Legionella spp.

(aus ZCT 2-2009)

 

 

Taxonomie, Morphologie und Kultur

 

Die Gattung Legionella umfasst insgesamt 52 Spezies, wobei Legionella pneumophila mit 16 Serogruppen die wichtigste menschenpathogene Art ist. Es handelt sich um bewegliche gramnegative Stäbchenbakterien mit besonderen Wachstumsbedingungen. Die optimale Wachstumstemperatur beträgt 25 bis 55°C. Eine Anzüchtung der Erreger ist nur auf speziellen Medien möglich.

 

 

Epidemiologie

 

Legionellen sind weltweit ubiquitär in der Umwelt verbreitet: Oberflächenwasser (nicht Salzwasser), Wasser aus Warmwasserleitungen, sowie in Rückkühlwerken von Klimaanlagen oder in Luftbefeuchtern, Springbrunnen und anderen wasserführenden Geräten mit potenzieller Aerosolbildung wie Dentaleinheiten. Legionellen finden sich auch im feuchten Boden, z.B. in Pflanzenerde und können Menschen infizieren. In der Umgebung (Radius ~3km) von Kühltürmen von Klimaanlagen oder Luftreinigungsanlagen, z.B. von Hochhäusern, ist die Zahl der seropositiven Personen signifikant höher als in Gegenden ohne solche Einrichtungen. Auf europäischer Ebene werden vor allem die epidemiologischen und mikrobiologischen Aspekte der Legionellen-Infektion von der Arbeitsgruppe EWGLI bearbeitet (www.ewgli.org). Im Jahre 2006 wurden vom EWGLINET 921 Fälle reiseassoziierter Erkrankungen erfasst (Häufungen vor allem in Italien, Spanien und Frankreich). Infektionen können auch bei Reisenden auf Schiffen mit schlecht gewarteten Wassersystemen beobachtet werden.1 Nosokomiale Infektionen in Krankenhäusern sind ebenfalls möglich, besonders, wenn in >30% der distalen Wasserauslässe Legionellen nachgewiesen werden können.2 Infizierte Amöben scheinen für die Übertragung wesentlich zu sein, da Legionellen ihre Virulenzgene intrazellulär exprimieren. Menschliche Infektionen werden zu etwa 91% durch L. pneumophila verursacht, wobei die Serogruppe 1 mit 84% (gesamt) dominant ist. Andere relativ häufige menschenpathogene Spezies sind L. longbeacheae und L. bozemanii.3 Schätzungen gehen in Deutschland von 15.000 bis 30.000 Legionellen-Pneumonien aus, tatsächlich gemeldet wurden 2008 nach IfSG jedoch nur 508 Fälle. Nach CAPNETZ-Daten werden 3,8% aller ambulant erworbenen Pneumonien durch L.pneumophila verursacht.4 Eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch ist nicht bekannt.

 

 

Pathogenese, Krankheitsbild

 

Die Aufnahme der Erreger erfolgt über die Atemwege, die Erreger liegen intrazellulär und können in menschlichen Makrophagen überleben und sich vermehren. Hydrolytische Enzyme zerstören die Lungenzellen sowie das Surfactant. Zusätzlich kommt es zur Verstopfung der Alveolen durch eine Ansammlung von Fibrin, Erythrozyten und die Einwanderung von phagozytierenden Zellen.

 

Prädisponierende Faktoren für eine Legionellose sind Alter (>40 Jahre), Geschlecht (Männer), Immunsuppression (Steroide, TNF-a Antagonisten, HIV-Infektion) oder Grunderkrankungen (chronische Erkrankungen der Atemwege, des Herzens, der Niere, Diabetes); die Erkrankung tritt relativ häufig auf bei Patienten mit Hämodialyse, Alkoholikern und Rauchern.

