Von entscheidender Bedeutung ist der sichere und zuverlässige Nachweis der unterschiedlichen Carbapenemasen. Die Methode mit der höchsten Sensitivität bei allerdings geringer Spezifität ist bei allen auf ESBL-Selektivagar wachsenden gramnegativen Bakterien neben der Artbestimmung ein Agardiffusionstest bzw. die Bestimmung der Ertapenem-MHK. Ist der Hemmhof von Ertapenem verkleinert bzw. liegt die MHK ≥ 2mg/l sollte eine weitere Analyse erfolgen wie Nachweis einer Metallo-ß-Laktamase (z.B. E-Test) oder ein modifizierter Hodge-Test, bei dem der Abbau von Carbapenemen durch den zu testenden Stamm durch die fehlende Wirkung des Carbapenems auf einen empfindlichen Escherichia coli-Stamm gezeigt wird. Es existieren weitere Teste wie die Hemmung der Aktivität über Borsäure und selbstverständlich auch molekulare Methoden mit Bestimmung des jeweiligen Mechanismus. Die Kombination aus ß-Laktamase und Porinverlust, welche zu einer phänotypischen Resistenz führt, wird über den Ausschluss einer Carbapenemase, der Anwesenheit einer ESBL bzw. AmpC-ß-Laktamase sowie der erhöhten MHK geführt. Inzwischen existiert eine analytische Methode (MALDI-TOF) mit der sowohl die Aktivität von Carbapenemasen1 als auch ein Porinverlust2 innerhalb kurzer Zeit nachgewiesen werden können. Alle Carbapenem-resistenten Stämme sollten gegenwärtig durch das Referenzzentrum in Bochum bestätigt werden.
Im Mittelpunkt der Verhütung einer Ausbreitung im Krankenhaus stehen Hygienemaßnahmen sowie der Versuch, den Indexfall aufzuspüren. In einer ersten Konsensusempfehlung3 wird neben den Standardmaßnahmen (Händedesinfektion, Einmalhandschuhe, das Tragen von Schürzen oder Schutzkitteln bei Kontakt mit potenziell infektiösem Material) eine Unterbringung in Einzelzimmern sowie eine Barrierepflege empfohlen. Zumindest während Ausbrüchen sollte bei Patienten mit Kontakt, vor Aufnahme auf eine Intensivstation oder ähnliche Stationen, sowie unabhängig von Ausbrüchen bei bekanntem Status und nach Reisen in bzw. Herkunft aus Hochprävalenz-Ländern ein Screening (Rektalabstrich, Stuhl, andere Orte wie Wunden) durchgeführt werden. Da der Darm der Prädilektionsort der Besiedlung ist, wird eine Dekolonisierung der Patienten nicht einfach bzw. unmöglich sein. Sichere Angaben zur Aufhebung der Isolation können gegenwärtig nicht gemacht werden. Da aber eine langdauernde Isolation bei besiedelten Patienten aus vielerlei Gründen nicht durchführbar ist, wird es nicht zu vermeiden sein, positive Patienten in die Gemeinschaft zu entlassen.
Unabhängig von amtlichen Regelungen empfiehlt es sich, beim Nachweis von Carbapenem-resistenten Erregern, das Gesundheitsamt zu informieren. Nach §6 Abs.3 IfSG besteht bei gehäuften nosokomialen Infektionen eine nichtnamentliche Meldepflicht, die Dokumentationspflicht nach §23 ist ebenfalls zu beachten. Das mit der Versorgung des Patienten beauftragte Personal ist zu unterrichten und die Krankenakte zu kennzeichnen.
Bei einer Besiedlung durch carbapenemasebildende Enterobacteriaceae kann nach ersten Daten auf eine Antibiotikagabe verzichtet werden, ohne die Patienten zu gefährden.4 Die therapeutischen Optionen bei Infektionen sind stark eingeschränkt, da vielfach auch eine gleichzeitige Resistenz gegen weitere Antibiotika einschließlich Chinolone vorhanden ist. Zudem besitzen viele Stämme zusätzlich ESBLs, was die Auswahlmöglichkeiten weiter begrenzt.
Die Gabe von Tigecyclin (Tygacil) ist eine der verbleibenden Optionen, wobei nicht alle Stämme empfindlich sind. Therapeutische Misserfolge sind beschrieben5,6,7 und nach eigenen Erfahrungen auch möglich. Überlegenswert erscheint, die zugelassene übliche Dosis von Tigecyclin (100mg initiale Dosis, gefolgt von 50mg alle 12h) unter Beachtung der potenziellen Nebenwirkungen – zum Beispiel auf das Pankreas oder die Leber - 8,9 zu verdoppeln (CAVE: off label use!).
Eine zweite häufig eingesetzte Substanz ist Colistin (Polymyxin E / COLYMYCIN M PARENTERAL u.a., nicht in Deutschland zugelassen) i.v. 62.500 – 75.000 IU/kg/d in drei bis vier Dosen,10,11 wobei 79 mg Colistimethat-Natrium 33,3 mg Colistin-Base und diese wiederum 1.000.000 IU entsprechen; Maximaldosis 10 Mio. IU/d. Eine Anpassung der Dosis ist bei Niereninsuffizienz notwendig.
Fosfomycin (INFECTOFOS) ist gegen carbapenemasebildende Enterobacteriaceae in vitro wirksam und wird von einigen Autoren daher als mögliche Therapieoption angesehen, ohne dass gegenwärtig klinische Daten vorliegen.12 Die Substanz sollte immer in Kombination gegeben werden, um Resistenzentwicklungen zu vermeiden. Nach eigenen Erfahrungen konnten wir nach zweiwöchiger Therapie in Kombination mit Tigecyclin Fosfomycin-resistente Stämme nachweisen.
Eine Kombinationstherapie könnte von Vorteil sein, wobei verschiedene Kombinationen beschrieben wurden wie Tigecyclin plus Polymyxin B bzw. Colistin oder Polymyxin B bzw. Colistin plus Carbapenem,13 ein Überlebensvorteil gegenüber der Monotherapie mit Tigecyclin bzw. Colistin ist beschrieben.14
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