Dies kann dazu beitragen, Infektionen zu verhindern und die Sicherheit und Gesundheit aller in Ihrer Einrichtung zu fördern. Mehr Informationen

 

19.04.2023

INFEKTIO_Video | SEPSIS-AKADEMIE

Das 11. Sepsis Update der Deutschen Sepsis Gesellschaft (DSG) findet vom 6.-8. September in Weimar statt. Unter dem Motto „Immuntherapien – Fortschritte und Anpassungen“ greift die Deutsche Sepsis Gesellschaft die mit der Corona-Pandemie konfrontierte Situation der Intensivmediziner auf. SARS-CoV-2 als neuer Erreger hat das vielfältige Spektrum der Sepsis-Erreger erweitert. Herausragende Forscher:innen werden über die neuesten Fortschritte bei immunmodulatorischen Ansätzen zur adaptiven Immunantwort bei Sepsis berichten. Jetzt Video ansehen

 

19.04.2023

Kurze oder lange Antibiotikatherapiedauer bei Kindern mit nicht schwerer ambulant erworbener Lungenentzündung

Eine Kurzzeit-Antibiotikatherapie könnte die Therapieadhärenz verbessern und unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Kosten reduzieren. Auf der Grundlage spärlicher Belege empfehlen die meisten Leitlinien jedoch eine längere Antibiotikatherapie bei nicht schwerer ambulant erworbener Lungenentzündung (CAP) bei Kindern. In einem systematischen Review und einer Meta-Analyse wurde untersucht, ob bei Kindern mit nicht-schwerer CAP eine kürzere Antibiotikagabe einer längeren Therapiedauer nicht unterlegen ist. Als Informationsquellen wurden die Datenbanken wie MEDLINE, Embase, Web of Science, die Cochrane Library und drei chinesische Datenbanken bis zum 31. März 2022 wie auch Studiendatenbanken und Google herangezogen.


Es wurden randomisierte klinische Studien untersucht, die eine kürzere gegen eine längere Therapie mit demselben oralen Antibiotikum bei Kindern mit nicht schwerer CAP verglichen. Für die Zusammenführung der Daten wurden Random-Effects-Modelle genutzt. Zur Bewertung der Qualität der Evidenz wurde die GRADE-Methode (Grading of Recommendations Assessment, Development and Evaluation) verwendet. Haupt-Endpunkt war das Therapieversagen, definiert als persistierende Pneumonie oder Neuauftreten von Warnsignalen (z.B. Lethargie, Bewusstlosigkeit, Krampfanfälle, Unfähigkeit zum Trinken), Fieber (> 38 °C) nach Therapieende, Wechsel der Antibiotikatherapie, Hospitalisation, Tod, Verpassen von mehr als 3 Dosen des Studienmedikaments, loss to follow-up und Entzug des Einverständnisses. Neun randomisierte klinische Studien mit 11.143 Teilnehmenden wurden in diese Meta-Analyse einbezogen. Insgesamt 98 % der Teilnehmenden waren zwischen 2 und 59 Monate alt, und 58 % waren männlich. Acht Studien mit 10.662 Patienten meldeten ein Therapieversagen. Dieses trat bei 12,8 % bzw. 12,6 % der Teilnehmenden auf, die eine kürzere bzw. längere Antibiotikatherapie erhielten. Daten aus qualitativ-hochwertigen Studien belegten, dass eine kürzere orale Antibiotikagabe einer längeren Antibiotikagabe in Bezug auf Behandlungsversagen bei Kindern mit nicht-schwerer CAP nicht unterlegen war (relatives Risiko: 1,01; 95 % Konfidenzintervall: 0,92-1,11). Eine 3-tägige Antibiotikabehandlung war einer 5-tägigen hinsichtlich Therapieversagen ebenfalls nicht unterlegen (relatives Risiko: 1,01; 95 % Konfidenzintervall: 0,91-1,12), und auch eine 5-tägige Behandlung war einer 10-tägigen nicht unterlegen (relatives Risiko: 0,87; 95 % Konfidenzintervall: 0,50-1,53). Eine kürzere Antibiotikagabe war mit signifikant weniger (-21 %) Gastroenteritis und signifikant seltenerer (-26 %) Abwesenheit des Betreuungspersonals verbunden.

