Taxonomie, Morphologie und Kultur
Fusarium spp. zählen zu den Schimmelpilzen, Phylum (Stamm) Ascomycota, Klasse Ascomycetes, Ordnung Hypocreales, Gattung Fusarium (Anamorph = asexuelle Vermehrung) bzw. Giberella, Hemanectria und Albonectria (Teleomorph = sexuelle Vermehrung) mit insgesamt mehr als 200 Spezies, wobei sich künftig nomenklatorische Veränderungen ergeben, da die einzelne Spezies nach dem Holomorph (Teleomorph und Anamorph) benannt wird. Die für den Menschen wichtigsten Spezies bzw. Komplexe sind F. incarnatum-F. equiseti, F. sambucinum, F. tricinctum, Gibberella fujikuroi, F. oxysporum, F. chlamydosporum, F. solani, F. dimerum. Fusarien können auf den üblichen Pilzmedien angezüchtet werden, eine Identifikation kann anhand morphologischer Kriterien (makroskopisch, mikroskopisch) erfolgen, heute wird jedoch eine Identifikation auf molekularer Ebene empfohlen (DNA-Sequenzen unterhttp://isolate.fusariumdb.org/guide.php undhttp://www.cbs.knaw.nl/fusarium)
Epidemiologie
Schimmelpilze der Gattung Fusarium sind ubiquitär verbreitet und kommen z.B. auf Tomaten, Sojabohnen oder Getreide, im Erdboden, auch in Wassersystemen von Krankenhäusern vor (1). Inwieweit jedoch der Nachweis in Wassersystemen mit nosokomialen Infektionen zusammenhängt, ist gegenwärtig unklar (2).
Ca. 60% der menschlichen Infektionen sollen durch Mitglieder des F.solani-Spezies-Komplexes und 20% durch Arten des F.oxysporum-Spezies-Komplexes verursacht werden (3). Invasive Infektionen treten
häufig bei Patienten mit hämatologischen Erkrankungen oder allogenen hämatopoetischen Zelltransplantationen auf. Infektionen der Augen nach Vitrektomie durch eine kontaminierte Färbelösung sind
beschrieben (4).
Pathogenese und Krankheitsbild
Aufnahme der Konidien über Inhalation in die Lungen oder bei Verletzungen der Haut (ca. 10%). Von Bedeutung ist auch die Produktion von Mykotoxinen beispielsweise bei Befall von Getreide. Diese Toxine sind sekundäre Metabolite des Stoffwechsels wie beispielsweise Deoxynivalenol (DON oder Vomitoxin), ein potenter Inhibitor der Proteinsynthese eukaryonter Zellen, der erst bei Temperaturen >150°C zerstört wird. DON führt im Experiment zur Apoptose menschlicher Zelllinien (5; 6). Intestinale Prozesse der Nahrungsaufnahme werden zumindest im Tierexperiment signifikant gestört (7). Klinische Symptome einer Intoxikation sind Durchfall, Erbrechen (Vomitoxin), Anorexie, fehlende Gewichtszunahme, neuroendokrine und immunologische Veränderungen, Leukozytose, Hämorrhagien sowie Kreislaufversagen (8). DON ist in der Lage, die Blut- Hirnschranke schnell zu passieren, was zu einer Aktivierung von Neuronen im Hypothalamus und Hirnstamm führt (9).
Lokale Infektionen manifestieren sich an Haut, Nägeln, Gelenken und Kornea (10; 11) sowie als Endophthalmitis (12), gelegentlich auch als Peritonitis bei Patienten mit Peritonealdialyse (13). Bei
immunsupprimierten Patienten (besonders nach Knochenmarktransplantation oder bei Patienten mit GVHD) entstehen sinupulmonale oder disseminierte Infektionen (14). In manchen Zentren ist Fusarium spp.
der zweithäufigste Schimmelpilz nach Aspergillus, klinisch sind die Infektionen nicht zu unterscheiden! Eintrittspforten sind die Lungen, paranasale Sinus, Gefäßkatheter, Verletzungen der Haut
einschließlich der periungualen Region der Zehen (15). Invasion der Gefäße mit hämorrhagischer Infarzierung bei panzytopenischen Patienten. Wichtige klinische Symptome sind: Fieber, Sinusitis,
Infiltrate der Lungen, metastatische Absiedlungen in der Haut mit schwarzem nekrotischem Zentrum. Andere befallene Organe sind Leber, Milz, Nieren, selten das ZNS. Im Rahmen einer Dissemination
Nachweis der Erreger im Blut, daher sind Blutkulturen häufiger als bei Aspergillus-Infektionen positiv. Letalität 50-70%, entscheidend ist der Granulozytenanstieg, evtl. Gabe von GM-CFS.
Diagnostik
Untersuchung von Material aus Hautläsionen (!), Sputum, Bronchiallavage, Gewebe (besonders Feinnadelbiopsie der Lunge), Abstriche (Nase, Nasennebenhöhlen);
wesentlich ist die wiederholte Untersuchung. Im Gegensatz zu Infektionen durch Aspergillen sind bei einer Fusariose Blutkulturen in ca. 50-70% der Fälle positiv (16)! Weitere Möglichkeiten sind der
Nachweis von Galactomannan im Serum (17) oder von (1→3)-ß-D-Glucan (18; 19).
Besonders in frühen Krankheitsstadien kann ein High-resolution CT unspezifische Hinweise auf eine Infektion geben, im negativen Fall ist eine Wiederholung notwendig!
Therapie
Empfehlungen basieren auf klinischen Fällen oder retrospektiven Analysen, bisher wurde keine klinische Studie publiziert. Insgesamt ist die klinische Wirksamkeit
von antifungal wirksamen Substanzen schlecht, allerdings hat sich die Prognose mit dem Einsatz von Voriconazol in den vergangenen Jahren verbessert (19). Versuch mit liposomalem Amphotericin B
(AMBISOME) plus Voriconazol (VFEND) (20) evtl. plus Posaconazol (NOXAFIL) p.o. (21). Eine weitere Kombinationsmöglichkeit besteht in der Gabe von Voriconazol plus Terbinafin (z.B.
TERBINAFIN-RATIOPHARM) (22).
Risikofaktoren für einen Misserfolg der Therapie sind: Gabe von Kortikosteroiden (OR 2,11), Neutropenie am Therapieende (OR 2,7) und Therapie mit Amphotericin B Deoxycholat (OR 1,83 / (23).
Falls möglich, sollten ein chirurgisches Debridement befallener Gewebe und die Gabe von GM-CSF erfolgen.
Bei Keratitis oder Endophthalmitis lokale und/oder systemische Therapie, bevorzugt mit Voriconazol evtl. in Kombination mit Amphotericin B (12).
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