Itraconazol - intravenös

Itraconazol – neue Zubereitungsformen zur oralen oder intravenösen Therapie

Unveränderter Text aus ZCT Heft 1, 2005


(siehe auch Text aus ZCT Heft 4, 1991)


Aktuelle Ergänzungen am Ende des Textes

Seit mehr als 10 Jahren wird
Itraconazol (SEMPERA) zur systemischen antimykotischen Therapie angewandt. Üblich waren bisher Kapseln für die orale Gabe, seit einiger Zeit steht es nun auch in löslicher Form zur Verfügung. Durch Zusatz eines Cyclodextrinderivats wurde die lipophile Substanz in Lösung gebracht und kann in dieser Form entweder intravenös verabreicht werden oder auch oral in Tropfenform gegeben werden. Für beide Applikationsarten ist jeweils eine spezielle Zubereitung im Handel.1,2 Da die pharmakologischen Eigenschaften von Itraconazol allgemein bekannt sind und bereits früher in der „Zeitschrift für Chemotherapie“ beschrieben wurden, sollen hier nur kurz einige Besonderheiten der neuen Zubereitungsformen zusammengefasst werden.

Strukturformel Itraconazol

Die Infusionslösung (SEMPERA KONZENTRAT) ist indiziert bei Aspergillose, Candidose oder Kryptokokkose, wenn die systemische Standardtherapie nicht geeignet oder nicht wirksam ist.3 Eine derartige Situation kann durch die zugrunde liegende Erkrankung bedingt sein oder bei Unempfindlichkeit des Erregers bzw. bei Unverträglichkeit der Standardtherapie. Itraconazol wird bei diesen Indikationen in folgender Dosierung verabreicht: an den ersten beiden Behandlungstagen jeweils zweimal 200 mg als einstündige Infusion und ab dem dritten Behandlungstag jeweils einmal täglich eine Dosis von 200 mg. Bei Anwendung dieses Dosierungsschemas werden Steady-state-Plasmakonzentrationen von Itraconazol und dem wirksamen Metaboliten Hydroxy-Itraconazol nach zwei bzw. vier Tagen erreicht.

Für die orale Therapie steht ebenfalls eine Lösung zur Verfügung, die als Hilfsstoff ein Cyclodextrin-Derivat enthält (SEMPERA LIQUID 10 mg/ml).4 Im Gegensatz zu den Kapseln, muss diese Lösung auf nüchternen Magen eingenommen werden, damit eine möglichst vollständige Resorption erfolgt. Unter optimalen Bedingungen ist die Bioverfügbarkeit der Lösung etwa 60% höher als bei Einnahme der Kapseln.2 Die Lösung ist indiziert bei oralen und / oder ösophagealen Candidosen bei HIV-positiven oder anderen immunsupprimierten Patienten. Desweiteren kann sie zur Prophylaxe von Systemmykosen bei Patienten mit malignen hämatologischen Erkrankungen eingesetzt werden. Zur Prävention der Aspergillose liegen zur Zeit jedoch keine ausreichenden klinischen Daten vor.

Auch über die Anwendung der neuen Zubereitungsformen bei Kindern existieren bisher keine ausreichenden Erfahrungen. Nach den Daten aus einer kleinen Studie liegen die Plasmakonzentrationen nach oraler Gabe der Lösung bei Kindern deutlich niedriger als bei Erwachsenen, jedoch ist nicht genau bekannt, ob dies durch Unterschiede im Metabolismus bedingt ist oder durch eine Beeinträchtigung der Resorption aus dem Magen-Darmtrakt durch die zugrunde liegende Erkrankung verursacht wurde.5,6

 


Klinische Studien

In einer umfangreichen klinischen Studie wurden die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Itraconazol mit Amphotericin B (AMPHOTERICIN B) bei mehr als 300 neutropenischen Patienten verglichen. Bei allen Patienten mit einer hämatologischen Grunderkrankung bestand persistierendes Fieber trotz mehrtägiger Therapie mit Antibiotika. Amphotericin B wurde für maximal vier Wochen intravenös verabreicht, das Azol–Antimykotikum wurde für zwei Wochen intravenös und anschließend als Lösung oral appliziert. In dieser Studie war die Itraconazol-Therapie wirksamer als die Behandlung mit Amphotericin B – ein klinischer Erfolg wurde bei 47% bzw. 38% der Patienten erzielt. Darüberhinaus wurde Itraconazol signifikant besser vertragen als Amphotericin B. Nephrotoxische Wirkungen traten bei 24% der Patienten in der Amphotericin-B-Gruppe auf, aber nur bei 5% in der Itraconazol-Gruppe. Die Bedeutung dieser multizentrischen Studie wird dadurch eingeschränkt, dass sie (1) nicht als Doppelblindstudie konzipiert war und (2) keine Bewertung des Therapieergebnisses mit mikrobiologischen Methoden erfolgte.7
In einer weiteren Studie an insgesamt 31 immunsupprimierten Patienten mit invasiver pulmonaler Aspergillose der Lunge wurde bei jedem zweiten Patienten eine Besserung der Erkrankung festgestellt. Die pharmakokinetischen Daten aus dieser Untersuchung zeigten, dass es durch die initiale intravenöse Behandlung mit anschließender oraler Gabe gelingt, ausreichende Wirkstoffspiegel zu erreichen. Die Talspiegel lagen bei allen Patienten höher als 0,25 mg/l.8 Weitere Studien sind jedoch auch bei dieser Indikation notwendig, um den therapeutischen Stellenwert von Itraconazol bei Aspergillose definieren zu können.