 

Schlussfolgerung der Autoren

 

Die Ergebnisse der Meta-Analyse deuten darauf hin, dass bei Kindern im Alter von 2 bis 59 Monaten mit nicht-schwerer CAP eine kürzere Antibiotikagabe einer längeren Antibiotikagabe nicht unterlegen ist. Daher sollten kürzere Antibiotikatherapien für die Behandlung der nicht-schweren pädiatrischen CAP in Betracht gezogen werden.

 

Fazit

 

Diese Studie bestätigt die immer stärkere Evidenz für kurze Therapiedauer. Gerade auch vor dem realen Hintergrund des Versorgungsengpasses mit Antibiotika, der Selektion von Antibiotikaresistenzen und den nachteiligen Effekten von Antibiotika auf das Mikrobiom erscheint es nicht mehr nur als eine Option, sondern sollte es eine ärztliche Pflicht sein, die Antibiotikatherapie so kurz wie möglich zu halten.

 

Li Q, Zhou Q, Florez ID, et al. Short-Course vs Long-Course Antibiotic Therapy for Children With Nonsevere Community-Acquired Pneumonia: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Pediatr. 2022;176(12):1199–1207. doi: 10.1001/jamapediatrics.2022.4123

 

23.03.2023

Auswirkung von Antibiotika-Verordnungsprüfung und Feedback auf die Antibiotikaverschreibung in der Primärversorgung

In der Primärversorgung werden häufig Antibiotika verschrieben, die das Risiko einer Antibiotikaresistenz in der Bevölkerung erhöhen.
In dieser pragmatischen randomisierten klinischen Studie in der Schweiz wurde untersucht, ob ein vierteljährliches Audit und Feedback zur Verschreibung von Antibiotika bei Hausärzten mit mittleren bis hohen Verschreibungsrate den Antibiotika-Einsatz reduzieren kann.

 

Die Studie wurde von Januar 2018 bis Dezember 2019 bei 3.426 Hausärzten und Kinderärzten in der Schweiz durchgeführt, die zu den 75 % Ärzten mit den höchsten Antibiotikaverschreibungen gehörten.
Hausärzte wurden im Verhältnis 1:1 randomisiert, um sich zwei Jahre lang einem vierteljährlichen Antibiotika-Verschreibungsaudit und einem Feedback mit Vergleich gegenüber ihren Kollegen (Peer-Benchmarking) oder keiner Intervention zu unterziehen, wobei 2017 als Ausgangsjahr diente. Für die Prüfung und das Feedback wurden anonymisierte Daten auf Patientenebene von drei Krankenversicherern verwendet, die etwa 50 % der Versicherten in der Schweiz umfassen. Die Interventionsgruppe erhielt außerdem evidenzbasierte Leitlinien für die Behandlung von Atemwegs- und Harnwegsinfektionen sowie Informationen zur ambulanten Antibiotikaresistenz. Die Ärzte der Interventionsgruppe wurden über die Art der Studie verblindet, die Ärzte der Kontrollgruppe wurden nicht über die Studie informiert.


Die für Audit und Feedback verwendeten Versicherungsdaten wurden für die Outcome-Analyse verwendet. Der primäre Endpunkt war die Antibiotika-Verschreibungsrate pro 100 Konsultationen im zweiten Jahr der Intervention. Zu den sekundären Endpunkten gehörten der Gesamtantibiotikaverbrauch im ersten Jahr und über zwei Jahre, der Einsatz von Chinolonen und oralen Cephalosporinen, Krankenhausaufenthalte jeglicher Ursache und der Antibiotikaverbrauch in drei Altersgruppen (≤ 5 Jahre, 6-65 Jahre, und > 65 Jahre).

