Etwa 700.000 Menschen sind in Deutschland mit dem Hepatitis C Virus infiziert. Bei bis zu einem Drittel
der Patienten kommt es nach 10 bis 20 Jahren zur Leberzirrhose mit dem Risiko der Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms. Mittel der Wahl zur Behandlung der chronischen Infektion ist
Interferon-a-2 (ROFERON-A, INTRON-A), das in einer Dosierung von 3 x 3 Mio. IE pro Woche in Kombination mit oral verabreichtem Ribavirin (REBETOL) verordnet wird. Diese Kombinationstherapie hat sich in mehreren Doppelblindstudien als
wirksam erwiesen. Der genaue Wirkungsmechanismus ist im Detail nicht geklärt. Er erklärt sich aber offenbar aus einer Hemmung der viralen Replikation im Zusammenspiel mit einem Schutz der Hepatozyten
vor einer de-novo-Infektion.
Als Nachteil des üblichen Interferons muß die relativ kurze Halbwertzeit angesehen werden. Etwa 16 bis 20 Stunden nach einer subkutanen Injektion liegen keine ausreichenden Plasmaspiegel mehr vor.
Kontinuierliche Wirkspiegel wären jedoch angesichts der hohen Replikationsrate des Erregers vor allem zur Vermeidung einer Selektion von Mutanten wünschenswert. Durch kovalente Bindung von
Polyethylenglykol an das Interferon-Molekül („Pegylierung“) läßt sich die Halbwertzeit des Moleküls deutlich verlängern. Zwei Präparate mit dieser chemischen Modifikation wurden entwickelt:
1. Peginterferon a2b (PEGINTRON), Firma Essex und
2. Peginterferon a2a (PEGASYS), Firma Roche.
Während das erste Präparat in Deutschland bereits zur Verfügung steht, wird mit der Einführung von PEGASYS in den nächsten Monaten gerechnet. Die beiden Interferon-Abkömmlinge unterscheiden sich nur
geringfügig: die Seitenkette ist entweder unverzweigt (PEGINTRON) oder verzweigt (PEGASYS), dies hat aber durchaus einen gewissen Einfluß auf das pharmakokinetische Verhalten der Arzneimittel. In
beiden Fällen resultiert ein erhöhtes Molekulargewicht, wodurch die Resorption und Elimination verzögert werden. Während die Eliminationshalbwertzeit des unveränderten Interferons mit etwa 3 bis 6
Stunden angegeben wird, beträgt sie nach Gabe von Peginterferon a2b etwa 30 Stunden. Damit lassen sich relativ konstante Wirkspiegel über mehrere Tage erreichen, weshalb nur eine subkutane Injektion
pro Woche notwendig ist. Allerdings ist die biologische Aktivität des pegylierten Moleküls geringer als die des unveränderten Interferons. Bei entsprechenden Dosierungen (z.B. 1 x pro Woche 1 µg
Peginterferon a2b / kg vs. 3 x pro Woche 3 Mio. IE Interferon a2b) konnte im Vergleich zu dem Ausgangsprodukt eine etwa doppelt so gute Ansprechrate mit pegyliertem Interferon errreicht
werden.
Bei Behandlung mit Peginterferon a2b treten dosisabhängig eine Reihe von unerwünschten Wirkungen auf.
Neben lokalen Reaktionen an der Injektionsstelle kommt es vor allem zu allgemeinem körperlichem Unwohlsein und grippeartigen Symptomen (Fieber, Kopfschmerzen, Schüttelfrost etc.). Auch Symptome von
seiten des Magen-Darmtraktes (z.B. Übelkeit) und des Muskel-Skelettsystems (Arthralgien) treten bei mehr als 10% der Patienten auf. Myalgien werden sogar von jedem zweiten Patienten beklagt. Nicht
selten kommt es zu psychiatrischen Störungen (Depression, Angst, Schlafstörungen), gelegentlich wurden Störungen der Schilddrüsenfunktion beobachtet (Hypothyreose, Hyperthyreose). Angesichts der
problematischen Verträglichkeit der Interferone sollte die Therapie zumindest initial nur von spezialisierten Ärzten durchgeführt werden.
Die Unbedenklichkeit und Wirksamkeit der Kombination von PEGINTRON mit Ribavirin ist bisher nicht ausreichend dokumentiert. Als Indikation wird daher zunächst nur die Monotherapie der Hepatitis C im
Fall einer Intoleranz oder Kontraindikation gegenüber Ribavirin genannt. Peginterferon kommt damit zur Behandlung erwachsener Patienten mit histologisch nachgewiesener chronischer Hepatitis C bei
Transaminasenerhöhung in Frage, die Serum-HCV-RNA-positiv oder anti-HCV-positiv sind.
Eine kombinierte Behandlung mit pegyliertem Interferon plus Ribavirin scheint das Therapieergebnis im Vergleich zur Behandlung mit unverändertem Interferon weiter verbessern zu können. Wie erste
Ergebnisse einer großen internationalen Studie zeigen, war die Verbesserung der Ansprechrate aber vom HCV-Genotyp abhängig. Weitere Studien müssen daher abgewartet werden.
Mit Peginterferon a2b (PEGINTRON) wurde das bisher zur Therapie der Hepatitis angewandte Interferon a2b (INTRON A)
pharmakokinetisch verbessert. Aufgrund der längeren Halbwertzeit ist eine einmal wöchentliche Gabe möglich. Das Medikament kann bei Patienten mit Hepatitis C angewandt werden, wenn eine
Unverträglichkeit gegen Ribavirin (REBETOL) vorliegt. Ausreichende Erfahrungen mit einer Kombinationstherapie aus dem modifizierten Interferon und dem Nukleosid liegen noch nicht vor. Peginterferon
stellt gegenüber dem herkömmlichen Interferon einen therapeutischen Fortschritt dar. Unverträglichkeitsreaktionen treten jedoch häufig auf.
1. Fachinfo PEGINTRON, Firma Essex, München
2. HEINTGES, T. et al. Pegyliertes (PEG-) Interferon : Eine neue Therapieoption bei chronischer Hepatitis C Dtsch. Ärzteblatt 2001; 98:C151-C153