 

Zwei Krankheitsbilder können unterschieden werden: das Pontiac-Fieber (verursacht durch L.feeleii, L.micdadei, L.anisa, L.pneumophila) ist eine akute Erkrankung (Inkubationszeit 1-2 Tage) mit allgemeinem Krankheitsgefühl, Kopfschmerz, Myalgien, Husten, ohne dass in der Lunge radiologische Veränderungen nachgewiesen werden können. Nach 3-5 Tagen erholen sich die Patienten ohne spezifische Behandlung. Die Legionellenpneumonie (ambulant und nosokomial erworben) kann nach einer Inkubationszeit von 2 bis 10 Tagen einen schweren Verlauf nehmen. Am Beginn stehen uncharakteristische allgemeine Prodromalerscheinungen gefolgt von Husten, Dyspnoe und Brustschmerzen. Das Sputum ist dünnflüssig und enthält zu Beginn kaum Leukozyten. Fieber mit relativer Bradykardie in Form einer Kontinua von bis zu 41°C. Im Thoraxbild zunächst fleckige asymmetrische Infiltrationen, dann zunehmende Beteiligung ganzer Lungenlappen. Trotz klinischer Besserung bleiben röntgenologische Veränderungen über Wochen bestehen. Daneben treten abdominale Schmerzen und Durchfälle auf; neurologische Manifestationen mit Kopfschmerzen, Verwirrtheit oder Delir; Nierenversagen, Hämaturie, Hyponatriämie  und Hypophosphatämie (nur in den ersten Krankheitstagen), Anstieg des Ferritins, des CRPs, der CPK sowie von SGOT/SGPT; Myalgien, Rhabdomyolyse (häufigste bakterielle Ursache). Hilfreich kann die Verwendung eines Scores sein, der eine rasche Verdachtsdiagnose ermöglicht.5 Bei immunsupprimierten Patienten sind rasch progressive Krankheitsverläufe beschrieben worden. Die Letalität beträgt etwa 3-5%, kann aber bei Ausbrüchen auf 20% ansteigen.6

 

 

Diagnostik

 

Der Nachweis gelingt mit Hilfe der Kultur (Sensitivität 20-80%) oder durch direkte Immunfluoreszenz (33-70%) bzw. durch Antigennachweis im Urin mit einer Sensitivität von 70-80% (BiaxNow ca. 82%), da in diesem Test nur L.pneumophila Serogruppe 1 erfasst wird und etwa 20 bis 30% aller Legionelleninfektionen auf andere Serogruppen bzw. andere Arten zurückzuführen sind.  Ca. 10% aller Patienten sind noch 60 Tage nach Infektion positiv. Antikörpernachweis  im späteren Krankheitsverlauf mit einer Sensitivität von 40 bis 60%: als diagnostisch verwertbar gelten ein vierfacher Titeranstieg auf wenigstens 1:128 oder ein einmaliger Titer von ≥1:1024. Weitere Möglichkeiten sind der Nachweis mittels PCR bzw. anderer Amplifikationsmethoden.

 

 

Therapie, Prävention, Meldepflicht

 

Durch die intrazelluläre Lagerung der Erreger müssen die Antibiotika eine hohe intrazelluläre Aktivität entwickeln: wirksam sind Makrolide [z.B. Erythromycin (Erycinum u.a.)] oder Chinolone [z.B. Moxifloxacin (Avalox)], wobei Chinolone intrazellulär aktiver als Erythromycin sind,7  was auch klinisch bedeutsam sein könnte.8 In der Prävention ist die Überwachung des Wassersystems und bei Bedarf eine Desinfektion vorrangig. Namentliche Meldepflicht nach §7 IfSG bei direktem und indirektem Erregernachweis.

 

 

 

 

 

1.        Goutziana, G. et al.

           BMC Public Health 2008; 8: 390

 

 

2.        Stout, J.E. et al.

           Infect Control Hosp Epidemiol, 2007; 28: 818 – 824

 

 

3.        Yu, V.L. et al.

 

           J Infect Dis 2002; 186:127 -128

 

 

4.        von Baum, H. et al.

 

           Clin Infect Dis 2008; 46: 1356 - 1364

 

 

5.        Cunha, B.A.

 

           Heart Lung 2008; 37: 311 – 320

 

 

6.        Nygård, K. et al.

 

           Clin Infect Dis 2008; 46: 61 – 69

 

 

7.        Baltch, A.L. et al.

 

           J Antimicrob Chemother 2005; 56: 104 – 109

 

 

8.        Pedro-Botet, L. et al.

           Clin Microbiol Infect 2006; 12: 25 - 30

 

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