 

Insgesamt wurden 3.426 Ärzte in die Interventions- (n = 1713) und Kontrollgruppe (n = 1713) randomisiert, die 629.825 bzw. 622.344 Patienten mit insgesamt 4.790.525 Konsultationen im Ausgangsjahr 2017 betreuten. In der gesamten Kohorte wurde im zweiten Jahr der Intervention im Vergleich zu 2017 ein relativer Anstieg der Antibiotika-Verschreibungsrate um 4,2 % festgestellt. In der Interventionsgruppe lag der Median der jährlichen Antibiotika-Verordnungsrate pro 100 Konsultationen im zweiten Jahr der Intervention bei 8,2 (IQR, 6,1-11,4) und in der Kontrollgruppe bei 8,4 (IQR, 6,0-11,8). Bezogen auf den Gesamtanstieg wurde in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe eine um -0,1 % (95 % CI, -1,2 % bis 1,0 %) niedrigere Antibiotika-Verordnungsrate pro 100 Konsultationen festgestellt. Mit Ausnahme von Chinolonen im zweiten Jahr der Intervention (-0,9 % [95 % CI, -1,5 % bis -0,4 %]) wurde keine relevante Verringerung der Verschreibungsrate für bestimmte Antibiotika zwischen den Gruppen festgestellt.

 

Schlussfolgerung der Autoren

 

Bei den Hausärzten in der Schweiz mit mittlerer bis hoher Antibiotika-Verordnungsrate führte das vierteljährliche personalisierte Audit der Antibiotikaverschreibung und das Feedback mit Peer-Benchmarking nicht zu einer Reduktion der Antibiotikaverschreibung.

 

Fazit

 

Die Autoren führen einige mögliche Ursachen für die fehlende Wirksamkeit auf, die tatsächlich entscheidend sein könnten. So wurde das Feedback mit einer 6-monatigen Latenz gegeben, wodurch es als weniger relevant erscheint und kaum auf die aktuelle Situation bezogen werden kann. Außerdem enthalten die Versicherungsdaten keine Angaben zu Diagnosen, weswegen keine Aussagen gemacht werden können, ob die Antibiotikatherapie angemessen war.

 

Aghlmandi S, Halbeisen FS, Saccilotto R, et al. Effect of Antibiotic Prescription Audit and Feedback on Antibiotic Prescribing in Primary Care: A Randomized Clinical Trial. JAMA Intern Med. 2023;183(3):213–220.
doi: 10.1001/jamainternmed.2022.6529

 

23.03.2023

Welt-Tuberkulose-Tag 2023

Durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird Deutschland im Hinblick auf die Tuberkulose-Fallzahlen als Niedriginzidenzland mit 4,9 pro 100.000 Einwohner eingestuft. Zudem sinken die Fallzahlen seit 2019 kontinuierlich – bis vor kurzem, denn im Jahr 2022 wurde eine geringfügige Erhöhung verzeichnet. Eine mögliche Ursache stellen die Folgen des Ukraine-Kriegs dar. Menschen, die aus einem Land mit einer höheren Inzidenz (70 pro 100.000 Einwohner) stammen, haben ein erhöhtes Risiko sich mit Tuberkulose zu infizieren und daran zu erkranken. Enger Kontakt mit an offener Lungentuberkulose erkrankten Personen, aber auch andere Faktoren wie beengte Wohnverhältnisse und schlechte Hygienebedingungen, stellen eine Bedrohung dar. Flucht und Migration begünstigen diese Faktoren, sodass die Zahlen in Niedriginzidenzländern steigen können.
Ziel der WHO ist es, die Zahl der Neuerkrankungen auf weniger als 1 pro 100.000 Einwohnung bis zum Jahr 2035 zu senken. Dies bedarf jedoch einer fächerübergreifenden Kooperation aller Mitwirkenden. Zudem muss der Tuberkulosekontrolle eine höhere Bedeutung zugeschrieben werden. Um diese Thematik in der Öffentlichkeit zu platzieren und diese für die gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen zu sensibilisieren, gedenken wir am 24. März dem Welt-Tuberkulose-Tag. Mehr Informationen

 

23.03.2023

INFEKTIO_Video | SEPSIS-AKADEMIE

Infektionskrankheiten gehören zu den größten Herausforderungen der Gesundheitswesen weltweit. Die COVID-19-Pandemie hat das sehr eindrücklich verdeutlicht. Die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt ist eng miteinander verknüpft: Um neue Krankheiten zu verhindern und die globale Gesundheit zu verbessern, müssen daher Zusammenhänge und Abhängigkeiten verstanden werden. Dafür steht der One-Health-Ansatz.
Prof. Leendertz ist Biologe und Veterinärmediziner. Als Gründungsdirektor des neu gegründeten Helmholtz-Instituts für One Health in Greifswald spricht er im Rahmen der Sepsis-Akademie zu „One Health – oder der Blick über den Tellerrand“. Jetzt Video ansehen

 

23.03.2023

Prof. Werner Albrich ist neuer Mitherausgeber der Zeitschrift für Infektionstherapie

Liebe Leserinnen und Leser,
 
mit großer Freude darf ich mich bei Ihnen als neuer Mitherausgeber der Zeitschrift für Infektionstherapie vorstellen.
 
