Unveränderter Text aus Heft 4, 2009
Die akute Otitis media ist eine häufig vorkommende Erkrankung des Kindesalters mit unterschiedlicher Ätiologie. Etwa zwei Drittel der Erkrankungen werden
durch Streptococcus pneumoniae und nicht-typisierbare Stämme von Haemophilus influenzae verursacht. Obwohl zahlreiche Antibiotika zur Verfügung stehen, die zur Therapie einer Mittelohrentzündung in
Frage kommen, bereitet die Erkrankung im ärztlichen Alltag doch immer wieder Schwierigkeiten. Dies liegt (1.) an den Problemen einer exakten Diagnosestellung hinsichtlich viraler oder bakterieller
Genese, (2.) an der zunehmenden Resistenzentwicklung der bakteriellen Erreger und (3.) an den häufig auftretenden Rezidiven bei entsprechender individueller Prädisposition des Patienten.
Seit einigen Monaten ist ein neuer Impfstoff verfügbar, der zehn Serotypen von Streptococcus pneumoniae enthält (Synflorix). Er ist zugelassen zur aktiven Immunisierung gegen Pneumokokken-verursachte
Infektionen und akute Otitis media bei Kindern von sechs Wochen bis zum Abschluss des zweiten Lebensjahres.1 Gegenüber der bereits zugelassenen 7-valenten Pneumokokken-Vakzine (Prevenar) erfasst der
neue Impfstoff zusätzlich die Typen 1, 5 und 7F. Beide Vakzinen werden intramuskulär injiziert. Sie enthalten Pneumokokken-Polysaccharide, die an Trägerproteine gekoppelt sind (abgewandeltes
Diphtherietoxin oder Membranprotein aus Neisseria meningitidis). Säuglinge bis zum sechsten Monat erhalten zur Grundimmunisierung jeweils drei Dosen, Kinder bis zwei Jahren nur zwei. Für Kinder, die
bereits im Säuglingsalter mit Synflorix geimpft wurden, wird eine Auffrischung im Alter von 12 bis 15 Monaten empfohlen.
Die Schutzwirkung von Synflorix gegen invasive Pneumokokken-Erkrankungen wurde nicht untersucht. Die
Bewertung der potenziellen Wirksamkeit gegen invasive Pneumokokkenerkrankungen beruht auf einem Vergleich der Immunantwort auf die sieben gemeinsamen Serotypen, die in Synflorix und einem anderen
Pneumokokken-Konjugatimpfstoff (Prevenar) enthalten sind, und für den die Schutzwirkung bereits früher untersucht wurde. Die Immunantwort auf die zusätzlichen drei Serotypen in Synflorix wurde
ebenfalls bestimmt.
In einer Vergleichsstudie mit Prevenar 7-valent wurde die Nicht-Unterlegenheit der Immunantwort von Synflorix für alle Serotypen außer 6B und 23F gezeigt. 65,9% bzw. 81,4% der Säuglinge, die im Alter
von 2, 3 und 4 Monaten geimpft wurden, erreichten einen Monat nach der dritten Dosis von Synflorix den Antikörper-Schwellenwert gegen die Serotypen 6B bzw. 23F (versus 79,0% bzw. 94,1% nach drei
Dosen von Prevenar 7-valent). Die klinische Relevanz dieser Unterschiede ist nicht bekannt.
Der Anteil der geimpften Säuglinge, die den Antikörper-Schwellenwert gegen die drei zusätzlichen Serotypen in Synflorix (1,5 und 7F) erreichten, betrug 97,3%, 99,0% bzw. 99,5% und war mindestens
genauso gut wie die aggregierte Immunantwort von Prevenar 7-valent gegen die sieben gemeinsamen Serotypen (95,8%).2
In einer weiteren großen Studie wurde geprüft, ob die Vakzine die akute Otitis media verhindern kann. Fast 5000 Säuglinge bekamen einen 11-valenten Vorläuferimpfstoff (der alle zehn Serotypen von
Synflorix enthält) oder einen Hepatitis-A-Impfstoff. Laut Fachinformation wurde jede dritte Erkrankung vermieden.1,3
Schmerzen, Rötung und Schwellung an der Injektionsstelle, Schläfrigkeit, Appetitlosigkeit und Fieber waren die häufigsten unerwünschten Symptome, die im
Zusammenhang mit der Vakzination beobachtet wurden. Bei gleichzeitiger Pertussisimpfung (DTPw) trat Fieber häufiger auf. Es ist sinnvoll, in diesen Fällen prophylaktisch ein Antipyretikum zu geben.
Gleiches gilt für Kinder, die zu Krampfanfällen und Fieberkrämpfen neigen.
Ein neuer Impfstoff gegen Pneumokokken ist zur Prophylaxe der Otitis media zugelassen (SYNFLORIX). Im Vergleich zu dem bereits länger verfügbaren PREVENAR
enthält der neue Impfstoff zusätzlich drei weitere Serotypen von Pneumokokken. Beide Impfstoffe zeigten eine ähnliche Wirksamkeit und Verträglichkeit. In den USA wurde unterdessen vom
PREVENAR-Hersteller die Zulassung eines 13-valenten Pneumokokken-Konjugat-Impfstoffs beantragt, der bereits Ende 2009 in den Handel kommen könnte. Der neue Impfstoff enthält unter anderem den Serotyp
19A, der vermehrt schwere Infektionen verursachen soll.
1. Fachinfo SYNFLORIX, GlaxoSmithKline, Mai 2009
2. SYNFLORIX, Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels (www.emea.europa.eu)
3. PRYMULA R, PEETERS P et al.
Pneumococcal capsular polysaccharides conjugated to protein D for
prevention
of acute otitis media caused by both Streptococcus pneumoniae and non-typable Haemophilus
influenzae:
a randomised double-blind efficacy study. Lancet. 2006 Mar 4;367(9512):740-8.