Dosierung bei Niereninsuffizienz, unerwünschte Wirkungen, Interaktionen

Der Hilfsstoff Hydroxypropyl-ß-Cyclodextrin wird durch glomeruläre Filtration eliminiert, daher dürfen Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min) nicht mit der Infusionslösung behandelt werden. Da Itraconazol eine negativ inotrope Wirkung besitzt und das Auftreten von dekompensierter Herzinsuffizienz mit dem Arzneimittel in Verbindung gebracht wurde, sollten Patienten mit anamnestischen Hinweisen auf eine dekompensierte Herzinsuffizienz nicht bzw. nur nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiko behandelt werden.

Zu den am häufigsten beobachteten unerwünschten Wirkungen von Itraconazol gehören gastrointestinale Störungen, sowie Störungen des hepato-biliären Systems. Für alle Itraconazol-Zubereitungen gilt, dass es zu teilweise ernsten Interaktionen mit anderen Arzneistoffen kommen kann, da Itraconazol – ähnlich wie andere Azol-Antimykotika – ein Hemmstoff der Cytochrom-P450-Enzyme ist.



ZUSAMMENFASSUNG


Unter Verwendung von Cyclodextrin wurden Lösungen des lipophilen Itraconazols zur oralen (SEMPERA LIQUID 10 mg/ml) und intravenösen Gabe (SEMPERA KONZENTRAT) entwickelt. Dadurch konnte die Bioverfügbarkeit der Substanz bei oraler Gabe verbessert werden und eine sequentielle Gabe der neuen Zubereitungsformen bietet sich bei Patienten mit lebensbedrohlichen Mykosen an. In ersten klinischen Studien konnten die Wirksamkeit und gute Verträglichkeit der Präparate gezeigt werden. Weitere vergleichende Studien sind notwendig um den Stellenwert der neuen Itraconazol-Präparate genauer definieren zu können.

 


1. WILLEMS L, VAN DER GEEST R et al. Itraconazole oral solution and intravenous formulations: a
    review of pharmacokinetics and pharmacodynamics. J Clin Pharm Ther. 2001 Jun;26(3):159-69.

2. DE BEULE K, VAN GESTEL J. Pharmacology of itraconazole.
    Drugs. 2001;61 Suppl 1:27-37.


3. Fachinfo Sempera 10 mg/ml Konzentrat und Lösungsmittel zur Herstellung einer Infusionslösung,
    Janssen-Cilag GmbH, Neuss; Januar 2003

4. Fachinfo Sempera Liquid 10 mg/ml, Janssen-Cilag GmbH, Neuss; Juli 2002

5. DE REPENTIGNY L, RATELLE J et al. Repeated-dose pharmacokinetics of an oral solution of
    itraconazole in infants and children. Antimicrob Agents Chemother. 1998 Feb;42(2):404-8.

6. GROLL AH, WOOD L et al. Safety, pharmacokinetics, and pharmacodynamics of cyclodextrin
    itraconazole in pediatric patients with oropharyngeal candidiasis.
    Antimicrob Agents Chemother. 2002 Aug;46(8):2554-63.

7. BOOGAERTS M, WINSTON DJ et al. Intravenous and oral itraconazole versus intravenous amphotericin
    B deoxycholate as empirical antifungal therapy for persistent fever in neutropenic patients with cancer who
    are receiving broad-spectrum antibacterial therapy. A randomized, controlled trial.
    Ann Intern Med. 2001 Sep 18;135(6):412-22.

8. CAILLOT D, BASSARIS H et al. Intravenous itraconazole followed by oral itraconazole in the treatment
    of invasive pulmonary aspergillosis in patients with hematologic malignancies, chronic granulomatous
    disease, or AIDS. Clin Infect Dis. 2001 Oct 15;33(8):e83-90.

Aktuelle Ergänzungen (Dezember 2006)

 

Seit der Erstellung und Veröffentlichung dieses Artikels in der Zeitschrift für Chemotherapie (Heft 1, 2005) sind zahlreiche weitere Arbeiten über Itraconazol i.v. publiziert worden. Insbesondere soll an dieser Stelle auf die folgende Arbeit hingewiesen werden:


MATTIUZZI GN, ALVARADO G et al. Open-label, randomized comparison of itraconazole versus caspofungin for prophylaxis in patients with hematologic malignancies.
Antimicrob Agents Chemother. 2006 Jan;50(1):143-7.

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