Ich bin Internist und klinischer Infektiologie und als Leitender Arzt in der Klinik für Infektiologie & Spitalhygiene am Kantonsspital St. Gallen in der Schweiz tätig. Weiterhin bin ich Titularprofessor an der Universität Zürich und Mitglied der Programmleitung des Joint Medical Masters in St. Gallen (JMM-HSG/UZH).
 
Nach meinem Medizinstudium an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und an der Harvard Medical School in Boston, absolvierte ich meine Facharztausbildung in Innerer Medizin in der Medizinischen Klinik Ziemssenstraße der LMU München sowie am Beth Israel Deaconess Medical Center/Harvard Medical School in Boston und anschließend meine Facharztausbildung in Infektiologie an der Emory University in Atlanta. Nach einem Fellowship an der Respiratory and Meningeal Pathogens Research Unit am Chris Hani Baragwanath Hospital in Soweto/ University of the Witwatersrand, Johannesburg, wo ich zu Pneumokokken-Epidemiologie und -Diagnostik forschte, kam ich 2007 in die Schweiz. Hier arbeitete ich zunächst am Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern, dann an der Medizinischen Universitätsklinik am Kantonsspital Aarau und seit 10 Jahren nun am Kantonsspital St. Gallen.
 
Ich bin aktiv in der Patientenversorgung im Bereich der gesamten Infektiologie, in der medizinischen Lehre sowie in der klinischen und translationalen Forschung tätig. Meine klinischen und wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen im Bereich der Atemwegsinfektionen, der Infektionen auf Intensivstationen und des rationalen Antibiotikaeinsatzes.
 
Infektiologische Herausforderungen begegnen uns täglich nicht erst seit der COVID-19-Pandemie, sondern auch durch die zunehmenden Probleme der Antibiotikaresistenz und eine immer komplexere Hochleistungsmedizin. Entsprechend werden auch wieder vermehrt neue Antiinfektiva entwickelt und getestet und das Interesse daran ist beträchtlich.
 
Zusammen mit Prof. Mathias Pletz freue ich mich, Ihnen auch in Zukunft spannende Neuigkeiten auf dem Gebiet der Infektionstherapie präsentieren zu dürfen.
 
Herzliche Grüße
Ihr
Werner Albrich

 

24.02.2023

Wirksamkeit von Doxycyclin bei ambulant erworbener Pneumonie

Doxycyclin wird in Leitlinien als eine Behandlungsoption für die leichte, ambulant erworbene Lungenentzündung (CAP) bei Erwachsenen empfohlen. Da es ein „altes” Antibiotikum ist, gibt es dazu nur wenige aktuelle Daten. In der nachfolgenden Arbeit wurde die Datenlage zur Wirksamkeit von Doxycyclin bei erwachsenen Patienten mit leichter bis mittelschwerer CAP überprüfend zusammengefasst.
 
Hierzu wurde eine systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse von randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) zu Doxycyclin im Vergleich zu einem anderen Vergleichspräparat durchgeführt.

 

Der primäre Endpunkt war die klinische Heilungsrate. Meta-Analysen mit randomisierten Effektenmodellen wurden verwendet, um gepoolte Odds Ratio zu erstellen und Heterogenität zu evaluieren. Das Risiko von Verzerrungen und die Qualität der Evidenz wurden mit dem Cochrane Risk of Bias 2.0-Tool und GRADE-Methoden bewertet. Es wurden dazu 6 RCTs mit 834 klinisch evaluierbaren Patienten eingeschlossen. Die Studien fanden zwischen 1984 und 2004 statt.  

