Mycoplasma spp. und Ureaplasma spp.

(aus ZCT 3-2011)

 

 

Taxonomie, Morphologie und Kultur

 

Mykoplasmen und Ureaplasmen  zählen zur KlasseMollicutes mit insgesamt etwa 200 Spezies, in der zellwandlose Bakterien zusammengefasst sind. Für menschliche Infektionen sind die Gattungen Mycoplasma(M.pneumoniaeM.genitaliumM.hominisM.fermentans) und Ureaplasma (U.urealyticum, U.parvum) der FamilieMycoplasmataceae von klinischer Bedeutung. Mykoplasmen können in speziellen Nährmedien angezüchtet werden.

 

 

Pathogenese, Epidemiologie und ausgewählte Krankheitsbilder

 

Mykoplasmen besitzen eine strikte Wirts- und Gewebespezifität (Schleimhautzellen verschiedener Organe) durch eine Anlagerung an Zellen über spezifische Adhäsine. Über Antigenvariationen wird das Immunsystem des Wirtes ausgeschaltet,  offensichtlich können Mykoplasmen auch intrazellulär persistieren.

M.pneumoniae ist die Ursache von ambulant erworbenen Bronchitiden und Pneumonien, in Deutschland nach CAPNETZ-Daten bei 6,8% der Patienten.1 Der Erreger tritt vor allem in der kälteren Jahreszeit überwiegend bei Kindern und bei Erwachsenen unter 60 Jahre auf. Der Verlauf ist meist relativ leicht,2 mögliche Komplikationen sind jedoch zentralnervöser Art wie Enzephalitis, aseptische Meningitis, Myelitis oder Polyradikulopathie.

M.genitalium ist bei einer Urethritis des Mannes, die nicht durch Neisseria gonorrhoeae verursacht wird, einer der wichtigsten Erreger. M.genitalium ist sexuell übertragbar. Bei Frauen werden M.hominis oder M.genitalium bei Zervizitis, Endometritis, Salpingitis, tubo-ovarialen Abszessen oder Entzündungen des kleinen Beckens nachgewiesen. Die ätiologische Rolle von M.genitalium bei Komplikationen in der Schwangerschaft ist gegenwärtig unklar.3 In seltenen Fällen kann M.hominis bei Neugeborenen eine Meningitis hervorrufen.

U.parvum, U.urealyticum: Bei Männern können Ureaplasmen eine Urethritis, Prostatitis oder Epididymitis verursachen. Ureaplasmen werden bei Frauen ohne klinische Symptomatik in bis zu 70% als Kommensalen in der Vagina gefunden. Im Rahmen einer bakteriellen Vaginose und bei Entzündungen des oberen Genitaltraktes der Frau werden sie zusammen mit weiteren Bakterienarten nachgewiesen. Möglicherweise besteht eine Korrelation zwischen dem Vorkommen von U.urealyticum und Infertilität, Tot- bzw. Frühgeburt, Chorioamnionitis sowie perinatalem Tod. Es existiert bei Neugeborenen ein Zusammenhang zwischen dem Nachweis von Ureaplasmen und Pneumonie bzw. bronchopulmonalen Dysplasien. Bei stark untergewichtigen Neugeborenen wird auch über Infektionen des ZNS mit intraventrikulären Haemorrhagien berichtet.4 U.parvumbesiedelt bei Frauen außerhalb der Schwangerschaft in bis zu 57% die Vagina, kann aber auch über eine inflammatorische Reaktion zu einem vorzeitigen Blasensprung, vorzeitigen Wehen, Chorioamnionitis und beim Kind zu einer Sepsis sowie zu bronchopulmonalen Dysplasien und Meningitis führen.5;6

 

 

Diagnostik

 

M.pneumoniae-Infektionen können mittels Antikörpernachweis (ELISA, gepaarte Proben) erkannt werden, wobei Kreuzreaktionen mit M.genitalium bestehen. Eine Kultur in Spezialmedien ist möglich. Die Erreger können über PCR nachgewiesen werden;7 eine multiplex PCR zum Nachweis aller wichtigen Spezies bei urogenitalen Infektionen wurde jüngst beschrieben.8

 

 

Therapie, Meldepflicht

 

Die Therapie von Infektionen durch M.pneumoniae erfolgt mit Makroliden wie Azithromycin (ZITHROMAX u.a.), Doxycyclin (DOXYHEXAL u.a.) oder Fluorchinolonen [Moxifloxacin (AVALOX u.a.)], wobei es zu beachten gilt, dass inzwischen einige Stämme gegen Makrolide resistent sind.9 Bei Infektionen durch M.genitalium sind Azithromycin (Dauer über fünf Tage; resistente Stämme können vorkommen), Moxifloxacin oder Doxycyclin wirksam.10,11 Therapie von Infektionen durch M.hominis mit Moxifloxacin oder Clindamycin (CLINDAMYCIN-RATIOPHARM u.a.).12Ureaplasmen sind empfindlich gegen Moxifloxacin13 und Doxycyclin.

 

 

1.            VON BAUM, H. et al.

         BMC Infect Dis 2009; 9: 62

 

2.            SHIBLI, F. et al.

         IMAJ 2010; 12: 477-482

 

3.            LARSEN, B., HWANG, J.

         Infect Dis Obstetrics Gynecol 2010, doi: 10.1155/2010/521921

 

4.            VISCARDI, R.M. et al.

         J Perinatol, 2008; 28: 759-765

 

5.            MIRALLES, R. et al.

         Pediatric Research 2005; 57: 570-577

 

6.            CLIFFORD, V. et al.

         Pediatr Infect Dis 2010; 29: 60-64

 

7.            THURMANN, K.A. et al.

         Diagn Microbiol Infect Dis 2011 Epub ahead of print

 

8.            MCKECHNIE, M.L. et al.

         J Med Microbiol 2011 Epub ahead of print

 

9.            CHIRONNA, M. et al.

         J Antimicrob Chemother 2011; 66: 734-779

 

10.       HAMASUNA, R. et al.

         Antimicrob Agents Chemother 2009; 53: 4938-4939

 

11.       JERNBERG, E. et al.

         Int J STD AIDS 2008; 19: 676-679

 

12.       WAITES, K.B. et al.

Antimicrob Agents Chemother 2008; 52: 3776-3778

 

13.       BÉBÉAR, C.M. et al.

         Clin Microbiol Infect 2008; 14: 801-805

Jetzt für den INFEKTIO letter anmelden und regelmäßig per E-Mail Wissenswertes aus Mikrobiologie, Arznei-mittelforschung,Therapie uvm. erhalten.

Informationen für Ärzte und Apotheker zur rationalen Infektionstherapie

Die Zeitschrift für Infektionstherapie (bis 2015: "Zeitschrift für Chemotherapie") erscheint im Jahr 2025 im 46. Jahrgang. Herausgeber und Redaktion sind bemüht, Sie kontinuierlich und aktuell über wichtige Entwicklungen im Bereich der Infektionstherapie zu informieren.

Druckversion | Sitemap
© mhp Verlag GmbH 2023