 

Die klinische Heilungsrate war zwischen der Doxycyclin- und der Vergleichsgruppe ähnlich (87,2% [381/437] gegenüber 82,6 % [328/397]). Eine Subgruppenanalyse von zwei Studien mit einem niedrigen Bias-Risiko ergab signifikant höhere klinische Heilungsraten in der Doxycyclin-Gruppe (87,1 % [196/225] gegenüber 77,8 % [165/212]). Die Raten unerwünschter Ereignisse waren in der Doxycyclin-Gruppe und der Vergleichsgruppe vergleichbar.
Vergleichstherapien waren drei Makrolide (Roxithromycin, Spiramycin und Erythromycin) und drei Fluorchinolone (Ofloxacin, Fleroxacin und Levofloxacin). Vier Studien wiesen insgesamt hohe Bias-Risiken auf.


Schlussfolgerung der Autoren


Die Wirksamkeit von Doxycyclin war bei leichter bis mittelschwerer CAP mit der von Makroliden oder Fluorchinolonen vergleichbar und stellt somit eine praktikable Behandlungsoption dar. Allerdings sind die Studien relativ alt. Um eine aktuelle Aussage treffen zu können, sind neue Studien erforderlich.


Sang-Ho Choi et al. Efficacy of Doxycycline for Mild-to-Moderate Community-Acquired Pneumonia in Adults: A Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials, Clinical Infectious Diseases, Volume 76, Issue 4, 15 February 2023, Pages 683–691, DOI: 10.1093/cid/ciac615

 

24.02.2023

Assoziation zwischen SARS-CoV-2-Impfung und Myokarditis oder Perikarditis

In dieser Meta-Analyse wurde das Risiko einer Myokarditis/Perikarditis nach einer COVID-19-Impfung ausgewertet. Bis zum März 2022 erfolgte eine systematische Literatursuche in sieben Online-Datenbanken. Die Heterogenität wurde anhand des I2-Index geprüft. RR und 95 % CI wurden entweder durch Modelle mit zufälligen oder festen Effekten gepoolt. Es wurden auch Sensitivitätsanalysen durchgeführt. Insgesamt wurden 11 Studien mit insgesamt 58.620.611 Personen einbezogen. Die COVID-19-Impfung war mit einem erhöhten Risiko für Myokarditis oder Perikarditis assoziiert (RR=2,04; 95 % CI=1,33, 3,14). Darüber hinaus wurde ein gegenüber der ersten Dosis erhöhtes Risiko für Myokarditis oder Perikarditis bei Personen nach der zweiten Dosis festgestellt (RR=4,06; 95 % CI=2,08, 7,92). Eine erhöhte Inzidenz von Perikarditis oder Myokarditis wurde vor allem bei Personen gefunden, die die Impfstoffe BNT162b (COMIRNATY) und mRNA-1273 (SPIKEVAX) erhielten.

 

Fazit
Die derzeitigen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die COVID-19-Impfung mit einem erhöhten Risiko für Myokarditis oder Perikarditis verbunden ist. Außerdem haben Personen, die die zweite Dosis erhalten haben, im Vergleich zur ersten Dosis ein höheres Risiko, an Myokarditis oder Perikarditis zu erkranken. Daher sollten Entscheidungen über die COVID-19-Impfung eine Risikobewertung des Nutzens der COVID-19-Impfung in allen Alters- und Geschlechtsgruppen beinhalten. Die Ergebnisse sind jedoch durch die Anzahl und Qualität der eingeschlossenen Studien begrenzt, und es sind weitere gut konzipierte Studien erforderlich, um die möglichen Mechanismen zu erklären, durch die COVID-19-Impfstoffe das Risiko einer Myokarditis oder Perikarditis erhöhen können.

 

 

Gao J et al. A Systematic Review and Meta-analysis of the Association Between SARS-CoV-2 Vaccination and Myocarditis or Pericarditis. Am J Prev Med. 2023 Feb;64(2):275-284.
doi: 10.1016/j.amepre.2022.09.002. Epub 2022 Sep 26.

27.1.2023

Nachruf für Professor Ralf Stahlmann

Am 5. Januar 2023 verstarb Prof. Ralf Stahlmann, ehemals kommissarischer und stellvertretender Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Ralf Stahlmann ist nach langer, geduldig ertragener schwerer Erkrankung in seinem Haus in Berlin-Lichterfelde friedlich eingeschlafen.
 
Ralf Stahlmann wurde am 10. Februar 1950 in Mennighüffen, einem Ortsteil der Stadt Löhne in Nordrhein-Westfalen, geboren. Er absolvierte sein Abitur in Bad Oeynhausen und studierte von 1968 bis 1974 erfolgreich Pharmazie in Hamburg sowie von 1974 bis 1980 Medizin in Berlin. 1981 folgte die Promotion zum Thema „Pharmakokinetik und therapeutische Anwendung neuer oraler Cephalosporin-Antibiotika“ im Forschungslabor Antiinfektiva (Prof. H. Lode) des Klinikums Steglitz der FU Berlin. Von 1980 bis 2000 war er wissenschaftlicher Assistent am Institut für Toxikologie und Embryonalpharmakologie der FU Berlin (Prof. D. Neubert), an dem er 1989 im Fach Pharmakologie und Toxikologie mit einer Arbeit über „Untersuchungen zur Reproduktionstoxizität von Chemotherapeutika“ habilitiert wurde. Von 1992 bis 1993 arbeitete Ralf Stahlmann als Visiting Professor am Department of Pharmacology and Toxicology, Purdue University, West Lafayette, USA, und trat im Juli 1992 der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Infektionstherapie e.V. bei, in der er bis zum Ende ein engagiertes und allseits beliebtes Mitglied war. 1995 erfolgte die Ernennung zum außerplanmäßigen Professor an der FU Berlin. Von 2000 bis 2010 war er Universitätsprofessor (C3/W2) im Fachbereich Humanmedizin und fungierte dabei zunächst als kommissarischer, später als stellvertretender Direktor am Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Charité (Prof. R. Kreutz). 2008 initiierte Ralf Stahlmann den Masterstudiengang Toxikologie an der Charité, den er bis 2018 leitete. Weiterhin war er von 2005 bis 2021 Vorsitzender der Ethikkommission der Charité (Ausschuss CBF). Seit 2015 repräsentierte er Deutschland als Mitglied im RAC (Risk Assessment Committee) der European Chemical Agency in Helsinki.
Wissenschaftliche Schwerpunkte von Ralf Stahlmann waren die Arzneimittel- und Reproduktionstoxikologie. So erarbeitete er mit seiner Forschungsgruppe in Zell- und Tierexperimenten unter anderem grundlegende Erkenntnisse zur Toxikologie von Fluorchinolonen.
 
Der Verfasser dieses Nachrufs hatte das Privileg mit dem Verstorbenen über 40 Jahre in freundschaftlicher, kollegialer und erfolgreicher Zusammenarbeit die Zeitschrift für Chemotherapie (heute: Zeitschrift für Infektionstherapie) herauszugeben. Ralf Stahlmann war die Seele der Zeitschrift und hatte eine besondere Begabung auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Publizistik. Zahlreiche gemeinsame wissenschaftliche Publikationen beruhten auf dieser produktiven Kooperation, die geprägt war durch beiderseitiges, intensives Interesse an den Fortschritten der Infektionstherapie.
 
Privat war Ralf ein Freund der klassischen Musik. Er widmete sich intensiv seiner Familie und hinterlässt eine sehr fürsorgliche Ehefrau, zwei Töchter und drei Enkel. Technische Neuigkeiten in der Musik- und Medienwelt faszinierten ihn und er fotografierte leidenschaftlich gerne und gut. Im Urlaub zog es ihn immer wieder nach Spanien, da die spanische Mentalität ihm sehr zusagte und eine wirksame Erholung garantierte.

Ralf Stahlmann war ein stets positiv denkender, in sich ruhender, breit interessierter und kluger Mensch, den wir sehr vermissen werden.
 
 
Prof. Hartmut Lode
 
Gründungsherausgeber der
Zeitschrift für Infektionsmedizin

 

27.1.2023

COVID-19 Kompendium (4., erw. u. akt. Auflage)

Download über StreamedUp

 

COVID-19 Erkrankungen weltweit

Website der Johns Hopkins University

 

COVID-19 Erkrankungen in Deutschland (Landkreise)

Website des Robert Koch-Instituts (RKI)

 

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Die Zeitschrift für Infektionstherapie (bis 2015: "Zeitschrift für Chemotherapie") erscheint im Jahr 2023 im 44. Jahrgang. Herausgeber und Redaktion sind bemüht, Sie kontinuierlich und aktuell über wichtige Entwicklungen im Bereich der Infektionstherapie zu informieren.

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